Lage der Bauindustrie unbefriedigend / Frühjahrssituation 2003 der Bauindustrie im Norden
(Bremen) - Seit 28 Jahren führt der Bauindustrieverband Bremen-Nordniedersachsen e.V. dreimal jährlich eine systematisch angelegte Umfrage bei seinen Mitgliedsfirmen in Bremen und Nordniedersachsen durch, um die Baukonjunktur aktuell und spartenbezogen zu erfassen. Basis der Umfrage sind 75 Bauunternehmen aus Bremen und Nordniedersachsen mit rund 6.200 Beschäftigten. Zu den erfassten Wirtschaftsräumen gehören Bremen und Bremerhaven Oldenburg, Wilhelmshaven, Emsland und Nordseeküste.
Personal
In der Bauindustrie in Bremen und Nordniedersachsen wurde in den letzten 12 Monaten wieder Personal abgebaut. Insgesamt 6,7 Prozent der gewerblichen Mitarbeiter mussten entlassen werden, fast 6 Prozent in Nordniedersachsen und rund 8 Prozent in Bremen. Im Tiefbau, wo rund die Hälfte aller gewerblichen Mitarbeiter tätig sind, betrug der Personalrückgang fast 5 Prozent. Ursache war ein starker Personalabbau im Straßenbau von mehr als 13 Prozent. Im Tief- und Ingenieurtiefbau dagegen wurde insgesamt ein leichter Zuwachs verzeichnet, verursacht ausschließlich durch ein Plus in Bremen. In Nordniedersachsen wurde in diesem Bereich ebenfalls Personal abgebaut. Im Hochbau hier sind rund 30 Prozent der gewerblichen Mitarbeiter tätig betraf der Personalabbau insgesamt 13 Prozent der gewerblichen Mitarbeiter. Hier sind für die nächsten Wochen auch noch weitere Entlassungen geplant, die 3 Prozent der Mitarbeiter betreffen.
Einen Personalabbau musste der auch der Spezialbau in Nordniedersachsen hinnehmen. Hier ging der Bestand an gewerblichen Mitarbeitern um mehr als 6 Prozent zurück. In Bremen dagegen wurde der Personalbestand in diesem Bereich um 4,3 Prozent ausgeweitet. Der Spezialbau umfasst die wichtigen Spezialtätigkeitsfelder Rohrleitungsbau, Sportplatzbau, Küstenschutz und Erdbewegungen sowie den gesamten Ausbausektor (Isolierarbeiten, Trockenbau). Hier sind 20 Prozent aller gewerblichen Mitarbeiter tätig. Das wichtigste Mittel der Personalanpassung ist nach wie vor die Kurzarbeit. 41 Prozent der befragten Unternehmen sind zum Teil mit mehr als 2/3 ihrer Belegschaft in Kurzarbeit. Die Unternehmen der Bauindustrie in Bremen und Nordniedersachsen sind sich trotz dieser negativen Entwicklung auf dem Personalsektor immer noch ihrer Verantwortung für die Zukunft bewusst: Die Zahl der gewerblichen Auszubildenden ging nicht etwa zurück, sondern stieg im Gegenteil noch um 10 Prozent an.
Auftragsbestand
Der Auftragsbestand aller Unternehmen der Bauindustrie in Bremen und Nordniedersachsen hat wie vor einem Jahr überwiegend eine Reichweite von nur 3 bis 5 Wochen. Für perspektivische Überlegungen in Unternehmen sind derartig kurze Auftragsspannen völlig unzureichend. Im Hochbau fehlt es vor allem in Nordniedersachsen an längerfristiger Beschäftigung. Die gegenwärtig erteilten Aufträge bieten den Unternehmen hier nur Beschäftigung für ihre Mitarbeiter für durchschnittlich 6 Wochen. In Bremen ist die Situation im Hochbau mit durchschnittlich 8 Wochen etwas besser. Im Tiefbau liegen die häufigsten Nennungen zur gesicherter Beschäftigung im Bereich von 3 bis 5 Wochen, was der Vorjahresumfrage entspricht. Die durchschnittliche Beschäftigungssituation hat sich aufgrund einiger längerfristiger Aufträge bei wenigen Firmen im arithmetischen Mittel gemessen etwas verbessert. Im Spezialbau hat sich in Bremen die Beschäftigungslage im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert, in Niedersachsen fiel die Verbesserung weniger deutlich aus. Insgesamt verfügen die Unternehmen in diesem Bereich zwar über Aufträge für die nächsten 13 Wochen, einigen Langfristaufträgen stehen dabei allerdings bei anderen Firmen extrem geringe Auftragsbestände gegenüber. Für 77 Prozent der befragten Unternehmen sind die Auftragsbestände zu klein.
Einen Anteil von mehr als 30 Prozent an den Gesamtumsätzen hat für rund 70 Prozent der Unternehmen die öffentliche Hand und ist damit ein sehr wichtiger Auftraggeber. Der verringerte Bestand an öffentlichen Aufträgen bei knapp 70 Prozent der Befragten, dazu die beobachtete verringerte Ausschreibungs- und Vergabetätigkeit der öffentlichen Hand führen zu einer zunehmenden Verunsicherung. Hinzu kommt der Rückgang der Auslastung der Maschinenkapazitäten bei rund zwei Drittel der Befragten. In der Folge ist die ohnehin schon geringe Investitionsbereitschaft bei 77 Prozent der Befragten Unternehmen weiter zurückgegangen. Hier wird deutlich, dass die Baukrise volkswirtschaftlich gesehen nicht nur Auswirkungen auf den Bausektor selber hat.
Geschäftslage
Rund zwei Drittel der befragten Unternehmen beurteilen die Geschäftslage als schlechter als vor einem Jahr. Für das nächste halbe Jahr erwartet die Hälfte der Befragten eine weitere Verschlechterung, 45 Prozent eine gleich bleibende Entwicklung. Eine Verbesserung der Geschäftslage erwarten 10 Prozent der Bremer Unternehmen, aber nicht eines aus Nordniedersachsen. Das größte Problem der Bauwirtschaft ist unverändert das unauskömmliche Preisniveau, begleitet vom Rückgang der Baunachfrage. Außerdem werden die schlechte Zahlungsmoral der Auftraggeber, die Kostenbelastung und mangelnde Flexibilität im Personalbereich und unfaires, VOB-widriges Verhalten der Auftraggeber genannt.
Preis und Qualität
Am Baumarkt hat sich eine Einkaufsmentalität von Bauleistungen ergeben, die sich vorherrschend am billigsten Preis orientiert. Das gilt auch für den öffentlichen Bausektor. Diese Orientierung gefährdet auf Dauer die Konstanz der Bauqualität mit erheblichen negativen Auswirkungen für die Bauherren. Da der Lohn mit einem Anteil von 40 bis 60Prozent die entscheidende Kostengröße am Bau ist (bei anderen Investitionsgüter produzierenden Branchen werden hier meist nur etwa 20Prozent erreicht), scheinen Billiglohnangebote verlockend zu sein. Mittel- und langfristig sieht das Bild betriebswirtschaftlich gesehen für den Bauherren und volkswirtschaftlich im kommunalen Verbund anders aus. Qualität hat ihren Preis.
Quelle und Kontaktadresse:
Bauindustrieverband Bremen-Nordniedersachsen e.V.
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