Künstlicher Ersatz des Hüft- und Kniegelenkes ist eine Erfolgsgeschichte
(Berlin) - Der Hüft- oder Kniegelenkersatz befreit den Patienten von seinen Schmerzen und sorgt für Mobilität bis in das hohe Alter. Der Gelenkersatz wurde in der Fachzeitschrift "The Lancet" 2007 nicht umsonst als "Operation des 20. Jahrhunderts" bezeichnet.(1) Nicht zu vernachlässigen in der Diskussion um die Langlebigkeit und Qualität von Implantaten ist auch die Rolle des Patienten. Während er sich von einer künstlichen Hüfte früher hauptsächlich weniger Schmerzen erhoffte, erwartet er heute zusätzlich mehr Mobilität und damit Lebensqualität. Da viele 75-jährige Patienten heute fast genauso aktiv und sportlich wie 55-Jährige sind, muss eine Prothese mittlerweile mehr leisten als früher. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU) hin.
Während von den Prothesen, die im Jahre 1993 eingebaut wurden, noch 92 Prozent nach 10 Jahren gut funktionierten, waren dies 10 Jahre später bereits 95 Prozent. Die Haltbarkeit einer Prothese im menschlichen Körper liegt heute in einer Vielzahl der Fälle bei 20 Jahren und mehr.(2) Der Hauptgrund für den Austausch einer Prothese ist die Lockerung des Implantates. Laut internationalen Registerdaten liegt ein Implantatversagen nur in unter einem Prozent der Fälle vor.(2) Es gibt jedoch aktuell wieder Meldungen über die angeblich hohe Anzahl von Revisionseingriffen bedingt durch Produktmängel. "Produktmängel als Hauptgrund für Revisionseingriffe in den Vordergrund zu stellen, ist falsch. Die Endoprothetik ist ein sicheres Verfahren, Probleme sind die Ausnahme", sagt DGOU-Generalsekretär Professor Reinhard Hoffmann.
Circa 55 Prozent der Austauschoperationen erfolgen, weil sich die Erstprothese gelockert hat. Dies passiert, weil sich der Körper bzw. die Knochen um die Prothese herum verändern, beispielsweise durch den altersbedingten Abbau der Knochensubstanz oder durch den Abrieb zwischen den Gleitpartnern, so z. B. Kugel und Pfanne an der Hüfte. Durch ständig verbesserte Materialien sinkt das Lockerungsrisiko. "Es ist völlig natürlich, dass sich ein Implantat nach über 15 bis 30 Jahren lockert und gewechselt werden muss", sagt Professor Karl-Dieter Heller, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik, einer Sektion der DGOU.
Rund 390.000 Patienten bekommen jährlich in Deutschland ein neues Hüft- oder Kniegelenk.(3) Etwa jeder zehnte Eingriff ist eine Austauschoperation, bei der eine vorhandene Endoprothese durch eine neue ersetzt wird. "Man kann die Erstimplantationen in einem Jahr nicht in Relation zu den Austauschoperationen des gleichen Jahres setzen, da es sich bei den Austauschoperationen um Prothesen aus den Jahren, ja Jahrzehnten davor handelt", so Heller.
Professor Carsten Perka, Sprecher des Executive Committee des EPRD und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik stellt dazu klar: "Eine Prothese, die ein Leben lang hält, wird es nicht geben."(4)
Wenn auch im tiefen Promillebereich, so steht die versagende Endoprothese im Fokus der Orthopäden und Unfallchirurgen. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e.V. (DGOOC) führte gemeinsam mit Partnern aus dem Gesundheitswesen das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) ein.(5) Das Register soll zukünftig aussagekräftige Auswertungen ermöglichen: Zum Beispiel welche Prothesen in welcher Zusammensetzung auffällig häufig Folge-OPs erfordern. Damit wollen die Experten beispielsweise neu entwickelte Prothesentypen, deren Versagensrate über dem Durchschnitt liegt, schneller identifizieren. Knapp 220.000 Operationen sind inzwischen im EPRD dokumentiert. Allein 2015 wurden mehr als 140.000 endoprothetische Hüft- und Kniegelenkseingriffe in dem Register erfasst und damit etwa ein Drittel aller bundesweit durchgeführten Operationen.
Um mehr Qualität in der endoprothetischen Versorgung zu erreichen, führte die DGOOC zudem das Zertifizierungssystem EndoCert ein. "Es ist das weltweit erste Zertifizierungssystem in der Endoprothetik", sagt DGOOC-Generalsekretär Professor Bernd Kladny. Es fördert neben der Implantatsicherheit ein ganzheitliches Qualitätsverständnis in der Behandlung von Erkrankungen und Verletzungen des Hüft- und Kniegelenks. Bereits 438 deutsche Kliniken haben das Zertifizierungsverfahren EndoCert erfolgreich abgeschlossen.
Hintergrund:
Das EPRD wird finanziell, organisatorisch und mit Know-how vom Verband der Ersatzkassen (vdek), dem AOK-Bundesverband und dem Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) unterstützt. Beim Aufbau des Registers hatte sich auch die Deutsche Arthrose-Hilfe engagiert. Vom Bundesgesundheitsministerium erhielt das EPRD Fördermittel.
Als gemeinnützige GmbH und 100-prozentige Tochter der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) ist das EPRD ausschließlich wissenschaftlichen Grundsätzen verpflichtet. Transparente Prozesse sowie die Unabhängigkeit und Neutralität der Auswertungen sind wesentliche Rahmenbedingungen des EPRD.
Referenzen:
(1) The operation of the century: total hip replacement, The Lancet, Volume 370, No. 9597, p1508-1519, 27 October 2007
(2) Schwedisches Endoprothesenregister 2013
(3) Endoprothesenregister Deutschland
(4) Endoprothetik - Zwischen Anspruch und Realität, Deutsches Ärzteblatt, jg.113, Heft 3, 22. Januar 2016
(5) Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) - Statusbericht 2014 - mit Sicherheit mehr Qualität.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU)
Susanne Herda, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Straße des 17. Juni 106 - 108, 10623 Berlin
Telefon: (030) 340 60 36 00, Fax: (030) 340 60 36 01
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