Ladenschluss, Einheitsbedingungen und Schlussverkäufe: Alles Auslaufmodelle? / BTE: Wandel entschlossen begegnen
(Köln) - Die Zeiten im Textileinzelhandel sind schwer. Der Kunde ist unberechenbar. Die Lieferanten werden weniger, die Großen im Handel immer stärker. Und dann sägen die Politiker auch noch an den Stützen, die den Mittelstand jahrelang getragen haben: Ladenschluss, Einheitsbedingungen und Schlussverkäufe. So oder ähnlich lautet die Klage, die beim Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels e.V. (BTE) seit Monaten aus Briefen, E-Mails und Telefonaten ankommt. Resignation schimmert bei manchen durch; Frustration ob des unvernünftigen (Preis-) Wettbewerbsdrucks kommt hinzu.
Tatsache ist: Die anstehenden Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen basieren zum Großteil auf europäischen Harmonisierungsbestrebungen. Zum Bedauern des BTE und zum Teil auch der Bundesregierung gibt es in den anderen EU-Ländern aber in der Regel keine vergleichbaren Gesetze zum besonderen Schutz des Mittelstandes. Deutschland muss sich deshalb notgedrungen auch aus Gründen des fairen Wettbewerbs innerhalb der EU den anderen Staaten anpassen. Das ist leider der Preis, den der deutsche Handel für das Zusammenwachsen Europas zahlen muss.
Das muss aber nicht bedeuten, dass jetzt alle bewährten Regelungen abgeschafft oder liberalisiert werden. Das Jahr 2004 wird hier einige Entscheidungen und Klarheiten bringen:
Ladenschluss - Nach Meinung einer Mehrheit der Politiker in Berlin ist für diese Legislaturperiode kein Bedarf mehr an weiteren Ladenschluss-Debatten und Beschlüssen. Allerdings gibt es noch das Verfahren des Kaufhofs vor dem Bundesverfassungsgericht. In einer ersten mündlichen Verhandlung Anfang November ist den Teilnehmern deutlich geworden, dass das höchste deutsche Gericht sich doch einige kritische Gedanken zur Existenzberechtigung dieses Gesetzes macht. Dass das Ladenschlussgesetz nicht Marktteilnehmer an weniger guten Standorten davor schützen soll, dass die Kunden sich verstärkt in den 1a-Lagen tummeln, muss jedem klar sein, der einmal in die Gesetzesbegründung aus den 50er Jahren geschaut hat. Entschiedene Verteidiger der heutigen Gesetzeslage sollten deshalb mit dem Schlimmsten rechnen.
Einheitsbedingungen - Die Chancen sind gut, dass es im nächsten Jahr bei der anstehenden Kartellnovelle zumindest für die bisher schon praktizierten Konditionenkartelle zu einer Art von Bestandsschutz kommen wird. Die intensiven Bemühungen der Verbände im politischen Raum scheinen hier zu fruchten. Allerdings ist die Zahl der Hersteller und Lieferanten, die unverändert und ungeschmälert gegenüber dem Handel die Einheitsbedingungen anwenden, in den letzten Jahren geringer geworden. Nicht zuletzt auch wegen der Konzentration auf der Herstellerseite in Deutschland. Und das wird nach allen Voraussagen zur Marktentwicklung in Deutschland wohl noch eine Weile so weitergehen. Andererseits ist zu beobachten, dass die für den Einzelhandel so wichtigen Skontoregeln der Einheitsbedingungen sich mittlerweile auch in den AGB jener Lieferanten wiederfinden, die sich ansonsten nicht um Branchenusancen bei den Konditionen scheren.
Sonderveranstaltungen Es ist mit einer Abschaffung der Regelungen von Abschnittsschlussverkäufen und sonstigen Formen der Sonderveranstaltungen zu rechnen. Die Deregulierung trifft auf die Notwendigkeit, nach Abschaffung des Rabattgesetzes auf Grund europäischer Vorgaben die Befristung der Rabatte (Sonderveranstaltung) zuzulassen. Hiervon profitieren dürften dank ihrer Werbemacht vor allem die Großformen des Handels, wohingegen dem Mittelständler dazu der entsprechende Werbeetat fehlt.
Für den mittelständischen Unternehmer stellen sich daher vor allem zwei Fragen: Wie kann er der Vergleichbarkeit entgehen? Und wie entkommt er dem Preiswettbewerb?
Nach Meinung des BTE geht dies nur über eine klare (Neu)Positionierung des Geschäftes. Denn die Spaltung des Marktes nimmt weiter zu: Versorgungskauf contra Verwöhnkauf, Preiswettbewerb contra Qualitäts- oder Beratungswettbewerb, schlichte Funktionalität contra Emotion. Der schwierigere Markt braucht den Kontrast. Dabei muss jedem klar sein, dass die Luft oberhalb der mediocren Mitte dünn ist. Die Zielgruppen sind kleiner. Die Arbeit ist intensiver und persönlicher. Klare Konzepte sind gefragt, die mutig und entschlossen umgesetzt werden müssen
Ausblick: Im Markt für Textilien mit seinen gewaltigen Überkapazitäten an Fläche und Ware wird es auch bei anziehender Konjunktur nicht ohne Geschäfts-schliessungen und Insolvenzen abgehen. Gross und Klein werden bluten müssen, damit der Markt irgendwann wieder funktionieren kann. Es liegt am Einzelnen, jetzt die richtigen Weichen zu stellen.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels e.V. (BTE)
An Lyskirchen 14, 50676 Köln
Telefon: 0221/9215090, Telefax: 0221/92150910