Konjunktur in stabiler Seitwärtsbewegung
(Freiburg) - Der wvib (Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden e.V.) hat bei seinen rund 1.000 Mitgliedsunternehmen die Konjunkturdaten für das erste Halbjahr 2013 erhoben. Jedes dritte Mitglied (34%) hat sich an der Umfrage beteiligt und seine Daten zur Auswertung geschickt. Während die durchschnittlichen Zuwächse im Auftragseingang mit 1,4 Prozent noch über der Nulllinie liegen, ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr mit -1,5 Prozent zum ersten Mal seit 2009 wieder unter die Nulllinie gefallen. Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Münzer: "Die Unternehmen der Schwarzwald AG haben ein durchwachsenes erstes Halbjahr 2013 erlebt, bleiben aber für die kommenden Monate optimistisch."
Die Ergebnisse der Halbjahres-Konjunkturumfrage präsentierte der wvib in den neuen Schulungsräumen der Hecht-Contactlinsen GmbH in Au bei Freiburg. Im Unternehmernetzwerk wvib sind rund 1.000 produzierende Unternehmen mit ca. 180.000 industriellen Arbeitsplätzen und einem Umsatz von rund 32 Milliarden Euro zusammengeschlossen.
Zwei Branchen konnten in den ersten sechs Monaten Umsatzzuwächse über dem errechneten Durchschnittswert von -1,5 Prozent verbuchen: die Betrieb aus der Kunststoffindustrie verbuchten Zuwächse von +3,9 Prozent und die Metallverarbeiter von +0,4%. 44 Prozent der Firmen konnten ihre Umsätze gegenüber dem 1. Halbjahr 2012 steigern, 6 Prozent meldeten gleiche Umsatzzahlen und bei der Hälfte der Unternehmen (50%) sind die Umsätze gesunken.
Für das zweite Halbjahr rechnet ebenfalls die Hälfte der wvib-Unternehmen mit unveränderten Umsätzen, 40 Prozent erwarten Zuwächse und nur 10 Prozent befürchten, dass der Umsatz sinkt. Optimistischer als der Durchschnitt sind die Unternehmen aus dem Bereich Dienstleistungen, hier rechnen 71 Prozent mit steigenden Umsätzen von Juli bis Dezember, die Betriebe aus der Elektrotechnik/Optik mit 48 Prozent und aus dem Fahrzeugbau mit 43%. Diese Zahlen sprechen für eine stabile Seitwärtsbewegung und gute Geschäfte im zweiten Halbjahr.
Die Nachfrage im ersten Halbjahr 2013 war uneinheitlich. Manche Firmen berichteten in den letzten Monaten von Aufträgen, die eine 7 Tage Woche gefordert haben, andere erkundigten sich beim Verband nach den Regeln der Kurzarbeit. Konkret in Zahlen heißt das: 38 Prozent der befragten Unternehmen konnten zwischen Januar und Juni einen Zuwachs im Auftragseingang gegenüber dem Vorjahr verzeichnen und 39 Prozent stellen einen Rückgang fest. Die restlichen 23 Prozent der Unternehmen haben im Auftragseingang die gleichen Zahlen wie im Vorjahr errechnet. Die durchschnittlichen Zuwächse im Auftragseingang liegen im Vergleich zum 1. Halbjahr 2012 bei 1,4 Prozent und damit knapp über der Nulllinie. Dieser Wert hat sich gegenüber dem Jahresende 2012 (+0,26%) sogar leicht verbessert.
Die Auswertung der Konjunktur-Umfrage unter den wvib-Mitgliedern hat ergeben, dass fast alle Unternehmen zwischen Januar und Juni nochmal ein Plus im Auftragseingang - wenn auch ein ganz kleines - verbuchen konnten. Über den größten Zuwachs konnten sich die Betriebe aus der Sparte Fahrzeugbau mit 10,8 Prozent freuen, gefolgt von den Betrieben der industrienahen Dienstleistungen (7,3%) und dem Maschinenbau mit 2,7%. Die Kunststoffbranche musste sich mit 0,7 Prozent zufrieden geben, die Elektrotechnik/Optik mit 0,2 Prozent und einzig die Untenehmen der Metallverarbeitung hatten ein Minus vor der Zahl (-0,2%). Die Auftragslage im Verbandsgebiet ist also insgesamt ausgeglichen.
Befragt nach den Auftragseingängen in den kommenden sechs Monaten überwiegt die Zuversicht bei den Unternehmen der Schwarzwald AG. Sie wissen um ihren guten Ruf bei ausländischen Auftraggebern, der ihnen eine hohe Fertigungsqualität, große Zuverlässigkeit, marktgerechte Angebote und eine hohe Investitionsbereitschaft bescheinigt. Für das zweite Halbjahr 2013 erwarten 37 Prozent nochmal steigende Auftragseingänge (zum Vergleich im 2. Halbjahr 2012 waren dies 34%) und nur 15 Prozent rechnen mit rückläufigen Zahlen. Knapp die Hälfte der Befragten (48%) sieht sich zwischen Juli und Dezember weiter in der Seitwärtsbewegung und glaubt an stabile Auftragseingänge ohne große Schwankungen.
