Lebensmittel müssen wieder mehr wert sein / Erntedank-Erklärung der Kirchen, des Bauernverbandes und der Landfrauen
(Berlin) - Im deutschen Einzelhandel werden die Lebensmittel nach wie vor über den Preis und weniger über die Qualität vertrieben. Mit Dauerniedrigpreisen und Billigstpreisen wird die "Wertschöpfung" gefährdet und damit letztendlich der Wert der menschlichen Arbeit vernichtet. Dies stellten in einer gemeinsamen Erklärung zum Erntedank 2003 (5. Oktober 2003) der Ausschuss für den Dienst auf dem Lande in der Evangelischen Kirche Deutschlands, die Katholische Landvolkbewegung Deutschlands, der Deutsche Landfrauenverband und der Deutsche Bauernverband (DBV) fest.
Anlässlich Erntedank mahnen die vier Organisationen eine faire Wertschöpfung an und das Ende der schleichenden Wertevernichtung bei Lebensmitteln. Ein höherer Stellenwert der Lebensmittel in unserer Gesellschaft sei die Voraussetzung, um Arbeitsplätze zu erhalten und auch wieder angemessene Einkommen zu erzielen. In anderen europäischen Ländern werde zum Beispiel Frische, Regionalität der Lebensmittel und qualifizierte Beratung sehr viel mehr geachtet und auch bezahlt. Die Land-, Agrar- und Ernährungswirtschaft sei immerhin viertgrößter Wirtschaftszweig in Deutschland, jeder neunte Erwerbstätige befasse sich direkt oder indirekt mit der Bereitstellung des täglichen Brotes.
Für Lebensmittel geben die Verbraucher derzeit nur noch 15 Prozent ihres Einkommens aus, vor 30 Jahren waren dies noch 30 Prozent. Gleichzeitig hat sich der Erzeugerpreis zum Beispiel für Brotweizen halbiert, während der Arbeitslohn eines Industriearbeiters um das vielfache stieg.
Die vier Organisationen fordern in ihrer Erklärung vom Lebensmitteleinzelhandel saisonale und regionale Angebote aus konventionellem und ökologischem Anbau stärker zu berücksichtigen und die Erlössituation der Bauern zu verbessern. Auch die Politik dürfe nicht länger untätig den Konzentrationsprozess im Handel in Kauf nehmen und sich ihrer Verantwortung entziehen. Weitergehende gesetzgeberische Maßnahmen wie dies in anderen einseitig beherrschten Märkten bereits gegeben sei, seien ebenso notwendig wie ein forcierter Strukturwandel in der Ernährungswirtschaft. Das "gleichförmige" Verhalten der marktbeherrschenden Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels gegenüber den Erzeugern brauche eine gegengewichtige Marktmacht, fordern die vier Organisationen in ihrer gemeinsamen Erklärung. Ansonsten nehme am Ende auch der Verbraucher Schaden.
Die Landwirtschaft sei ihrerseits gefordert, ihre Möglichkeiten zur Bündelung des zersplitterten Angebotes über Genossenschaften oder Erzeugergemeinschaften noch konsequenter zu nutzen und sich verstärkt an die Erfordernisse des Marktes anzupassen. Unternehmenszusammenschlüsse, zum Beispiel bei Molkereigenossenschaften, seien durch das Kartellamt deutlich zu erleichtern. Deutschland nehme im Weltagrarhandel einen führenden Platz ein, vor allem als Importeur von Nahrungsmitteln, aber auch als Exporteur. Mit dieser Globalisierung der Agrarmärkte seien aber auch erhebliche Risiken verbunden. Im harten Wettbewerb um Marktanteile führten deshalb nationale Alleingänge bei Produktionsauflagen schnell zu Benachteiligungen für die deutsche Landwirtschaft und zur Gefährdung des Agrarstandortes Deutschland.
Die beiden kirchlichen Organisationen, die Landfrauen und der Bauernverband setzen sich für einen fairen Welthandel. Mit hoher Verantwortung gelte es, die landwirtschaftliche Produktion und die Agrarmärkte weltweit zu gestalten. Dazu gehöre, dass der gesundheitliche Verbraucherschutz unteilbar sei und alle Produkte auf dem Markt unter gleichwertigen Bedingungen erzeugt und vermarktet werden. Nationale Alleingänge im Tier-, Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz nutzten letztendlich niemandem, weder den Tieren, noch der Umwelt, noch den Verbrauchern. Sie gefährdeten aber die Arbeitsplätze in Deutschland. Am mühsamen Weg europäischer und internationaler Harmonisierung führe kein Weg vorbei, heißt es in der Erklärung zum Erntedank 2003.
Die vollständige Erklärung ist im Internet unter www.bauernverband.de zu erhalten.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Bauernverband e.V. (DBV)
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