Krankenhausreform: Nur Länder und Partner der Selbstverwaltung kennen Situation vor Ort
(Berlin) - In der letzten Woche hatten sich Bund und Länder darauf verständigt, bei der geplanten Krankenhausreform von dem bereits in Nordrhein-Westfalen (NRW) von der Landesregierung in enger Abstimmung mit den Selbstverwaltungsorganen entwickelten Konzept auszugehen. Der Vorsitzende des Hartmannbund Landesverbandes Brandenburg, Dr. Hanjo Pohle, begrüßt die generelle Verständigung zwischen Bund und Ländern, wonach die Rolle der regionalen Akteure der Krankenhausplanung gestärkt werden soll, sieht aber noch weiteren Klärungsbedarf.
"Krankenhausplanung ist Ländersache, und das muss auch weiterhin so bleiben. Wie viel Krankenhaus wir jedoch vor Ort brauchen, auch für die Grundversorgung unserer Bürgerinnen und Bürger, können tatsächlich nur die regionalen Akteure wissen. Daher ist es gut und richtig, dass das Bundesgesundheitsministerium nun offenbar vom Gedanken zentraler Qualitätsanforderungen für die verschiedenen Versorgungslevel abrückt. Wir sehen derartige zentrale Kriterien übrigens kritisch, da immer eine gewisse Unsicherheit bleibt, ob hierbei wirklich die behauptete Verbesserung der medizinischen Versorgung im Vordergrund steht oder die ebenfalls von Ökonomen und Medizintheoretikern betonte Notwendigkeit eines effizienten Klinikbetriebs nach ökonomischen Kriterien. Qualitätsanforderungen können hier in gewisser Weise wie eine Standortschließungspolitik durch die Hintertür funktionieren: wenn man die Kriterien hoch genug ansetzt, sieht es - was politisch durchaus opportun sein kann - so aus, als ob Klinikschließungen aus rein medizinischen Gründen erfolgen, frei von jeglicher Ökonomie. Die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft in Auftrag gegebene Auswirkungsanalyse der Reformvorschläge zur Krankenhausreform zeigte zudem deutlich, dass bei einer strengen Anwendung der Leveleinteilungen aus der Empfehlung der Regierungskommission bis zu 400 Krankenhausstandorte unter den Tisch fallen würden, was entsprechend auch in Brandenburg eine Vielzahl von Krankenhäusern in der Fläche beträfe. Unsere Haltung ist klar: die Versorgungssicherheit muss im Vordergrund stehen. Das gilt selbst dann, wenn sich die qualitativ hochwertige Versorgung unserer Patientinnen und Patienten in Summe niemals sich so rechnen ließe, dass das Gesamtsystem Gesundheitsversorgung Gewinne erzielt", äußert sich Pohle.
Es sei zudem auffällig, dass im Gesundheitssystem häufig die Notwendigkeit zur Kostendämpfung zwecks Beitragsstabilität angeführt werde. Dabei müsse man sich diese Logik jedoch nicht zwangsläufig zu Eigen machen, findet Pohle: "Andere gesellschaftlich relevante Prozesse werden ohne auf die Rentabilität zu schauen mit Steuermitteln gestärkt. Für das höchste Gut eines Menschen, die Gesundheit und deren Erhalt, solle dies aber - vom Bundeszuschuss, der im Kern nicht viel mehr ist als eine Abgeltung der versicherungsfremden Leistungen, einmal abgesehen - nicht gehen. Das verstehe, wer will. Medizin gehört vor Ökonomie, das muss ohne Wenn und Aber gelten", so der Brandenburger Hartmannbund-Vorsitzende weiter.
Interessant sei zudem, zu beobachten, dass Europäische Länder in den letzten Jahren ähnliche Wege der Zentralisierung beziehungsweise Spezialisierung von Leistungen gegangen wären und nicht nur positive Erfahrungen gemacht hätten, ja sogar zum Teil wieder dezentralisierten. In Brandenburg hingegen sei im Laufe der Jahre eine gut funktionierende, bedarfsgerechte Krankenhauslandschaft entstanden, die sich an den ländlichen Gegebenheiten dieses Flächenlandes orientierte. In diesem Zusammenhang sei es auch ungewiss, ob sich die Ergebnisse aus NRW eins zu eins auf Brandenburg übertragen ließen. "Wir haben in Brandenburg keine Metropolregionen, auch ist der Anteil dünnbesiedelter Regionen in der Fläche höher", macht der Rathenower Allgemeinmediziner deutlich. Kritisch zu sehen sei auch der geplante nur teilweise Ausstieg aus den DRG. "Hier sehe ich die Gefahr, dass es weiterhin Fehlanreize zur Mengenausweitung gibt, also auch weiterhin Anreize zur Patientenaufnahme aus ökonomischen und nicht aus medizinischen Gründen. Dann würde sich das Hamsterrad, in dem sich unsere Klinikärztinnen und -ärzte sowie unser Pflegepersonal befinden, nur verstetigen und es wäre leider nichts gewonnen", so Pohle abschließend.
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