Koalitionsvertrag: Wo bleibt die Startup-Frühphasenfinanzierung?
(Essen) - Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD enthält eine Reihe freundlicher Stichworte in Bezug auf die Startup Förderung: Gründerschutzzone, Vereinfachung notarieller Vorgänge, digitale Beurkundungsprozesse, One-Stop-Shop, bessere Ausgestaltung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung im Steuer- und Sozialversicherungsrecht, Deutschlandfonds, Zukunftsfonds, WIN-Initiative, Solvency II Novelle.
Für die Frühphasenfinanzierung, die zu 75% von Business Angels gestemmt wird, bleibt der versprochene Politikwechsel jedoch aus. Immer noch nicht wurde verstanden, dass der Züchter viele Tomatensamen ausgesät haben muss, wenn er die neuen ertragreichen Sorten auslesen will, weil man leider im frühen Stadium noch nicht erkennen kann, welches der Pflänzchen später zum Ertragsbringer werden wird. Wer hat zum Startzeitpunkt von Airbnb, Uber oder Facebook schon gewusst, dass daraus Milliarden Unternehmen werden könnten? Business Angels gehen in dieser frühen Phase der Unternehmensentwicklung das Risiko ein, Startups in breiten Maß zu finanzieren. Natürlich glaubt jeder Business Angel gute Gründe zu haben, dass sein Startup erfolgreich sein wird, wohl wissend, dass die Wahrscheinlichkeit eher dagegenspricht.
Die letzte Bundesregierung hatte diesen Mechanismus nicht im Blick und geglaubt, dass sich alles von selbst entwickelt. Bewährte Instrumente wie der „INVEST - Zuschuss für Wagniskapital“ wurden zurückgefahren oder - wie der Europäische Angel Fonds (EAF) - ganz gestrichen. Notarielle Beurkundungshindernisse wurden nicht abgeschafft und die Finanzmittel ausschließlich der Wachstumsphase der Startups vorbehalten, während der französiche Präsident Macron Business Angels zum Dinner einlädt und die Frühphasenfinanzierung in Großbritannien nachhaltig steuerlich gefördert wird.
Das hat fatale Folgen. Business Angels sind Privatpersonen und in ihrem Investitions- und Finanzierungsverhalten niemandem verpflichtet. Wenn sie keine Wertschätzung und Unterstützung sehen, können sie ihr Geld auch in anderen, weniger risikoreichen Asset-Klassen anlegen. Oder, was inzwischen viele tun, lieber im Ausland, in der Schweiz oder in den Niederlanden oder in Großbritannien investieren.
Dabei geht es nicht um große Summen, die Business Angels vom Staat erwarten. Eine Aufstockung des „INVEST-Zuschusses“ zum früheren Format läge nicht einmal im Promille-Bereich dessen, was für die Wachstumsphase vorgesehen ist, Co-Investmentfonds mit Business Angels würden in vielen Fällen sogar auf Dauer einen positiven Cash-Flow aufweisen können. Gleiches gilt für Secondary Fonds, die es ermöglichen, früher aus der Beteiligung am Startup auszusteigen und die Finanzmittel wieder neu in andere anzulegen. Die Abschaffung hinderlicher und unnötiger Beurkundungserfordernisse kostet den Staat kein Geld und gibt den Startups die Möglichkeit, Finanzmittel in die Unternehmensentwicklung zu stecken, anstatt damit teure Notariatskosten zu bezahlen. Und ein Steueraufschub, wenn Erlöse aus der Startup Finanzierung wieder in andere Startups angelegt werden, ist kein Steuerverzicht.
Die Legislaturperiode ist noch lang. Es kann also noch gehofft werden. Die Business Angels der Business Agentur Ruhr (BAAR) e.V. werden nicht locker lassen, auf die Fehlentwicklung hinzuweisen.
Quelle und Kontaktadresse:
BAND e.V. - Business Angels Deutschland, Semperstr. 51, 45138 Essen, Telefon: 0201 8941560