Pressemitteilung | Bitkom e.V.

Kritik am Berichtsentwurf zur EU-Elektroschrott-Richtlinie

(Hannover) - Der Umweltausschuss der EU hat die Richtlinie zum Elektroschrott in der vergangenen Woche abschließend diskutiert. Der BITKOM Bundesverband Informationstechnik, Telekommunikation und neue Medien e.V. begrüßt die Richtlinie grundsätzlich, unterstreicht allerdings seine Kritik am Berichtsentwurf für das Europäische Parlament. Drei wesentliche Punkte hebt BITKOM dabei hervor: Insbesondere die Vorschläge zu den Recycling- und Verwertungsquoten sowie zum Umsetzungszeitraum beurteilen die BITKOM-Experten als nicht realistisch. Außerdem müssten die Schlupflöcher für Internetanbieter geschlossen werden.

Seit mittlerweile fünf Jahren wird in Europa über eine Richtlinie zur Rücknahme und Entsorgung von Elektroaltgeräten verhandelt. Diese Richtlinie "Waste from Electrical and Electronical Equipment" (WEEE) nimmt inzwischen konkrete Formen an. Mitte Februar hatte der zuständige Rapporteur des Europäischen Parlaments, Karl-Heinz Florenz (MEP, CDU), seinen Berichtsentwurf zum Vorschlag der Europäischen Kommission vorgestellt. Am 19. März endete die Frist, hierzu Änderungswünsche einzureichen. Die Anträge wurden am 22. März abschließend im EU-Umweltausschuss diskutiert. Ende April darf mit der Verabschiedung des Berichts im Umweltausschuss gerechnet werden, die erste Lesung im Europäischen Parlament ist für Mai vorgesehen.

Bei einem BITKOM-Pressegespräch im Rahmen der CeBIT stellte Florenz die wichtigsten Punkte seines Berichtsentwurfs vor. BITKOM erläuterte seine Kritik an dieser Stellungnahme. Die Forderungen der Europapolitiker lassen sich aus Sicht des BITKOM in dieser Form nicht in den vorgesehenen Zeiträumen verwirklichen. Die Vorschläge orientieren sich an den existierenden, hohen Quoten der herstellereigenen Rücknahmesysteme, wo fast ausschließlich sortenreine und eher moderne Geräte aus dem gewerblichen Bereich anfallen. Mit der EU-Richtlinie soll nun aber auch die Rücknahme aus dem privaten Umfeld geregelt werden. Hierfür existieren bislang zahlreiche unterschiedliche, kommunale Systeme, die es nun zu harmonisieren und mit den herstellereigenen Rücknahmesystemen in Einklang zu bringen gilt. Hier warnt BITKOM vor einem überhasteten Vorgehen.

Unüberschaubares Sammelsurium an Elektroschrott
Auf Basis einer geteilten Verantwortung zwischen Kommunen und Herstellern bei Sammlung und Verwertung haben sich die im BITKOM organisierten Unternehmen bereit erklärt, auch jene Geräte zurückzunehmen, die bereits vor dem erwarteten Inkrafttreten der Richtlinie im Markt waren und deren Hersteller zwischenzeitlich nicht mehr existieren. Diese sogenannten "Alt-Alt-Geräte" und "Waisenprodukte" wurden selten recyclingfähig konstruiert, was ihre Verwertung nach Ansicht des BITKOM deutlich erschwert. Die Waisenprodukte bilden darüber hinaus ein nahezu unüberschaubares Sammelsurium von Elektroschrott. BITKOM schlägt daher vor, in einer Pilotphase Erfahrungen mit der Rücknahme zu sammeln und auf Basis dieser Erfahrungen realisierbare Recycling- und Verwertungsquoten festzulegen. In der Pilotphase sollen die Infrastruktur und die Entsorgungsbetriebe aufgebaut und die Bürger mit den neuen umweltgerechten Systemen vertraut gemacht werden.

Kritisch sieht BITKOM auch die Frage der Umsetzungs- und Übergangszeiten. Mit zunehmender Diskussion des Richtlinienentwurfs sind diese Fristen stetig verkürzt worden. Momentan wird eine Übergangszeit von 30 Monaten diskutiert. Damit ist die Schmerzgrenze der BITKOM-Mitglieder überschritten. In einem Land der Größe und Heterogenität Deutschlands müssen längere Übergangszeiten für den Aufbau einer verbraucherfreundlichen Infrastruktur für Sammlung, Transport, Recycling, Verwertung und Entsorgung berücksichtigt werden. Der Maßstab in dieser Frage dürfen nicht die kleinen Länder sein, postuliert der Verband.

Schlupfloch für Internetanbieter vermeiden
Dritter Kritikpunkt des BITKOM ist, dass E-Commerce-Anbieter noch nicht ausreichend in das System eingebunden sind. Auch hier ist eine einheitliche, europaweite Regelung von Nöten. BITKOM fordert, die E-Commerce-Anbieter in jenem Land, in dem sie ihre Ware physisch in den Markt bringen, in das System einzubeziehen. Hier dürfe man kein Schlupfloch für den Vertrieb via Internet bieten.

In den übrigen Punkten begrüßt der BITKOM den Berichtsentwurf des zuständigen Rapporteurs Karl-Heinz Florenz. Generell hält der deutsche ITK-Verband die Einführung einer europäischen Richtlinie für unabdingbar. Heute bilden die EU-Mitgliedsstaaten noch einen bunten Flickenteppich aus unterschiedlichsten nationalen Regelungen oder sogar gänzlich fehlenden Gesetzesvorschriften. Durch die Richtlinie erlangen die ITK-Unternehmen - vor allem solche, die international agieren - endlich die dringend notwendige Rechtssicherheit. Letztlich wird auch die Gefahr des Mülltourismus gebannt.

Ausgesprochen zufrieden ist der BITKOM auch mit dem Vorschlag, dass die Altgeräte nicht mit einer vereinheitlichten "visible fee" gekennzeichnet werden sollen. Hierdurch würde den Unternehmen der Anreiz genommen, die Vorteile aus einer recyclinggerechten Konstruktion zu nutzen. Der jetzt gefundene Weg der Integration der antizipierten Entsorgungskosten in den Verkaufspreis wirkt sich demgegenüber positiv auf die Entsorgungskosten sowie die Preisgestaltung neuer Produkte aus. Davon können dann die Industrie, die Verbraucher und die Umwelt gleichermaßen profitieren.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) Albrechtstraße 10 10117 Berlin Telefon: 030/27576-0 Telefax: 030/27576-400

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