Konjunkturumfrage "Mittelstand 2006/2007" / Nur die Großen profitieren vom Aufschwung
(Stuttgart) - Vom Aufschwung im baden-württembergischen Mittelstand profitieren vor allem die größeren Unternehmen. Kleinere Unternehmen hinken immer noch deutlich hinterher. Durch die bevorstehende Erhöhung der Mehrwertsteuer droht der Aufschwung im ersten Halbjahr 2007 zudem ins Stocken zu geraten. So sind die Erwartungen für das kommende Halbjahr erstmalig seit zwei Jahren wieder gefallen. Besonders Einzelhändler und Handwerker sind davon betroffen. Bei den Arbeitsplätzen gibt es im Mittelstand keinen nennenswerten Abbau mehr. Auch die Investitionen haben sich weiter verbessert. Dies sind die Kernaussagen der aktuellen Konjunkturumfrage unter 1.123 Unternehmern, die der Bund der Selbständigen Baden-Württemberg (BDS) traditionell kurz vor Weihnachten durchgeführt. Fazit: Mit zunehmender Unternehmensgröße ist die Konjunkturerholung auch bei den Mittelständlern endgültig angekommen.
"Es ist erfreulich, dass insgesamt gesehen auch die kleineren und mittleren Unternehmen vom Aufschwung profitieren. Dennoch ist es bedenklich, wenn die Kleinunternehmen so deutlich hinterherhinken. Die Politik muss hier durch weiteren Bürokratieabbau und Senkung der Lohnzusatzkosten mehr für die kleinen Betriebe tun", kommentiert BDS-Präsidentin Dorothea Störr-Ritter die Ergebnisse. "Besonders erfreulich ist, dass der Mittelstand wieder sichere Arbeitsplätze bietet."
Das BDS-Mittelstandsbarometer, das die aktuelle Geschäftslage und die Geschäftserwartungen der Mittelständler zusammenfasst, erreicht nun schon im dritten Halbjahr hintereinander mit 13,6 einen positiven Wert. Im Winter des vergangenen Jahres lag der Wert noch bei "3,3", im vergangenen Sommer bei "12,9". Das Barometer steigt somit das achte Halbjahr in Folge.
- Geschäftserwartungen schlechter als die aktuelle Geschäftslage
Die aktuelle persönliche Geschäftslage wird weiterhin zunehmend positiv betrachtet: Während nur noch 15 Prozent die eigene Lage als "schlecht" bezeichneten (Vorjahr: 23 Prozent), betrachten sie immerhin knapp 36 Prozent als "gut" (Vorjahr: 26 Prozent). Die Mehrheit der Selbstständigen bewertet die persönliche Geschäftslage mit "befriedigend" (49 Prozent). Bedenklich ist, dass die Erwartungen an das kommende Halbjahr erstmals seit Sommer 2005 wieder schlechter als die aktuelle Lage beurteilt werden. Der Barometerwert für die Geschäftserwartungen ist von 15,3 im Sommer um 8,5 Punkte auf 6,8 gefallen. Das lässt auf ein schwierigeres erstes Halbjahr schließen.
Für 2007 will Störr-Ritter daher noch keine Vorhersage treffen: "Zahlreiche Unternehmen werden die Mehrwertsteuererhöhung im ersten Halbjahr deutlich spüren. Wir hoffen aber, dass die Betriebe diese unnötige Belastung im zweiten Halbjahr 2007 kompensieren können."
- Ungleiche Branchenentwicklung: Industrie boomt, Handel hinkt hinterher
Insgesamt ist die Entwicklung in den Branchen weniger einheitlich als in den vergangenen Jahren. Während die Konjunktur in der Industrie regelrecht boomt und Dienstleister und freie Berufe eine stetig ansteigende Entwicklung vermelden, sind beim Handwerk und vor allem beim Einzelhandel Rückschläge zu verzeichnen. Dabei sind die Sorgen beider Branchen vor allem auf die Zukunft gerichtet. Während die aktuelle Geschäftslage jeweils noch positiv beurteilt wird, sind die Erwartungen fürs kommende Halbjahr deutlich zurückgegangen. 32 Prozent der Händler (Handwerk: 21 Prozent) benennen die Geschäftserwartungen als "schlecht". Dem stehen nur
17 Prozent (24 Prozent) gegenüber, die gute Geschäftserwartungen haben. Die Industriebetriebe blicken auch im kommenden Halbjahr rosigen Zeiten entgegen. 54 Prozent haben gute Geschäftserwartungen, nur 9 Prozent schlechte.
- Beschäftigungsentwicklung: Mitarbeiter bleiben an Bord
Der Negativtrend bei der Personalentwicklung ist weitgehend zum Stillstand gekommen: Nur noch 12 Prozent wollen ihre Mitarbeiterzahl reduzieren (Vorjahr: 17 Prozent), wohingegen 10 Prozent neue Mitarbeiter einstellen wollen (Vorjahr: 11 Prozent). Die große Mehrheit von 78 Prozent will den jetzigen Personalbestand beibehalten. Damit steigt das BDS-Beschäftigungsbarometer von "-6,5" im Vorjahr auf "-1,8". Bei den Unternehmen zwischen 10 und 50 Mitarbeitern ist mit einem Anstieg zu rechnen, Firmen bis zu 9 Mitarbeitern planen hingegen weitere Reduzierungen der Mitarbeiter. Insgesamt wird der Mittelstand seine Personalkapazität im kommenden Jahr halten.
- Große Mehrheit rechnet nicht mit Betriebsschließungen
Auch die große Zahl an Insolvenzen gehört der Umfrage zufolge erst einmal der Vergangenheit an. Die Betriebsschließungen werden im kommenden Jahr weiter zurückgehen. Naturgemäß sind hier eher die kleineren Unternehmen gefährdet: während 19 Prozent der Einzelunternehmen eine Betriebsschließung für möglich halten, schließen die Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern eine Betriebsschließung weitgehend aus (98 Prozent).
Erfreulich ist, dass insgesamt 90 Prozent der Unter-nehmen keine Betriebsschließung erwarten (Vorjahr: 88 Prozent).
- Investitionen steigen bei größeren Mittelständlern und in der Industrie
In der Vergangenheit gab es eine deutliche Zurückhaltung der Investitionstätigkeit. Nun haben viele Unternehmen wieder Vertrauen in die Zukunft aufgebaut, entsprechend löst sich langsam auch der Investitionsstau auf. 59 Prozent der Unternehmen werden ihr Investitionsvolumen nicht verändern, bei 24 Prozent (Vorjahr: 29 Prozent) wird es verringert, rund 18 Prozent der Mittelständler planen eine Steigerung ihrer Investitionen (Vorjahr: 17 Prozent). Auch hier ist eine deutliche Unterscheidung nach Unternehmensgröße erkennbar. Mit zunehmender Unternehmensgröße steigen die Investitionen: Während 29 Prozent der Unternehmen zwischen einem und vier Mitarbeitern die Investitionen senken werden, wollen 35 Prozent der größeren Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern stärker investieren. Analog sind die Investitionsplanungen der Industriebetriebe. 36 Prozent planen steigende Investitionen, nur 6 Prozent werden ihre Investitionen senken. Von den größeren Mittelständlern ab 50 Mitarbeitern dürften damit die größten Investitionsimpulse zu erwarten sein.
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