Kritik an Rekommunalisierung der Schulreinigung in Berlin: "Staat soll sich auf hoheitlichen Aufgaben beschränken" / Bundesinnungsmeister Thomas Dietrich im BIV-Podcast "Glanzstück"
(Berlin) - Deutschlands beschäftigungsstärkstes Handwerk lehnt die Verstaatlichungspläne der Schulreinigung in Berlin ab. Reinigung ist keine hoheitliche Aufgabe - so lautet das Plädoyer von Bundesinnungsmeister Thomas Dietrich in der aktuellen "Glanzstück"-Folge, dem Podcast des Bundesinnungsverbandes des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV). Dienstleistungsunternehmen sorgten nachweislich für die gleiche Reinigungsqualität - und das zu günstigeren Konditionen und mit höherer Flexibilität, so Dietrich.
Laut Bundesinnungsmeister Dietrich gibt es kein einziges Pro-Argument, dass Berlin künftig selbst für die Schulreinigung sorgen solle - im Gegenteil: Reinigung werde teurer und der Wettbewerb ausgebremst. Das Problem sei hausgemacht: "Städte und Kommunen schreiben nach dem Prinzip billig, billig, billig aus. Das einzige Vergabekriterium ist der Preis." Sauberer werde es, wenn Politik bereit sei, Reinigungsumfänge zu erhöhen, in Tagesreinigung zu investieren und Werkverträge mit nachweislich schlechten Dienstleistern zu kündigen. Prominenteste Fürsprecherin der Rekommunalisierung ist Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, die als SPD-Landesvorsitzende 2021 anstrebt, Berliner Bürgermeisterin zu werden. "Wenn Frau Giffey darüber nachdenken würde, das Geld, das sie mehr ausgeben möchte, den Dienstleistern zu geben, dann würden wir andere Ergebnisse haben."
Kritisch beurteilt Dietrich den Vergabemindestlohn von 12,50 Euro in Berlin für öffentliche Aufträge bzw. den ab Mai 2021 geltenden Vergabemindestlohn von 13 Euro in Brandenburg. "Tarifautonomie durch Vergabemindestlöhne zu konterkarieren, halte ich für falsch." Auch dies verhindere Wettbewerb, so der Bundesinnungsmeister. Da der Vergabemindestlohn nur bei Neuausschreibungen gelte, würden die klammen Kommunen an Bestandsverträgen festhalten. Zudem erhielten Beschäftigte in Berlin/Brandenburg für exakt die gleichen Tätigkeiten unterschiedliche Löhne. Das trage Unfrieden in die Belegschaft und Bürokratie in die Unternehmen.
In der aktuellen Diskussion um Corona-Tests durch die Wirtschaft setzt Dietrich auf Freiwilligkeit: "Die Firmeninhaber haben von sich aus großes Eigeninteresse, alles Mögliche zu tun, um ihre Mitarbeiter zu schützen." In dem Handwerk arbeiten knapp 700.000 Beschäftigte in mehr als 100.000 zum Teil kleinen und kleinsten Reinigungsobjekten/Baustellen. Kurze Einsatzzeiten an häufig wechselnden Standorten, oftmals durch geringfügig Beschäftigte am frühen Morgen oder späten Abend, sind branchentypisch. Testpflichten seien daher allein schon aus logistischer Sicht in vielen Fällen nicht praktikabel.
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