Koalitionsvertrag soll Deutscher Telekom neues gesetzliches Monopol sichern / Zweistellige Milliardeninvestitionen in TK-Markt gefährdet
(Berlin) - Während in Berlin die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung laufen, bemüht sich die Deutsche Telekom AG (DTAG) weiter darum, dass im Koalitionsvertrag eine Formulierung aufgenommen wird, die ihr eine per Gesetz abgesicherte monopolartige Vormachtstellung im Breitbandmarkt ermöglichen würde. Diese Forderung der DTAG soll nun, nachdem sich am vergangenen Freitag die Mitglieder der AG Wirtschaft nicht einigen konnten, in der Chefrunde am Ende dieser Woche behandelt werden. Für das Versprechen, 3 Mrd. Euro in den Ausbau von Glasfasernetzen in den 50 größten Städten zu investieren und dadurch in den ohnehin am besten versorgten Gebieten Deutschlands High-Speed-Netze mit 50 Mbit/sec aufzubauen, fordert die DTAG einen Verzicht auf Regulierung des neu entstehenden Monopols. Da die DTAG für den geplanten Netzausbau alte Monopolnetzstrukturen nutzen wird, muss eine Regulierung unverzichtbar bleiben.
Hinzu kommt, dass für die Wettbewerber ein Ausbau mit eigenen Kabeln und der Aufbau zusätzlicher Verteilkästen in den Straßen zum Teil ökonomisch unsinnig wäre und darüber hinaus städtebaulich bedenklich. Die Verweigerung des Zugangs zum neuen Glasfaserabschnitt würde daher einen nicht aufholbaren Wettbewerbsnachteil bedeuten. Die getätigten Infrastrukturinvestitionen würden entwertet und zukünftige durch Wettbewerb ausgelöste technische Innovationen erschwert. Der Verzicht auf eine eigentlich zur Wettbewerbssicherung erforderliche Regulierung würde faktisch die Vergabe eines neuen Monopolrechtes bedeuten.
Damit setzt die neue Bundesregierung das Vertrauen der in- und ausländischen Investoren aufs Spiel, die vor allem in den Breitbandausbau seit dem Jahr 2000 bereits 10,5 Mrd. Euro gesteckt haben und im Zeitraum bis 2010 etwa 18 Mrd. Euro investieren wollten, so Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V. (VATM).
Die politische Unterstützung für den Angriff des Exmonopolisten auf die Infrastrukturanbieter erschiene umso unverständlicher, als bislang TV-Breitbandkabelnetzbetreiber, Funknetzbauer und Teilnehmernetzbetreiber gleichermaßen zu Investitionen in deutsche Breitbandnetze gedrängt worden waren.
Erst seit einem Jahr bewegt sich Deutschland dank deutlich verbesserter regulatorischer Rahmenbedingungen weg vom drittletzten Platz der EU im Breitbandwettbewerb. Selbst nach der neuesten OECD Studie liegt Deutschland allerdings noch hinter den meisten vergleichbar großen Industrienationen bei der Versorgungsdichte und weiterhin unterhalb des OECD-Durchschnitts. Grund hierfür ist das viel zu zögerliche Eingreifen der Regulierung bei der Einführung von DSL in Deutschland im Jahre 2000. Hier hatte man der DTAG - politisch gewollt - einen Vorsprung eingeräumt und damit alle Alternativtechnologien und Wettbewerber nachhaltig behindert.
Wenn wir den gleichen Fehler wie beim Start von DSL noch einmal machen und dem Marktbeherrscher auch bei VDSL Monopolgewinne zugestehen, müssen die Bürger die Folgen einer derart verfehlten Regulierungspolitik tragen. Die Konsequenz hieße 50 Mbit/sec als politisches Prestigeobjekt für wenige Bürger und weniger Wettbewerb für viele Bürger. Dabei könnte VDSL als zukunftsweisende Technologie im Wettbewerb sinnvoll eingesetzt werden. Ein nicht diskriminierender Ausbau der Netze, der weitere Innovationen nicht verhindert, wäre im wohlverstandenen Interesse des ganzen Landes. Die strategische Abschottung des Marktes hingegen wird nur ein Unternehmen bevorzugen und unseren Technologiestandort wiederum auf Jahre international zurückfallen lassen, fürchtet Jürgen Grützner.
Wie in früheren Jahren versucht die DTAG, die Politik mit Meldungen über geplanten Personalabbau unter Druck zu setzen. Nicht vergessen werden darf jedoch, dass eine Remonopolisierung des Breitbandmarktes zugleich eine Vielzahl von Arbeitsplätzen bei den großen und mittelständischen Wettbewerbsunternehmen gefährden würde. 50% der Arbeitsplätze der Zulieferindustrie werden zudem einstweilen von den Wettbewerbern gesichert, die in gleicher Höhe wie die DTAG in neue Technologien investieren.
So schaffen es die Wettbewerber dank neuester ADSL2+ Technik auch ohne Verlegen von Kabeln, die vorhandene Kupferader mit bis zu 25 Mbit/sec nutzbar zu machen, statt der bislang üblichen ein bis drei Mbit/sec. Damit werden die Übertragungsraten fast verzehnfacht. Hier sind künftig weitere Entwicklungen zu erwarten, die vorhandenen Leitungen ohne städtebauliche Eingriffe noch effizienter zu nutzen. Dies stellt eine zumindest ebenso wichtige Innovation und Investition dar. Ein einseitiger Wettbewerbsschutz zugunsten der DTAG als VDSL-Anbieter, würde zu einem gesamtwirtschaftlichen negativen Investitionssaldo führen.
Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V. - Hgst. (VATM)
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