Lage der Bauindustrie immer noch unbefriedigend
(Bremen) - Die Frühjahrssituation 2002 der Baukonjunktur im Norden ist weiterhin unbefriedigend wie eine Umfrage unter 78 Bauunternehmen aus Bremen und Nord-Niedersachsen mit rund 7.300 Beschäftigten ergeben hat.
Personal
In der Bauindustrie in Bremen und Nordniedersachsen wurde in den letzten 12 Monaten wieder Personal abgebaut. Insgesamt mussten 5,5 % der gewerblichen Mitarbeiter entlassen werden. Der Personalabbau fand dabei ausschließlich in Nordniedersachsen statt. Dort betrug das Minus 9,4 %.
Im personalmäßig stärksten Bereich Tiefbau hier sind 46 % aller gewerblichen Mitarbeiter tätig wurde der Personalbestand um insgesamt rund 1 % ausgeweitet. Einem Personalanstieg in Bremen von 6,7 % steht dabei ein deutliches Minus im nordniedersächsischen Straßenbau von 10,4 % gegenüber.
Im Hochbau, wo rund ein Drittel aller Mitarbeiter beschäftigt sind, wurde in beiden Bundesländern Personal abgebaut. Hier fiel das Minus in Bremen mit fast 12 % deutlicher aus als in Nordniedersachsen, wo der Rückgang knapp 7 % betrug.
Einen Personalabbau musste der auch der Spezialbau in Nordniedersachsen hinnehmen. Hier ging der Bestand an gewerblichen Mitarbeitern um mehr als ein Fünftel zurück. In Bremen dagegen wurde der Personalbestand im Spezialbau um 3,7 % ausgeweitet. Dieser Bereich umfasst die wichtigen Spezialtätigkeitsfelder Rohrleitungsbau, Sportplatzbau, Küstenschutz und Erdbewegungen sowie den gesamten Ausbausektor (Isolierarbeiten, Trockenbau). Hier sind 22 % aller gewerblichen Mitarbeiter tätig.
Das wichtigste Mittel der Personalanpassung ist nach wie vor die Kurzarbeit. 44 % der befragten Unternehmen sind zum Teil mit mehr als 2/3 ihrer Belegschaft in Kurzarbeit.
Erfreulicherweise ist die Zahl der gewerblichen Auszubildenden nur in Nordniedersachsen zurückgegangen. In Bremen konnte sie innerhalb eines Jahres um 3,6 % gesteigert werden. Die Zahl der kaufmännisch-technischen Auszubildenden (Büro- und Industriekaufleute) stieg in beiden Bundesländern, um insgesamt 5,4 %.
Auftragsbestand
Der Auftragsbestand aller Unternehmen der Bauindustrie in Bremen und Nordniedersachsen hat wie vor einem Jahr überwiegend eine Reichweite von nur 3 bis 5 Wochen. Für perspektivische Überlegungen in Unternehmen sind derartig kurze Auftragsspannen völlig unzureichend.
Im Hochbau Nordniedersachsens ist die Beschäftigungslage auf sehr niedrigem Niveau stabil. Schwerpunktmäßig verfügen die Unternehmen über eine Auftragsreichweite von 3 bis 5 Wochen, wobei längerfristige Beschäftigung nahezu völlig fehlt. In Bremen hat sich dagegen im Hoch- und Ingenieurhochbau der Auftragsbestand wesentlich verbessert. Die durchschnittliche Reichweite beträgt jetzt in dieser Teilsparte des Hochbaues 16 Wochen. Im Wohnungsbau ist die Beschäftigungslage in Bremen mit einem Auftragsbestand von durchschnittlich nur 6 Wochen allerdings wesentlich schlechter.
Im Tiefbau verfügen die befragten Bremer Unternehmen schwerpunktmäßig über eine Auftragsreichweite von nur 3 bis 5 Wochen. Dabei ist ein deutlicher Rückgang der längerfristigen Beschäftigung im Tief- und Ingenieurtiefbau und aktuell eine schlechte Beschäftigungssituation im Straßenbau festzustellen. Im Tiefbau Nordniedersachsens liegt der Kern der Meldungen ebenfalls bei zu kurzen 3 bis 5 Wochen. Auch hier hat sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr nicht verbessert. Auch die Beschäftigungslage im Spezialbau ist ausgesprochen schlecht. Am häufigsten meldeten auch hier die Unternehmen eine gesicherte Beschäftigung von nur bis zu zwei Wochen. Die Unternehmen sind letztlich auf diesem Tätigkeitsfeld beschäftigungslos.
Für 76 % der befragten Unternehmen sind die Auftragsbestände zu klein.
Einen Anteil von mehr als 30 % an den Gesamtumsätzen hat für 72 % der Unternehmen die öffentliche Hand. Daher ist es besonders prekär, dass der Bestand an öffentlichen Aufträgen bei 64 % der Befragten im Vorjahresvergleich geringer geworden ist. Eine gesunkene Ausschreibungstätigkeit der öffentlichen Hand beobachteten 50 %, eine geringere Vergabetätigkeit sogar 58 %. Zurückgegangen ist auch die Auslastung der Maschinenkapazitäten. Das melden 54 % der Befragten. Nur bei 10 % ist die Auslastung im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Entsprechend ist auch die Investitionsbereitschaft gering. Bei knapp der Hälfte der Befragten ist sie kleiner als im Vorjahr.
Geschäftslage
Mehr als die Hälfte der befragten Bremer Unternehmen und 75 % (! !) der Befragten aus Nordniedersachsen beurteilen die Geschäftslage als schlechter als vor einem Jahr. Für das nächste halbe Jahr erwarten darüber hinaus knapp 60 % der Befragten aus Nordniedersachsen und 36 % der Bremer eine ungünstige Entwicklung. Das größte Problem der Bauwirtschaft ist unverändert das unauskömmliche Preisniveau, begleitet vom Rückgang der Baunachfrage. Außerdem werden die schlechte Zahlungsmoral der Auftraggeber, die Kostenbelastung und mangelnde Flexibilität im Personalbereich und unfaires, VOB-widriges Verhalten der Auftraggeber genannt.
Preis und Qualität
Am Baumarkt hat sich eine Einkaufsmentalität von Bauleistungen ergeben, die sich vorherrschend am billigsten Preis orientiert. Das gilt auch für den öffentlichen Bausektor. Diese Orientierung gefährdet auf Dauer die Konstanz der Bauqualität mit erheblichen negativen Auswirkungen für die Bauherren. Da der Lohn mit einem Anteil von 40 bis 60% die entscheidende Kostengröße am Bau ist (bei anderen Investitionsgüter produzierenden Branchen werden hier meist nur etwa 20% erreicht), scheinen Billiglohnangebote verlockend zu sein. Mittel- und langfristig sieht das Bild betriebswirtschaftlich gesehen für den Bauherren und volkswirtschaftlich im kommunalen Verbund anders aus. Qualität hat ihren Preis.
Quelle und Kontaktadresse:
Bauindustrieverband Bremen-Nordniedersachsen e.V.
Bürgermeister-Spitta-Allee 18
28329 Bremen
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