Pressemitteilung | Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V. (VDW)

Lukrative "Kleinigkeiten" für die Medizintechnik

(Frankfurt am Main) - Vorschlag für eine 500 000-Euro-Quizfrage: Wer hat seinen Umsatz entgegen dem Zeitgeist im ersten Halbjahr 2009 verdoppelt und arbeitet eng mit Werkzeugmaschinen-Herstellern, Neurochirurgen und der Physikalisch-Technischen Prüfanstalt PTB in Braunschweig zusammen? Antwort: Die Rede ist vom Institut für Mikrotechnik Mainz und seiner Abteilung Feinwerktechnik.

Der Name der Landeseinrichtung trifft eigentlich schon nicht mehr zu: Vor knapp zwei Jahrzehnten gründete das Land Rheinland-Pfalz das Institut für Mikrotechnik Mainz GmbH (IMM). Eigentlich könnte es auch Institut für Nano-Mikrotechnik heißen, denn das IMM verschiebt in der Feinwerktechnik Jahr für Jahr seine Technologiegrenzen. Das heißt: Das Institut entwickelt und erzeugt mittlerweile bewegliche Bauteile, die kleiner als ein Millimeter ausfallen - bei einer Genauigkeit von einem Tausendstel Millimeter (Mikrometer). In der Abteilung Feinwerktechnik unter Diplom-Ingenieur Frank Neumann entstehen sogar auf Bruchteile von Mikrometern genaue Oberflächen, die ein Polieren überflüssig machen.

Das Geheimnis steckt im EDM-Kompetenzzentrum

Welche Verfahren ermöglichen derartige Rekordleistungen? Das Stichwort lautet "Electro Discharge Machining" (EDM) beziehungsweise Funkenerosion. Dazu heißt es bei Wikipedia: "EDM ist ein thermisches, abtragendes Fertigungsverfahren für leitfähige Materialien, das auf elektrischen Entladevorgängen (Funken) zwischen einer Elektrode (Werkzeug) und einem leitenden Werkstück beruht."

Die Mainzer haben im Jahr 2007 ein EDM-Kompetenzzentrum gegründet, mit dessen Hilfe sie das von ihnen mitentwickelte Verfahren "erosives" Drehen auf dem Markt etabliert haben. Bei diesem Verfahren rotiert das Werkstück in einer standardmäßigen Erodiermaschine in einer zusätzlichen Achse, die quer zum aufgestellten Draht positioniert wird. Neumann: "Auf diese Weise kann ich entsprechende Strukturen am Bauteil erzeugen. Es können damit Teile hergestellt werden, die früher undenkbar waren. Die Anwender können mit einer Indexierachse inzwischen sogar Hinterschnitte erzeugen, die mit anderen Verfahren wie Schleifen oder Drehen nicht herstellbar sind." Der Grund: Bauteile mit 20 bis 30 Mikrometer Durchmesser (zum Vergleich: ein menschliches Haar ist 40 bis 120 Mikrometer dick) lassen sich beispielsweise nicht mehr sicher schleifen, drehen oder fräsen, weil sie wegen der eingebrachten Werkzeugkräfte sofort abbrechen würden.

Erosives Drehen auf der METAV 2010

Erosives Drehen läuft im Prinzip mittlerweile auf allen namhaften Erodiermaschinen von Fanuc, Makino, AgieCharmilles, Mitsubishi Electric und weiteren Herstellern. "Ich bin mir daher sicher, dass es auf der METAV Neuheiten in Sachen erosives Drehen zu sehen gibt", erklärt der IMM-Abteilungsleiter. "Allerdings ist die erzielbare Präzision stark abhängig vom Benutzer-Know-how und vor allem von der eingesetzten Technologie." Hier hat das IMM sicher einen Vorteil durch die langjährige Zusammenarbeit mit den Firmen Hirschmann, JauchSchmider und Mitsubishi Electric.

Hirnsonden der fünften Generation

Ärzte regten die Rheinland-Pfälzer zu einer besonderen Entwicklung an: Das IMM erzeugt Hirnsonden, die Gehirnströme messen und Energie zum Veröden einleiten können. Die Sonden der fünften Generation sind bis zu 300 Millimeter lang, und sie besitzen mittlerweile einen Durchmesser von nur noch 0,5 Millimetern. In der Spitze befinden sich 30 Elektroden, die mit der integrierten Elektronik verbunden sind. Die Chirurgen können damit extrem präzise Positionen anfahren. Die Resonanz fiel gut aus. "Die Neurochirurgen sagten uns: "Endlich gibt es mal ein Gerät, mit dem wir testen und arbeiten können", freut sich Abteilungsleiter Neumann.

Messtechnik ist eine IMM-Spezialität. Eine der neuesten Entwicklungen entstand für die Medizintechnik. Die Aufgabenstellung: Zur Eichung der Genauigkeit von Computertomografen (CT) gab es bisher nur einen Prüfkörper mit eingeklebten Kugeln, mit denen sich die jeweilige Position im Raum nur in einem bestimmten Rahmen genau bestimmen ließ. Gemeinsam mit der Physikalisch-Technischen Prüfanstalt PTB in Braunschweig haben die Mainzer ein neues so genanntes Normal geschaffen. Es handelt sich um einen kleinen Titan-Würfel mit einer Kantenlänge von zehn Millimetern, in den die Mainzer auf drei Seiten sehr genaue Strukturen eingebracht haben.

Auf einen Mikrometer exakt

Für Experten: Die so genannte Messrestunsicherheit beträgt weniger als ein Mikrometer, und die Strukturtoleranzen liegen zwischen plus minus zwei bis drei Mikrometer. Die Präzision reicht dem Leiter der Feinwerktechnik noch nicht aus. "Wir wollen dieses Normal aber jetzt mit Blick auf die Genauigkeit der Strukturen weiter verbessern", erklärt er. "Zukünftig sollen Hersteller und Anwender von Fräs- und Erodiermaschinen diesen Prüfkörper ebenfalls einsetzen."

Quelle und Kontaktadresse:
Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V. (VDW) Pressestelle Corneliusstr. 4, 60325 Frankfurt am Main Telefon: (069) 7560810, Telefax: (069) 75608111

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