Pressemitteilung | Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V. (BDLI)

Langfristige Konsolidierung europäischer Fluglinien durch Abbau nationaler Schranken

(Berlin) – Der neugewählte Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), Rainer Hertrich, fordert als Konsequenz aus den Ereignissen am 11. September und ihren Folgen ein breites politisches Maßnahmenbündel. Dieses müsse unter anderem auf europäischer Ebene eine langfristige Konsolidierung der Fluggesellschaften ermöglichen. Daneben sei auch schon vor dem 11. September in Deutschland eine dauerhafte Erhöhung der Verteidigungsinvestitionen sowie der Haushaltsmittel für das ESA-Raumfahrtprogramm und für die Luftfahrtforschung notwendig gewesen.

„Wir sehen uns bei der Bewältigung der Krise und der neuen Bedrohungslage nach dem 11. September als Partner der deutschen und europäischen Politik. Schon am 5. September haben sechzehn Persönlichkeiten der deutschen Luft- und Raumfahrt Bundeskanzler Schröder einen detaillierten Lagebericht überreicht und zur Bewältigung der Herausforderungen eine strategische Allianz angeboten. Der Bundeskanzler hat diese Initiative begrüßt. Jetzt ist es an der Zeit, dass sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen,“ unterstrich BDLI-Präsident Rainer Hertrich, der als Chief Executive Officer dem größten europäischen Luft- und Raumfahrtunternehmen EADS European Aeronautic Defence and Space Company vorsteht.

Rund eine Million Menschen sind in Deutschland direkt und indirekt im Luftverkehr beschäftigt und von der aktuellen Krise der Fluggesellschaften betroffen. Die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie hat rund 70.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete im Jahr 2000 einen Umsatz von 28,9 Mrd. Mark. Gemeinsam mit der Automobilindustrie war sie mit einem Exportanteil von 63,4% Spitzenreiter der Exportstatistik. Der Anteil von Forschung und Entwicklung am Branchenumsatz in Höhe von 19,8% macht die Luft- und Raumfahrtindustrie zudem zu einem der wichtigsten Technologiemotoren der deutschen Industrie.

Konsolidierung der europäischen Fluggesellschaften

Wie BDLI-Präsident Rainer Hertrich betonte, sind die deutschen und europäischen Flugzeughersteller und ihre mittelständisch geprägte Ausrüstungs- und Werkstoffindustrie an gesunden Airlines interessiert. „Deshalb setzen wir uns für einen langfristig tragfähigen, europäischen Konsolidierungsprozess ein.“

In diesem Prozess müssen nationale gesetzliche Schranken aufgehoben und Fusionen von Fluggesellschaften über Ländergrenzen hinweg erleichtert werden. In der aktuellen Krise würde sich jedoch der kurzfristige Zusammenbruch einer oder mehrerer Airlines auf die gesamte Wertschöpfungskette – von den Herstellern bis zu den Zulieferern – dramatisch auswirken.

„Das wäre auch ordnungspolitisch das falsche Signal,“ so Hertrich. „Eine Konsolidierung mit Wild-West-Methoden ist genauso schädlich wie der sich jetzt abzeichnende Wettlauf um die höchste nationale Förderung. “Die europäische Politik müsste deshalb kurzfristig und konzertiert Maßnahmen wie die amerikanische Regierung ergreifen. Dies sei auch aus Gründen des fairen transatlantischen Wettbewerbs notwendig. In diesem Zusammenhang müssten zudem Fluggesellschaften und Leasinggeber von Flugzeugen gleichbehandelt werden.

Dauerhaft höhere Verteidigungsinvestitionen unverzichtbar – Sicherheitspaket Schritt in richtige Richtung

„Mit dem Sicherheitspaket hat die Bundesregierung einen Schritt in die richtige Richtung getan. Die Absicht der Bundesregierung, den Verteidigungsetat ab 2003 um 1,5 Milliarden Mark aufzustocken, ist ein ermutigendes Signal. Genauso positiv bewertet unsere Industrie auf der Grundlage der bislang vorliegenden Informationen auch die Aufteilung der Projekte im Sicherheitspaket für das Jahr 2002,“ begrüßte BDLI-Präsident Rainer Hertrich die jüngsten Entscheidungen.

Nach Auffassung des BDLI sollten die neuen Mittel zu einer beschleunigten Umsetzung des Ausrüstungs- und Materialkonzepts der Bundeswehr führen. Insbesondere der Bedarf bei Informations-, Kommunikations- und Aufklärungssystemen soll durch gezielte Investitionen gedeckt werden. „Darauf richten sich die Erwartungen der Luft- und Raumfahrtindustrie, weil hier – trotz der zwingenden sicherheitspolitischen Erfordernisse – industrielle Kapazitäten und Kompetenzen in Deutschland massiv gefährdet sind,“ so Hertrich.

Das Grundproblem der deutschen Sicherheitspolitik, die chronische Unterfinanzierung des Verteidigungshaushalts, werde durch die aktuellen Entscheidungen noch nicht bewältigt. Die Bundeswehr schiebe bei Investitionen und in der Materialerhaltung eine erhebliche Bugwelle vor sich her: Der Verteidigungsetat müsse insgesamt um zwei bis drei Milliarden Euro jährlich erhöht werden, um die Anforderungen an die Streitkräfte finanzieren zu können.