"Mit rund 28,9 Millionen gab es im Jahr 2012 die meisten Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten innerhalb der letzten 20 Jahre", so eine Schlagzeile aus dem Jahreswirtschaftsbericht 2013 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Der Arbeitsmarkt im Verbandsgebiet ist weitgehend leergefegt, es gibt Arbeitsplatzangebote in fast allen Branchen und die Anzahl der Bewerber auf offene Stellen sinkt.
Das belegen auch die Zahlen der wvib-Umfrage. Die gute Auslastung in der Produktion führte auch in den ersten beiden Quartalen zu weiterem Beschäftigungsaufbau. Im ersten Halbjahr 2013 haben 53 Prozent der Unternehmen zusätzliches Personal eingestellt. Die Mitgliedsunternehmen konnten von Januar bis Ende Juni nochmal rund 1.700 zusätzliche Stellen schaffen. Noch einstellungsfreudiger als der Durchschnitt waren die Firmen aus dem Fahrzeugbau und den industrienahen Dienstleistungen mit 57 Prozent und gefolgt von den Unternehmen aus dem Maschinenbau mit 56%. Auch das Personal in der Metallverarbeitung (52%) und bei den Firmen der Elektrotechnik/Optik (53%) wurde in über der Hälfte der Betriebe aufgestockt. Bei 16 Prozent der befragten wvib-Mitglieder ist die Zahl der Beschäftigten unverändert. 31 Prozent der Unternehmen mussten zwischen Januar und Juni 2013 Entlassungen vornehmen.
Wer aktuell arbeitssuchend ist, hat in der zweiten Jahreshälfte gute Chancen in einem Betrieb der Schwarzwald AG einen passenden Arbeitsplatz zu finden. Für die Zeit von Juli bis Dezember 2013 planen 21 Prozent der Firmen weitere Einstellungen. 67 Prozent wollen in der gleichen Mannschaftsstärke weiter arbeiten, nur 12 Prozent rechnen damit, im zweiten Halbjahr 2013 Personal abbauen zu müssen. Damit bleibt der Fachkräftemangel eines der aktuellen Probleme in der Region.
In der Konjunkturumfrage wird auch der Anteil der Leiharbeiter in der Belegschaft der wvib-Mitgliedsunternehmen abgefragt. Im 1. Halbjahr 2012 beschäftigen 48 Prozent der Unternehmen Leiharbeiter, in der zweiten Hälfte des Jahres 2012 waren es nur 46 Prozent und im ersten Halbjahr 2013 setzten bereits 57 Prozent der Unternehmen externe Arbeitskräfte ein, um Spitzenzeiten auszugleichen. Immer wieder erzählen Arbeitgeber von der tatkräftigen Unterstützung durch Leiharbeiter und dass dies auch immer wieder ein Chance für eine Festanstellung ist. Bei der allsafe JUNGFALK GmbH & Co. KG aus Engen verdienen Leiharbeiter sogar mehr als ihre festangestellten Kollegen. Geschäftsführer Detlef Lohmann erklärt das in seinem Buch (... und mittags geh ich heim, S. 55) so: "Eine Gesellschaft mit gesunden, selbstbewussten und selbstständig denkenden Individuen entsteht nur, wenn das Verhältnis zwischen Geben und Nehmen stimmt - gerade im Arbeitsleben. Dazu gehört auch, Mitarbeiter fair zu bezahlen. Fair heißt in diesem Fall, dass Leiharbeiter eben mehr verdienen müssen als Festangestellte, weil sie das höhere Entlassungsrisiko bewusst mittragen."
Um sich die Arbeitskräfte von morgen frühzeitig zu sichern, bleibt der industrielle Mittelstand in Baden-Württemberg auch weiter spitze in der Ausbildung. Die Umfrage bei den wvib-Mitgliedern ergab, dass 85 Prozent der Betriebe ausbilden, manche haben sogar eine Ausbildungsquote, die über 10 Prozent liegt.
Die stabile Nachfrage hat für eine fast gleich bleibend gute Auslastung in der Produktion in den vergangenen Monaten gesorgt. 3 Prozent sind von der Unterauslastung zur Überauslastung gewandert alles andere ist unverändert. Die Zahl der überausgelasteten Betriebe ist um die besagten drei Prozentpunkte von 2 Prozent (2. Halbjahr 2012) auf 5 Prozent gestiegen. 61 Prozent der Unternehmen meldeten für das erste Halbjahr 2013 weiterhin Vollauslastung wie im zweiten Halbjahr 2012. Nur noch 34 Prozent der Firmen klagten in der ersten Jahreshälfte über unterausgelastete Kapazitäten, dieser Wert lag in der Umfrage zum Jahresende 2012 noch bei 37%.
Die Entwicklung bei den Investitionen hat sich ebenfalls nur um wenige Prozentpunkte verschoben und belegt damit auch die Seitwärtsbewegung und gleichzeitig die Stabilität der Konjunkturlage.
