Krise erreicht das Handwerk / Zulieferer besonders betroffen
(Stuttgart) - "Die Krise ist im Handwerk angekommen", stellt Landeshandwerkspräsident Joachim Möhrle fest. Besonders hart habe es das Zulieferhandwerk getroffen. Das ist das Ergebnis der vierteljährlichen Konjunkturumfrage des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT). Erstmals seit 2005 ist der Klimaindikator, der Lage und Erwartungen zusammenfasst, wieder in den negativen Bereich gerutscht.
Im Vergleich zur Industrie fällt der Rückgang aber moderater aus. Während der L-Bank-ifo-Index für die gewerbliche Wirtschaft im Land zuletzt einen Wert von minus 42,7 Punkten aufwies, liegt der Vergleichswert für das Handwerk bei minus 1,1 Punkten. Ein Wert, der maßgeblich durch das Minus von 27,5 Punkten im Zulieferhandwerk beeinflusst wird. Bis auf das Kfz- und das Zulieferhandwerk bewegen sich alle anderen Handwerksgruppen weiter im positiven Bereich, allerdings auf deutlich tieferem Niveau als im Frühjahr 2008.
Mehr als ein Drittel der befragten Handwerker ist mit der Geschäftslage unzufrieden, das sind 14 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Nur noch ein knappes Viertel der Handwerker im Land zeigt sich zufrieden. Die Erwartungen an das nächste Quartal sind zwar deutlich pessimistischer als noch vor einem Jahr, aber nach wie vor überwiegen die positiven Meldungen. 33 Prozent der Befragten rechnen mit guten Geschäften im nächsten Quartal, nur 21 Prozent haben schlechte Erwartungen.
Die schlechten Einschätzungen der Geschäftslage ziehen sich quer durch alle Handwerksgruppen. Am wenigsten pessimistisch zeigten sich das Gesundheitshandwerk und das Ausbauhandwerk, bei dem offensichtlich der verbesserte Steuerbonus für Handwerksleistungen und die angekündigten Konjunkturprogramme ihre Wirkung zeigten. Beim Zulieferhandwerk dagegen ist die Geschäftslage dramatisch. Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen der Geschäftslage liegt bei minus 39,5 Punkten. Noch bis ins dritte Quartal des letzten Jahres war das Zulieferhandwerk Spitzenreiter und erzielte regelmäßig die besten Lageergebnisse. Die Branche leidet ganz besonders unter dem Produktionsrückgang in der Industrie und ist daher auch die einzige Handwerksgruppe, die pessimistisch ins nächste Quartal geht. Die besten Erwartungen an das nächste Quartal hat - saisonal bedingt und mit Blick auf den zu erwartenden Schub aus den Konjunkturpaketen - das Bauhauptgewerbe.
Auch bei den harten Fakten, Auftragseingang und Umsatz, hinterlässt die Krise erste Spuren. Mittlerweile ist mehr als jeder zweite Betrieb von Auftragsrückgängen betroffen. Die stärksten Rückgänge sind wieder bei den Zulieferern zu verzeichnen. Hier melden sogar drei von vier Betrieben ein Auftragsminus im Vergleich zum Vorjahr. Von Umsatzrückgängen sind sogar rund 60 Prozent aller Betriebe betroffen. Die starken Rückgänge betrafen alle Handwerksgruppen.
Kleiner Lichtblick: Im Vergleich zum Vorjahr melden dank der staatlichen Umweltprämie, die derzeit für eine verstärkte Nachfrage nach neuen Autos sorgt, mehr Kfz-Betriebe gestiegene Umsätze.
Zurückhaltung üben die Betriebe bei der Beschäftigung. Sieben Prozent der Befragten haben im vergangenen Quartal neues Personal eingestellt (Vorjahr: 8,9 Prozent), 13 Prozent haben Mitarbeiter entlassen (Vorjahr: 9,3 Prozent). Nur noch jeder zwanzigste möchte im nächsten Quartal sein Personal aufstocken, im Vorjahr war es noch jeder zehnte. Dagegen rechnen 11,6 Prozent (Vorjahr: 6,9 Prozent) der Handwerker damit, Beschäftigte entlassen zu müssen, im Zulieferhandwerk ist es sogar jeder vierte Betrieb(Vorjahr: 3,6 Prozent).
Die Handwerker hoffen auf die Frühjahrsbelebung und die Impulse aus den Konjunkturpaketen. "Wenn Handwerksbetriebe wirklich ein Problem haben, dann ist es in der Regel ein Liquiditätsproblem", sagte Möhrle. Er forderte deshalb erneut ein Umstellen von der Soll- auf die Ist-Besteuerung der Betriebe. Denn zusammen mit den vorgezogenen Sozialabgaben stellten die Betriebe dem Staat kostenlose Kredite zur Verfügung, "um die sie selber hart kämpfen müssen, um sie überhaupt zu erhalten".
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