„Mit dem bisher eingeplanten Investitionsanteil am Verteidigungshaushalt von rund 20% ist eine moderne, einsatzfähige Bundeswehr nicht zu finanzieren. 30% von einem insgesamt erhöhten Verteidigungshaushalt wären dazu - auch nach internationalen Maßstäben – unverzichtbar,“ betonte Hertrich. Daneben müsse durch die Erhöhung der industrierelevanten Mittel für Forschung und Entwicklung im Verteidigungshaushalt auf die neuen Herausforderungen der Sicherheitspolitik reagiert werden. Mit 250 Mio. Mark jährlich mehr hätte Deutschland immerhin wieder den Stand von 1996 erreicht.

Die wichtigsten Zukunftsanforderungen an die deutsche Verteidigungspolitik sind schon im Material- und Ausrüstungskonzept für die Streitkräfte vom Generalinspekteur am 16. März 2001 festgeschrieben worden. „Für diese Schlüsselfelder besitzt die Luft- und Raumfahrtindustrie in Deutschland herausragende Kompetenzen,“ so Hertrich:

- Aufbau neuer Kommunikationstechnologien
- Beschaffung moderner Präzisions- und Abstandswaffen
- Entwicklung moderner Waffenplattformen und Selbstschutzkomponenten
- Aufbau leistungsfähiger Lufttransportkapazitäten
- Optimale Logistik und ein leistungsfähiges Sanitätswesen
- Befähigung zur strategischen Aufklärung.

Bündnispartner erwarten Projektentscheidungen

Das militärische Transportflugzeug Airbus A400M ist aus Sicht des BDLI das wichtigste europäische Beschaffungsprojekt. Nicht erst seit dem 11. September sei der Bedarf an Lufttransportkapazitä-ten der Bundeswehr für militärische und humanitäre Einsätze offensichtlich. Deutschland ist mit 73 Maschinen größter Partner und Besteller der A400M.

„Mit Deutschland steht und fällt das Projekt. Mit großer Ungeduld verfolgen unsere europäischen Partner den sich hinziehenden Entscheidungsprozess in Deutschland. Schon allein um den Geleitzug zusammen zu halten, muss der Entscheidungsprozess endlich auch in Deutschland zum Abschluss kommen,“ forderte Hertrich.

Folgende weitere Projekte der militärischen Luft- und Raumfahrtindustrie, die sich aus den Zukunftsanforderungen der Bundeswehr im Material- und Ausrüstungskonzept ergeben, stehen aktuell zur Entscheidung im Bundesverteidigungsministerium oder im Bundestag an:

- METEOR (Eurofighter-Bewaffnung),
- MAW Taurus (Abstandswaffe Tornado),
- Kampfwertsteigerung Patriot,
- IRIS-T Integration (Eurofighter-Bewaffnung shortrange) ,
- Tornado-Lebensdauerverlängerung und Außensichtsystem,
- Marinedrohne SEAMOS für die Korvette,
- Informationssystem MIDS zur verbesserten Freund-Feind-Erkennung,
- MEADS (Technologieprogramm zur Risikominderung in Luftverteidigung),
- Radarsatellit SAR-Lupe.

Technologische Kompetenzen in ziviler Luft- und Raumfahrt –
ESA-Ministerratskonferenz

Hertrich hob die große Bedeutung des Luftfahrtforschungsprogramms, in diesen Wochen fallen dazu wichtige Vorentscheidungen, für den Technologiestandort Deutschland hervor: „Dieses erfolgreiche Programm muss über 2002 hinaus fortgesetzt werden. Nur so kann die deutsche Wettbewerbsposition gegenüber anderen europäischen Ländern und im weltweiten Vergleich erhalten werden. Die heutigen wirtschaftlichen Erfolge der deutschen Luftfahrt basieren auf Forschungsinvestitionen in den vergangenen Jahren.“

In der europäischen und deutschen Raumfahrt werden sehr wichtige Weichen am 14./15. November auf der ESA-Ministerratskonferenz in Edinbourgh unter der Leitung von Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn gestellt. Die Raumfahrt setzt große Hoffnungen in diese Konferenz. Mit den derzeitigen Planungsansätzen des Bundesforschungsministeriums ist eine angemessene Beteiligung Deutschlands an europäischen Programmen und die Erhaltung unserer nationalen Kompetenzen nicht möglich.

Der aktuell im Haushalt eingestellte deutsche ESA-Beitrag schreibt nur die rechtlichen und faktischen Verpflichtungen aus europäischen Beschlüssen von 1999 fort: Die deutschen ESA-Mittel für 2002 und 2003 betragen jeweils nur 532 Mio. Euro. Neue technologische, wissenschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderungen müssen aber bewältigt werden können. „Rund 66 Mio. Euro sind von 2002 bis 2005 jährlich zusätzlich notwendig, um der strategischen Bedeutung der Raumfahrt gerecht zu werden,“ betonte Hertrich. Frau Bulmahn hat schon einen zusätzlichen Betrag von 15 Mio. Euro jährlich für die Ariane-Weiterentwicklung zugesagt.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V. (BDLI) Friedrichstr. 152 10117 Berlin Telefon: 030/2061400 Telefax: 030/20614090

NEWS TEILEN: