Pressemitteilung | Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. (BVKJ)

Kinder-und Jugendärzte zum Vorhaben der Allianzversicherung, einen 24/7 Notdienst nur für privatversicherte Kinder einzurichten / BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach: "Mit uns nicht! Alle Kinder haben ein Recht auf bestmögliche medizinische Versorgung!"

(Köln) - Die Allianz Private Krankenversicherung hat angekündigt, einen Hausbesuchsdienst für privatversicherte Kinder in mehreren deutschen Großstädten einzurichten: München, Hamburg, Frankfurt, Berlin. Also nur dort, wo es sich lohnt; keineswegs in Problemregionen oder auf dem Land. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) stellt sich geschlossen gegen das Projekt.

BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach nahm heute Stellung zu dem Vorhaben:

"Der kinderärztliche Hausbesuchsnotdienst, den die Allianz gemeinsam mit Medlaneseinrichten will, ist ein Angriff auf das Recht aller Kinder auf bestmögliche medizinische Versorgung, eine "Rosinenpickerei", die wir für moralisch höchst fragwürdig halten. Gesundheit ist ein nicht-materielles Gut und keine Ware, die nur Kindern wohlhabender Eltern in für private Versicherer lukrativen Regionen zusteht. Die Allianz begründet die Einrichtung ihres Services mit überfüllten Notaufnahmen. Mit dem Hausbesuchsdienst solle die Situation in den Ambulanzen entschärft werden.Scheinheiliger gehts kaum noch. Für die Überfüllung der Notaufnahmen gibt es handfeste Gründe: Viele davon sind Folge politischer Fehler. Folglich muss die Politik handeln und dafür sorgen, dass es keine Überfüllung gibt, so dass ALLE Kinder, die nachts oder am Wochenende krank werden, zeitnah kompetente kinder-und jugendärztliche Hilfe bekommen. Damit genügend Kinder- und Jugendärzte vorhanden sind, brauchen wir u. a. mehr Medizinstudienplätze, aber auch mehr Weiterbildungsförderung, die Pädiater für eine Niederlassung motiviert.

Hausbesuche für Privatpatienten, wie sie nun die Allianz plant, ändern nichts an der Überfüllung der Notfallambulanzen. Sie sind auf jeden Fall der falsche Weg. Denn versorgen Ärzte Kinder zu Hause, können sie viel weniger Kinder pro Stunde versorgen als in einer Notfallambulanz. Je mehr Kinder-und Jugendärzte also Hausbesuche als Notdienst leisten, umso mehr Kinder-und Jugendärzte fehlen in den Notdienststellen. Das Allianz-Modell höhlt Solidarität und Gemeinsinn aus.

Wir halten den geplanten Allianz-Service aber nicht nur für moralisch bedenklich, sondern auch für medizinisch bedenklich.
Ein Hausbesuch mag in unserem Vergütungssystem gerade bei Privatversicherten lukrativ sein, stellt aber gerade in der Pädiatrie wegen der vor Ort fehlenden diagnostischen Möglichkeiten nicht die erste Wahl dar, auch wenn Eltern diesen "Service" schätzen. Aus diesem Grund machen wir bei akuten Erkrankungen in der Regel keine Hausbesuche, sondern bitten die Eltern in die Praxis bzw. nachts und am Wochenende in die Notfallambulanzen, wo eine gründliche Diagnostik gemacht werden kann.

Eltern, die den Allianz-Service buchen, sollten sich also genau überlegen, ob ihr Kind dort gut aufgehoben ist. Wir Kinder- und Jugendärzte finden: NEIN!

Quelle und Kontaktadresse:
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ) Dr. med. Hermann Josef Kahl, Pressesprecher Mielenforster Str. 2, 51069 Köln Telefon: (0221) 689090, Fax: (0221) 683204

NEWS TEILEN: