Kuba / Inhaftierte Journalisten freilassen
(Berlin) - Reporter ohne Grenzen (RSF) ruft die kubanischen Behörden dazu auf, alle inhaftierten Journalistinnen und Journalisten freizulassen und die Pressefreiheit zu respektieren. Seit dem Beginn regierungskritischer Proteste in zahlreichen Teilen Kubas vor gut einer Woche haben die Behörden im Land die Presse- und Informationsfreiheit massiv eingeschränkt. Sie nahmen mehrere Journalistinnen und Journalisten fest und schränkten den Zugang zu den sozialen Netzwerken landesweit ein. Reporter ohne Grenzen kritisiert die unzähligen Hindernisse, die die kubanischen Behörden Medienschaffenden bei der Berichterstattung über die Proteste in den Weg legen.
"Die kubanischen Behörden müssen das Recht von Journalistinnen und Journalisten auf freie Berichterstattung über die Proteste respektieren. Nur so kann die kubanische Bevölkerung ungefiltert erfahren, was an vielen Orten des Landes vor sich geht, und ihr eigenes Recht auf freie Meinungsäußerung informiert wahrnehmen", sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. "Alle festgenommenen Medienschaffenden müssen umgehend freigelassen werden."
An Dutzenden Orten im ganzen Land gingen seit Sonntag vor einer Woche (11.07.) Tausende Menschen gegen die Regierung von Präsident Miguel Díaz-Canel auf die Straße. Dabei wurden in den ersten beiden Tagen laut Amnesty International rund 115 Personen festgenommen, unter ihnen auch mehrere regierungskritische Journalistinnen und Journalisten. Medien berichteten von rund 20 festgenommenen kubanischen Medienschaffenden an diesen beiden Tagen, unter ihnen Iris Mariño, Rolando Rodriguez Lobaina, Niober Garcia Fournier, Orelvys Cabrera sowie Camila Acosta, Korrespondentin der spanischen Tageszeitung ABC, die auch für die unabhängige Nachrichtenwebseite CubaNet arbeitet.
Acosta wurde am 12. Juli vor ihrem Wohnhaus in Havanna festgenommen, wenige Stunden nachdem sie über die Proteste in der Hauptstadt berichtet hatte. Ihr wurden "Delikte gegen die Staatssicherheit" vorgeworfen. Später durchsuchten Sicherheitskräfte ihre Wohnung und konfiszierten ihren Computer. Laut ABC war es nicht das erste Mal, dass Acosta, eine kubanische Staatsbürgerin, ins Visier der kubanischen Behörden geraten war. Das spanische Außenministerium forderte ihre sofortige Freilassung.
Während einer Live-Schalte mit der Sendung Todo es mentira des spanischen Fernsehsenders Cuatro wurde eine kubanische Youtuberin mit dem Künstlernamen Dina Stars festgenommen. Während der Sendung unterbrach sie plötzlich das Gespräch, ging zur Wohnungstür und wurde von Sicherheitskräften in ein Gespräch verwickelt. Im Video war zu sehen, wie sie anschließend mit einem Auto weggebracht wurde. Die Influencerin hatte zuvor in dem Interview das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstrierende kritisiert.
Der Fotojournalist Ramón Espinosa, der für Associated Press arbeitet, wurde am 11. Juli bei seiner Arbeit auf einer Demonstration in Havanna verletzt. Fotos zeigen ihn in einem Handgemenge mit Sicherheitskräften sowie später mit blutendem Gesicht. Laut seinem AFP-Kollegen Adalberto Roque wurde Espinosa von Polizisten "attackiert".
Zudem gaben mehrere Medienschaffende an, von den Behörden daran gehindert worden zu sein, ihr Haus zu verlassen, sodass sie nicht selbst von den Straßen berichten konnten - eine gängige Einschüchterungspraxis gegenüber Journalistinnen und Journalisten in Kuba, die immer wieder während Protesten angewandt wird.
Kurz nach Beginn der Proteste schränkten die kubanischen Behörden den Zugriff auf soziale Netzwerke und Nachrichtenplattformen massiv ein - auch das ein gängiges Mittel, um den freien Nachrichtenfluss über Demonstrationen auf der Insel einzuschränken. Laut der Londoner Organisation NetBLocks sperrte das staatliche Telekommunikationsunternehmen ETECSA zu großen Teilen den Zugang zu Facebook, WhatsApp, Instagram und einigen Telegram-Servern. Die ETECSA ist der einzige Internet-Provider in Kuba, was es der Regierung ermöglicht, die Datenverbindungen im Inland zu kontrollieren und somit die Möglichkeiten für Berichterstattung etwa über Proteste zu behindern.
Gemeinsam mit knapp 20 weiteren Nichtregierungsorganisationen sowie 10 unabhängigen kubanischen Medien hat RSF vergangene Woche die kubanische Regierung aufgefordert, von ihrer Linie abzurücken, die Rechte ihrer Kritikerinnen und Kritiker einzuschränken und Gewalt gegenüber jenen anzuheizen, die von der offiziellen Regierungslinie abweichen. Die Organisationen und Medien riefen zudem EU, UN und die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte auf, sich für eine Demokratisierung Kubas durch echten Dialog einzusetzen. Die Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Michelle Bachelet, forderte die kubanischen Behörden auf, alle inhaftierten Medienschaffenden umgehend freizulassen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Kuba auf Platz 171 von 180 Staaten. Das Land rangiert damit auf dem letzten Platz aller lateinamerikanischen Länder. RSF zählt Präsident Miguel Díaz-Canel seit diesem Jahr zu den weltweit größten "Feinden der Pressefreiheit". Mehr zur Lage der Pressefreiheit in Kuba unter www.reporter-ohne-grenzen.de/kuba
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