Kosovo braucht jetzt deutsche Unterstützung für Kohleausstieg und Energiewende / Studie zeigt: Umstieg der dortigen Stromversorgung auf Erneuerbare ist machbar und wäre Signal für die gesamte Region
(Berlin/Bonn) - Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch und die Balkan Green Foundation (BGF) rufen die Bundesregierung auf, den Umstieg von Kohle auf Erneuerbare Energien auf dem Westbalkan gemeinsam mit den Ländern der Region verstärkt voranzutreiben. Gegenüber dem Kosovo solle sich die Bundesregierung noch in diesem Herbst verpflichten, den notwendigen Umstieg auf Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Stromnetzentwicklung langfristig und intensiv zu unterstützen. "Die Partner im Kosovo brauchen jetzt eine starke Unterstützungszusage Deutschlands für den Umbau des Energiesystems", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. Im Herbst stehen Regierungsverhandlungen zwischen Deutschland und Kosovo zur weiteren Gestaltung der Entwicklungszusammenarbeit an.
Die Zeit drängt. Denn ohne eine solche Zusage ist laut Germanwatch die Gefahr groß, dass ein US-Investor im Kosovo ein großes Kohlekraftwerk baut. "Damit würde sich der Kosovo für weitere Jahrzehnte von der Braunkohle abhängig machen. Dies wäre völlig unvereinbar mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens und denen der Energiegemeinschaft, der auch Kosovo beigetreten ist", so Bals. "Für das Erreichen der Klimaziele müssen Deutschland und die EU die europäischen Nachbarländer deutlich intensiver bei ihren Energiewenden unterstützen."
Die von Germanwatch und der Balkan Green Foundation (Pristina/Kosovo) veröffentlichte Studie "Phasing in Renewables" (Link s.u.) zeigt: eine Energiewende im Kosovo ist trotz aktuell 97 Prozent Braunkohle im Strommix nicht nur technisch möglich, sondern auch dringend nötig. Sie wäre Teil einer vernetzten Lösung für Südosteuropa und hätte Signalwirkung für die ganze Region, die noch stark von der Kohleverstromung abhängig ist. Denn das Land hat gutes Potenzial für Wind- und Solarenergie (wie z. B. eine aktuelle IRENA-Studie zeigt) sowie ausgezeichnete Vernetzungsmöglichkeiten mit der albanischen Wasserkraft. Deutschland könnte einen wichtigen Beitrag leisten, insbesondere durch die Stärkung Erneuerbarer Energien. Das wäre die konsequente Fortsetzung der Politik des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) gegenüber der Weltbank und KfW, sich gegen den Bau des neuen Braunkohlekraftwerks zu positionieren. Durch einen boomenden Erneuerbaren-Sektor könnten auch neue Perspektiven für junge Kosovarinnen und Kosovaren geschaffen werden, um in ihrem Land zu bleiben oder in den Kosovo zurückkehren zu können. Kosovo ist in Europa eines der Länder mit der höchsten Arbeitslosigkeit (30 Prozent insgesamt, 56 Prozent bei jungen Menschen) und den schlechtesten Energieeffizienzwerten.
Nach Ansicht von Germanwatch setzen deutsche Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit in Kosovo bereits wichtige Impulse im Energiesektor. Beispielsweise gehören bei der Verbesserung der Energieeffizienz die Umsetzungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, GIZ und KfW, zu den größten Akteuren im Kosovo. Allerdings engagiert sich die Bundesregierung bisher kaum beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Zudem fehlt es an einer hochrangig ausgesprochenen langfristigen Absichtserklärung zur Energiewende-Zusammenarbeit. Christoph Bals: "Deutschland ist für den Kosovo eines der zentralen Partnerländer und hat großen Einfluss auf die Energiepolitik im Land. Den sollte die Bundesregierung jetzt nutzen und das Land auch bei den Erneuerbaren Energien deutlich intensiver unterstützen."
Die kosovarische Regierung favorisiert derzeit noch den Neubau eines Braunkohlekraftwerks - "Kosova e Re" ("Neues Kosovo"). Das höchst umstrittene Vorhaben wird von der US-Regierung unterstützt, kommt jedoch seit Jahren nicht voran. Nun hat die Weltbank ihre Zusage für die notwendigen Bürgschaften in Frage gestellt. Kosovo wendet sich darum mit Finanzierungsanfragen an verschiedene Regierungen. Auch Anfragen für Exportkreditversicherungen ("Hermes-Kredite") für deutsche Anlagentechnik liegen vor.
Quelle und Kontaktadresse:
Germanwatch e.V.
Stefan Küper, Pressesprecher
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