Kommunen wollen von der EU stärkere Anerkennung ihrer Aufgaben bei der Grundversorgung der Bürger
(Berlin) - In einem Gespräch mit EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti und dessen Generaldirektor Alexander Schaub in Berlin haben die kommunalen Spitzenverbände die EU-Kommission aufgerufen, die in Deutschland bewährte starke Rolle der Kommunen bei der Grundversorgung der Bevölkerung mit Wasser, Müllabfuhr, öffentlichem Nahverkehr und anderen Dienstleistungen besonders anzuerkennen.
Andernfalls könnten die Städte, Gemeinden und Landkreise auf Dauer ihre Verpflichtung nicht mehr erfüllen, eine flächendeckende, qualitativ gute Versorgung der Bürgerinnen und Bürger zu garantieren. Gemeinwohl und Verbraucherschutz würden ins Hintertreffen geraten, warnten die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und des Deutschen Landkreistages.
Die Kommunen wiesen außerdem auf die Notwendigkeit hin, der Funktion der Sparkassen als unverzichtbare Einrichtungen für die Versorgung der mittelständischen Unternehmen mit Krediten sowie für die allgemeine Gewährleistung von Finanzinfrastruktur auch in der Fläche Rechnung zu tragen.
Die kürzlich vorgelegte Mitteilung der EU-Kommission zu den Leistungen der Daseinsvorsorge bewerteten die kommunalen Spitzenverbände als einen ersten positiven Schritt. Es sei ein wichtiger Fortschritt, dass die Kommission eingeräumt habe, dass die Marktkräfte allein nicht in der Lage sind, die Qualität der Leistungen und die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung zu garantieren. Dennoch, so die Vertreter der Kommunen, bleibe die Position der Kommission vorrangig am Wettbewerb und zu wenig am Gemeinwohl orientiert. Die Gemeinwohlverpflichtung der deutschen Kommunen müsse stärker berücksichtigt werden.
Die Städte, Gemeinden und Landkreise kritisierten, dass die Kommission mit Kontrollvorbehalten aktive Eingriffe in das deutsche Recht auf kommunale Selbstverwaltung angekündigt habe. Kommissar Monti dagegen erklärte, dass aus Sicht der Kommission dieses Recht nicht in Frage gestellt werde.
Für die Kommunen bestehe zur Zeit eine große Rechtsunsicherheit, stellten die Spitzenverbände fest. Sie sähen mit großer Sorge, dass ihre Handlungsfähigkeit, Leistungen der Grundversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger anzubieten, gefährdet sei, weil sich europäische und nationale Regelungen zum Teil widersprechen.
Orientierten sich die Kommunen und ihre Unternehmen an den Wettbewerbsvorschriften der EU und beteiligten sich wie private Unternehmen am Wettbewerb, verstießen sie damit gegen nationale Gesetze insbesondere gegen die Gemeindeordnungen der Länder. Beachteten die kommunalen Unternehmen dagegen die nationalen Gesetze, sei ihnen eine faire Teilnahme am Wettbewerb entsprechend den europäischen Vorgaben nicht möglich.
Dieses Problem könne die EU nur lösen, wenn sie dem deutschen Modell des verfassungsrechtlich garantierten Rechts auf kommunale Selbstverwaltung Rechnung trage, erklärten die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der kommunalen Spitzenverbände. So wiesen die Kommunen unter anderem auf die Möglichkeit eines verbindlichen Kriterienkatalogs hin. Dieser müsse festlegen,
- nach welchen Maßstäben dem Grundsatz der demokratischen Legitimation vor Ort für Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge Rechnung getragen werde
- welche Bereiche für einen verlässlichen Zeitraum den nicht- marktbezogenen bzw. den lokal beschränkten Tätigkeiten zugeordnet blieben.
Die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände äußerten dabei die Erwartung, dass entsprechende Vorschläge von der Kommission gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten und den in diesem Bereich der Daseinsvorsorge tätigen Gebietskörperschaften erarbeitet werden. Kommissar Monti reagierte jedoch zurückhaltend auf dieses Anliegen.
Monti erläuterte die Haltung der Kommission zu den angesprochenen Themen. Er betonte, dass die Kommission der Klärung bestehender Zweifel hohe Priorität einräume.
Für die kommunalen Spitzenverbände nahmen an dem Gespräch teil: Präsident Hajo Hoffmann und Hauptgeschäftsführer Dr. Stephan Articus, Deutscher Städtetag; Vizepräsident Meinrad Belle, MdB, und stellvertretender Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy, Deutscher Städte- und Gemeindebund; Präsident Axel Endlein und Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Henning Becker-Birck, Deutscher Landkreistag.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
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10623 Berlin
Telefon: 030/377110
Telefax: 030/37711139
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