Ländervergleich Technikbildung an Schulen: NRW nur leicht über Durchschnitt
(Düsseldorf) - Technikwissen sollte heute ein fundamentaler Bestandteil der Allgemeinbildung sein. Doch genau dieses Wissen fehlt vielen Schülerinnen und Schülern in der Bundesrepublik. Eine umfangreiche Analyse der Lehrpläne an allgemeinbildenden Schulen, die der VDMA in allen Bundesländern durchgeführt hat, sieht Nordrhein-Westfalen im Mittelfeld.
Bundesweit zeichnet die Untersuchung ein insgesamt unbefriedigendes Bild für die Techniknation Deutschland. Technische Bildung (das "T" in "MINT") ist im allgemeinbildenden Schulsystem deutlich unterrepräsentiert. Die überwiegende Mehrheit der jungen Leute kann die Schule abschließen, ohne je mit Technikbildung in Berührung gekommen zu sein. "Deutschlands Wohlstand basiert auf einer starken Industrie, wie dem Maschinen- und Anlagenbau, und ihren technischen Innovationen. Die Digitalisierung wird den technischen Fortschritt weiter beschleunigen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht akzeptabel, dass technische Bildung in den meisten Schulen unserer Techniknation nur ein Nischendasein führt. Wir brauchen ein verpflichtendes Schulfach Technik in allen Schulformen", kommentiert Harmut Rauen, stellv. Hauptgeschäftsführer des VDMA die bundesweiten Ergebnisse.
Die Untersuchung
Ziel der Analyse der Schul-Curricula war, herauszufinden, welchen Stellenwert die schulische Technikbildung in Deutschland genießt und ob dabei Unterschiede zwischen Bundesländern festzustellen sind. Hierzu wurden alle "Technikinhalte" der Curricula aller Fächer der Sekundarstufen 1 und 2 erfasst, sortiert nach Bundesland, Schulart, Jahrgangsstufe und Fach. Diese wurden auf Basis eines Kriterienkatalogs bewertet. Daraus entstanden sind ein Ländervergleich (Kompendium) und 16 Länderdossiers mit entsprechenden Handlungsempfehlungen an die jeweiligen Landesregierungen.
Die Situation in Nordrhein-Westfalen
In der VDMA Untersuchung erreicht NRW 74.9 von 100 Punkten und befindet sich damit im Mittelfeld der Bundesländer, nur knapp über dem Mittelwert (73.6). Zum Vergleich: Spitzenreiter Baden-Württemberg erreicht 87.9 Punkte. Positiv hervorzuheben: Nordrhein-Westfalen bietet ein eigenständiges Wahlpflichtfach "Technik" nicht nur in Realschulen sondern (und das ist das besondere) auch in der gymnasialen Oberstufean. Das gibt es in Deutschland nur noch im Saarland und in Sachsen-Anhalt, sollte aber aus VDMA-Sicht Standard sein. Aber NRW könnte das Fach auch an Haupt- und Gesamtschulen anbieten, idealerweise im Pflichtbereich.
"Nordrhein-Westfalen ist ein Top-Maschinenbau-Standort in Deutschland. Daher ist ein Platz im Mittelfeld bestenfalls solide und auf jeden Fall ausbaufähig", kommentiert Hans-Jürgen Alt, Geschäftsführer VDMA Nordrhein-Westfalen, das Ergebnis der Untersuchung. "Wir wünschen uns, dass NRW bereits bei der Technikbildung die Nase vorn hat."
Verbessern kann sich Nordrhein-Westfalen zusätzlich vor allem bei den Themen "Flexible Lernformen" und "Interdisziplinarität". Gerade die Fächer Mathematik, Physik und Informatik bieten hier viel Potenzial für eine Zusammenarbeit mit dem Fach Technik. Schülerinnen und Schüler können so einen praktischen Anwendungsbezug zu entsprechenden Problemstellungen herstellen.
Die Ergebnisse deutschlandweit
Nur zehn Bundesländer bieten ihren Schülerinnen und Schülern ein eigenständiges Fach Technik an, acht davon im Wahlpflichtbereich allerdings nicht an allen Schulformen. An Gymnasien sieht es besonders düster aus. Nur drei von 16 Bundesländern sehen für Gymnasiasten einen eigenständigen Technikunterricht vor, keines davon im Pflichtbereich.
Stattdessen neigen die Länder zu Mischfächern oder verlegen technische Bildung in die naturwissenschaftlichen Fächer. Das ist zwar besser als nichts, ist aber nicht zielgerichtet. "Oft sollen Lehrkräfte der Naturwissenschaft in ihrem Fach technische Inhalte nebenbei mitunterrichten, obwohl sie dafür nicht ausgebildet sind", erklärt Alt. "Wer Physik oder Biologie auf Lehramt studiert hat, ist noch lange nicht dazu befähigt, Technik-Kompetenzen, wie Erfinden, Konstruieren und Fertigen zu vermitteln."
Hintergrund: Warum Technikbildung?
Technische Innovationen sind die entscheidende Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands, auch zukünftig. Herausforderungen wie Klimawandel, erneuerbare Energien oder Elektromobilität sind ohne technische Lösungen unüberwindbar. Sie erfordern gut ausgebildete Fachleute, an denen es immer mehr mangelt. Dem gilt es frühestmöglich entgegenzuwirken. Der Grundstein für die Faszination von Technik wird spätestens in der Schule gelegt. Im Technikunterricht erleben Kinder den Spaß an der Problemlösung. Das fördert Kreativität und erschließt berufliche Perspektiven. Nicht zuletzt hilft frühe Technikbildung dabei, geschlechterspezifische Vorurteile abzubauen. Dafür braucht es ein eigenständiges Schulfach mit eigener Didaktik und mit eigens dafür ausgebildeten Lehrkräften.
Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) Landesverband NRW
Ina Grothof, Kommunikation und Veranstaltungen
Grafenberger Allee 125, 40237 Düsseldorf
Telefon: (0211) 687748-0, Fax: (0211) 687748-50