Koalitionsvertrag und Wiesheu im Bahn-Vorstand / Fehlstart in der Bahnpolitik
(Berlin) - Im Verkehrsteil der Koalitionsvereinbarung und im Wechsel des bisherigen bayerischen Wirtschaftsministers Otto Wiesheu in den Vorstand der Deutschen Bahn AG erkennt die Bahnexpertengruppe Bürgerbahn statt Börsenbahn einen bahnpolitischen Fehlstart. Der Text des Koalitionsvertrags wird gewissermaßen mit der Personalie Wiesheu untersetzt.
In der Koalitionsvereinbarung wird festgehalten, dass die Hochgeschwindigkeitsstrecke Nürnberg Erfurt Leipzig und eine "Referenzstrecke der Magnetschwebebahn Transrapid" gebaut werden. Edmund Stoiber konkretisierte auf dem CSU-Parteitag, dass mit letzterem die Transrapid-Verbindung vom Münchner Hauptbahnhof zum Münchner Flughafen gemeint sei. Gleichzeitig soll die Deutsche Bahn AG unter Berücksichtigung u.a. von "Kapitalmarktgesichtspunkten" an die Börse gebracht werden. Damit sprechen sich CDU/CSU und SPD für zwei extrem teure und verkehrspolitisch unsinnige Großprojekte aus. Diese Gelder werden dort fehlen, wo sie dringend benötigt werden: Bei einer Sanierung des Bahnnetzes in der Fläche. Faktisch bleibt es bei den massiven Kürzungen der Investitionen in die Schiene (um rund 20 Prozent), die die vorausgegangene rot-grüne Regierung 2004 und 2005 vollzog.
Otto Wiesheu stand als bayerischer Wirtschaftsminister immer für eine Politik ebenso prestigeträchtiger wie unsinniger Großprojekte. Es ist zu befürchten, dass er als neues Mitglied des Holding-Vorstands der DB AG diese fatale Politik fortsetzen wird.
Mit der Koalitionsvereinbarung wird das Ziel eines Börsengangs der Bahn verfolgt. Otto Wiesheu erklärte, die Frage, "ob das Netz aus der Deutschen Bahn herausgetrennt werden soll, hat sich erledigt". Offensichtlich tritt er wie Bahnchef Hartmut Mehdorn dafür ein, dass Trassen, Bahnhöfe und Bahnbetrieb als Einheit an die Börse gebracht werden. Aus Sicht von "Bürgerbahn statt Börsenbahn" ist dies die schlechteste aller Varianten eines Bahnbörsengangs: Nicht nur der Bahnverkehr, sondern auch die gesamte Bahninfrastruktur wird dann nach den Interessen privater "Heuschrecken"-Investoren gemodelt werden.
Die Große Koalition droht in der Bahnpolitik einen dreifachen Fehlstart hinzulegen: Finanziell: Mit Transrapid und der ICE-Strecke über Erfurt werden Milliarden Euro an Steuermitteln vergeudet. Der Börsengang wird wie in Großbritannien oder Schweden nach wenigen Jahren für die Steuerzahlenden finanziell negativ zu bilanzieren sein.
In Bezug auf die Arbeitsplätze: Das zu niedrige Investitionsniveau in die Schiene und der Börsengang werden zum Abbau weiterer Tausender Arbeitsplätze bei der Bahn und in der Bahntechnik führen.
Umweltpolitisch und gesellschaftlich: Mit einem Börsengang von Bahnbetrieb und Bahninfrastruktur wird ein unschätzbares Vermögen, das in den vergangenen eineinhalb Jahrhunderten von Hunderttausenden Bahnarbeitern und Bahnbeschäftigten erarbeitet und von der deutschen Bevölkerung finanziert wurde, verschleudert. Gleichzeitig wird auf diese Weise der umweltfreundliche Schienenverkehr beschleunigt reduziert.
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