28 Prozent der Unternehmen haben ihre Investitionen im Vergleich zum Vorjahr noch mal nach oben angepasst und gesteigert. Diese Anpassungen nahmen zum 30.06.2012 noch 31 Prozent der Befragten vor. 45 Prozent der Betriebe haben ihre Investitionen im gleichen Rahmen wie geplant durchgezogen, das waren Mitte 2012 noch 47%. 27 Prozent der Unternehmen haben ihre Investitionen in den ersten sechs Monaten nach unten anpassen müssen, dazu sahen sich in der ersten Jahreshälfte 2012 nur 22 Prozent gezwungen.
Die Investitionsquote ist mit 5 Prozent vom Umsatz im ersten Halbjahr auf einem guten Niveau, jedoch um einen Punkt gegenüber den Vorjahreswerten (zum 31.12.2012) zurückgegangen. Auch für die kommenden Monate planen die wvib-Unternehmen Investitionen und unterstreichen damit auch ihre optimistische Haltung. Rund 81 Prozent der Betriebe stellen für die zweite Jahreshälfte nochmal die gleiche Summe oder mehr für Investitionen zur Verfügung. 24 Prozent der wvib-Mitglieder wollen ihre Investitionen zum Jahresende nochmal steigern, das hatten zum 30.06.12 und 31.12.12 ähnlich viele Unternehmen (25%) geplant. 57 Prozent der Firmen planen mit dem gleichen Budget für Gebäude, neue Entwicklungen, Menschen und Maschinen, das waren im Vergleichszeitraum 2012 ebenfalls 57%. Zum 30.06.2013 haben 19 Prozent der Betriebe angegeben, dass sie bis zum Jahresende ihre Investitionen zurückfahren werden, der Vergleichswert vom 30.06.2012 lag gleich auf.
Die Auswertung zur Ertragslage hat gegenüber den Zahlen vom Vorjahr einen leichten Dämpfer erhalten. Bezeichneten zum 30.06.2012 noch
32 Prozent der Betriebe ihre Ertragslage als gut, so waren dies in den ersten sechs Monaten des Jahres 2013 nur noch 25%. 57 Prozent der Befragten meldeten befriedigende Ergebnisse für den Zeitraum von Januar und Juni 2013, im Vorjahr waren dies nur 53%. 18 Prozent der Unternehmen haben bei "Ertragslage schlecht" ihr Kreuzchen gemacht, das sind 2 Prozentpunkte mehr als zum 30.06.12.
In den 44 Chef-Erfa-Gruppen des wvib wird seit langem auch die Frage nach dem Zahlungseingang ausgewertet. Da die beiden Umfragen miteinander kombiniert wurden, kann dieser Wert ab sofort regelmäßig auch in der Pressemitteilung veröffentlicht werden. Knapp zwei Drittel der Betriebe (57%) bewerten den Zahlungseingang als gut, 40 Prozent und als befriedigend und nur 3 Prozent klagen über schlechte und damit auch schleppende Zahlungseingänge.
Soweit die Auswertung der Konjunkturdaten des ersten Halbjahres bei den wvib-Mitgliedern.
Traditionell wird die Umfrage auch immer dazu benutzt, zu einem aktuellen Thema ein Stimmungsbild einzufangen. Diesmal lautete die Frage, passend zu den Schlagworten Fachkräftemangel, Ausbildung und Demographie: "Sind Sie mit den Reformen in der Bildungspolitik (Grundschulempfehlung, Gemeinschaftsschule und Stellenkürzungen) zufrieden?"
Die überwiegende Mehrheit (61%) ist mit der Bildungspolitik im Land unzufrieden, nur 12 Prozent sind zufrieden mit dem, was sich die Politiker in Stuttgart zum Thema Bildung ausgedacht haben. Erstaunlich viele (27%) haben "weiß nicht" angekreuzt. Bedeutet das, dass die Themen Grundschulempfehlung, Gemeinschaftsschule und Stellenkürzungen noch nicht ausreichend kommuniziert und verstanden wurden?
Für den Mittelstand könnte die Neuordnung des Schulsystems bedeuten, dass es in Baden-Württemberg bald "nur noch Abiturienten" gibt und die Plätze an der Werkbank weiterhin leer bleiben. Müssen die Unternehmer der Schwarzwald AG dann Azubis und Facharbeiter aus dem Ausland importieren?
Fazit:
"Wenn die Finanzkrise nicht zurückkehrt, durchlaufen wir im Moment den tiefsten Punkt des Konjunkturzyklus in Europa. Die Unternehmen der Schwarzwald AG sind - trotz mäßiger Zahlen - zuversichtlich und hoffen, dass sich die abwartende Haltung der Marktakteure weiter abbaut", fasst Dr. Münzer den gedämpften Optimismus in der Industrie zusammen.
Quelle und Kontaktadresse:
wvib Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden e.V.
Silke von Freyberg, Mitarbeiterin, Öffentlichkeitsarbeit
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