Liberalisierung der Abfallwirtschaft: Der Bürger zahlt die Zeche
(Aschaffenburg) - Die jüngsten Forderungen nach einer vollständigen Privatisierung der hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle und der Hausmüllentsorgung hat der VKS zurückgewiesen.
Während sich die Privaten eher als Rosinenpicker bedienten und den Kommunen und ihren Unternehmen für die Zukunft lediglich eine "Lückenbüßer-Funktion" zubilligten, stellten sich die kommunalen Entsorger dem Wettbewerb. Anlässlich der VKS-Landesgruppentagung in Aschaffenburg wies der Landesgruppenvorsitzende Klaus Endreß darauf hin, dass nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die öffentlichen kommunalen Betriebe einerseits verpflichtet werden, Entsorgungssicherheit durch das Vorhalten teurer Entsorgungseinrichtungen zu gewährleisten, auf der anderen Seite sollen sie jedoch keine Garantie haben, dass diese Entsorgungseinrichtungen genutzt werden.
Die Kommunen degenerieren damit zu reinen Vertragsverwaltern, fürchtet Endreß. Sie würden ihre Fachkompetenz und Einflussnahmemöglichkeiten verlieren, der Verkauf kommunaler Betriebe an die private Entsorgungswirtschaft käme unausweichlich. Durch den Verkauf kommunaler Abfallwirtschaftsunternehmen an Private verstärke sich jedoch die ohnehin immer deutlicher abzeichnende überregionale Markt- und Machtkonzentration in der privaten Entsorgungswirtschaft noch weiter.
Der VKS-Präsident, Dr. Rüdiger Siechau, Hamburg, ergänzte: Das Verlangen nach einem Wegfall der Andienungspflichten für Siedlungsabfälle kommt einer Verringerung des Umweltschutzes gleich. Die ausschließliche Zugrundelegung des Markt- bzw. Wettbewerbsprinzips würde die Prinzipien der Entsorgungsnähe und der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung aushöhlen. Der europaweite Handel mit Hausmüll, z. B. zur Verwertung im Ausland unter gänzlich anderen, ökologisch minderwertigen Bedingungen, wäre die logische Konsequenz der schon mehrfach von interessierter Seite angemahnten Ausschreibung im Wettbewerb.
Da das Schadstoffpotenzial zukünftig für die Frage der Beurteilung der Verwertbarkeit nahezu irrelevant sein soll, wird dem grenzüberschreitenden Mülltourismus stark schadstoffhaltiger und wenig heizwertreicher Fraktionen Tür und Tor geöffnet. Mit allen Konsequenzen für die Umwelt. Die Forderungen nach einer Privatisierung der Hausmüllentsorgung spätestens ab 2005 liefen in der Praxis auf verschiedene private Entsorger zur Erfassung der Restmüllmengen bei Privathaushalten hinaus. Dies könnte bedeuten, dass ständig Entsorgungsfahrzeuge durch die Städte fahren, um Hausmüll als Abfall zur Verwertung zu erfassen. Damit würde eine Armada von Müllfahrzeugen unterschiedlicher Anbieter sich im Kampf um jede Mülltonne durch die ohnehin verstopften Straßen quälen und in unverantwortlicher Weise die Umwelt belasten und knapper werdende Ressourcen verbrauchen. Festzustellen ist: Kommunen waren und sind Garant für Entsorgungssicherheit. Sie haben mit Milliardeninvestitionen den weit überwiegenden Teil der entsorgungswirtschaftlichen Anlagen wie z.B. Müllverbrennungsanlagen, Deponien und Kompostwerke gebaut und betreiben sie.
Die Herauslösung des Hausmülls und des hausmüllähnlichen Gewerbeabfalls aus dem bisherigen Rechtssystem wäre eine Entwicklung zu Lasten der Kommunen und ihrer Gebührenzahler. Der immer wieder verbreitete Hinweis auf niedrige Gebühren bei privaten Entsorgern ist nicht haltbar. Entsprechende Untersuchungen und Vergleiche belegen diese Tatsache. Somit ist der häufig geäußerte Vorwurf, dass die kommunale Abfallwirtschaft der Hauptschuldige in Sachen zweiter Miete ist, nicht haltbar. Insbesondere wenn sich Kommunen moderner betriebswirtschaftlicher Methoden und marktgerechten Organisationen und Strukturen bedienen brauchen sie einen Vergleich mit privaten Entsorgern nicht zu scheuen.
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