Künftige Regierung muss GKV-Beitragssatzstabilisierung auf Agenda setzen
(Berlin) - Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK Dachverbandes, und Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes, kommentieren das Kapitel Gesundheit und Pflege im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD mit Blick auf die Finanzsituation in der GKV.
„CDU/CSU und SPD malen in ihrem Koalitionsvertrag ein Konjunktur-Luftschloss, das die galoppierenden Ausgaben und Sozialversicherungsbeiträge völlig negiert. Doch in den 4588 Zeilen des Koalitionsvertrages tauchen die Begriffe Lohnnebenkosten und Sozialabgaben kein einziges Mal auf. Mit Blick auf den Industrie- und Wirtschaftsstandort Deutschland und für die Bürgerinnen und Bürger ist dies fatal“, sagt Franz Knieps. „Daher muss der noch im Arbeitsgruppenpapier enthaltene Konsens für Maßnahmen zur Beitragssatzstabilisierung in der GKV zumindest im weiteren Handeln leitend sein. Ein Wegducken würde sich hingegen ebenso rächen wie eine weltpolitisch kaum einzuhaltende Wette auf ein anhaltend hohes Beschäftigungsniveau mit sprudelnden Einnahmen für die GKV.
Doch selbst wenn die Beschäftigung hoch bliebe: Im vergangenen Jahr waren so viele Menschen hierzulande in Lohn und Brot wie seit 1990 nicht mehr, und dennoch hat die Ausgabendynamik in der GKV sämtliche Einnahmezuwächse aufgefressen. So schnell wie die Ausgaben derzeit steigen, können wir die Menschen gar nicht in Arbeit bringen, damit diese wackelige Gleichung der Koalitionäre aufgeht. Deutsche Unternehmen fürchten zu hohe Arbeitskosten. Im verarbeitenden Gewerbe liegt Deutschland bei den Arbeitskosten unter den großen Exportländern bereits weit vorn. Mit jedem Prozentpunkt, um den der Beitragssatz zur Krankenversicherung steigt, müssen Arbeitgebende durchschnittlich 15 Cent mehr pro geleisteter Arbeitsstunde an Arbeitgeberbeiträgen zahlen. Bei rund 61 Milliarden geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland im Jahr 2024 kommt da einiges zusammen: insgesamt rund 9,2 Milliarden Euro“, so Knieps.
„Die Belastungen für Arbeitgeber und Bürgerinnen und Bürger müssen jetzt schnell sinken oder zumindest stabilisiert werden. Es ist für mich völlig unverständlich, warum wir eine Kommission brauchen, die auch noch bis 2027 ausloten soll, wie wir diese Finanzierungskrise unseres Gesundheitssystems lösen können. Die Betriebskrankenkassen haben bereits vor Monaten mit #rebootGKV ein Konzept zur Sanierung der GKV vorgelegt, das sofort umgesetzt werden könnte.“
Einnahmenbasierte Ausgabenpolitik ist notwendig
„Statt jedoch der Ausgabendynamik einen Riegel vorzuschieben und diese an die Einnahmenentwicklung zu binden, plant die künftige Koalition bereits neue Ausgaben zum Beispiel mit der Entbudgetierung von Fachärzten in unterversorgten Regionen, der Absenkung der Prüfquote bei Krankenhausabrechnungen, der Einführung von Bagatellgrenzen bei Regressen und einem höheren Apothekenfixum“, sagt Anne-Kathrin Klemm. „Das führt leider nicht zu spürbaren gezielten Struktur- und Versorgungsverbesserungen, einer Entbürokratisierung oder faireren Vergütungen. Immerhin: Dass die Beitragszahlenden den Umbau der Krankenhauslandschaft nun doch nicht finanzieren müssen – was ohnehin nicht verfassungsgemäß gewesen wäre – ist ein Plus. Diese zusätzliche Belastung der Beitragssätze kommt nun wohl nicht.
Notwendig sind jetzt also eine einnahmenbasierte Ausgabenpolitik und die kurzfristig greifende Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen. Dies würde Luft für strukturelle Maßnahmen schaffen, damit Einnahmen und Ausgaben langfristig nicht immer weiter auseinanderdriften. Darüber hinaus muss der Bundeszuschuss endlich dynamisiert und die Finanzierungsverantwortung für Krankenhausinvestitionen von den Ländern übernommen werden. Für Arzneimittel sowie Heil- und Hilfsmittel muss zudem ein reduzierter Mehrwertsteuersatz gelten. Mit diesem Maßnahmenpaket könnte die GKV um gut 30 Milliarden Euro jährlich entlastet werden.“
Quelle und Kontaktadresse:
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