Keinerlei Konjunktur-Sorgen beim Mittelstand / Wunsch und Hoffnung auf größeren Reformwillen der Koalition
(München) - Den mittelständischen Unternehmern in Deutschland könnte es, was die wirtschaftliche Lage anbetrifft, derzeit kaum besser gehen. Dies ergab eine UMU-Umfrage zum Jahresanfang 2014, die bei mittelständischen Unternehmern in ganz Deutschland durchgeführt wurde. Danach betrachten 59,2 Prozent der antwortenden Unternehmer die Wirtschaftslage als gut, 37,2 Prozent als mäßig und nur 3,3 Prozent als schlecht.
"Dieses Ergebnis ist besser als alles, was wir bei unseren Umfragen bisher messen konnten", erklärte UMU-Präsident Hermann Sturm vor der Presse in München.
"Wir haben diese Umfrage heuer bewusst zum Jahresanfang durchgeführt, um zugleich auch die Auswirkung des Regierungswechsels mit in Betracht ziehen zu können", erklärte Sturm weiter, denn eine große Koalition, wie sie jetzt zustande gekommen ist und von der Mehrheit der Bürger gewollt war, hat sicher einen Einfluss auf dieses allgemeine Wohlbefinden der Wirtschaft".
Auch die weitere Entwicklung wird vom Mittelstand positiv gesehen. 21 Prozent glauben, dass sich die Wirtschaftslage in den nächsten neun Monaten weiter verbessern wird, 64 Prozent erwarten keine weitere Änderung. Dasselbe gilt für die Beschäftigung.
Der Optimismus im Mittelstand ist derzeit groß. Dies ergab die UMU-Umfrage bei 6.000 mittelständischen Unternehmern in ganz Deutschland. 59,2 Prozent der antwortenden Unternehmer bezeichneten die derzeitige Wirtschaftslage als gut, 37,2 Prozent als mäßig und nur 3,3 Prozent als schlecht. Das ist eine weitere Verbesserung der Zahlen gegenüber dem Vorjahr und das besten Ergebnis der letzten sieben Jahre.
Auch die weitere Entwicklung wird vom Mittelstand durchaus positiv gesehen. 21 Prozent erwarten eine weitere Verbesserung. 64 Prozent erwarten keine Änderung und nur 14,2 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung der Wirtschaftslage.
Der Stimmung entsprechend ist auch die Investitionsneigung hoch, 64,8 Prozent wollen investieren, 35,2 Prozent verneinen dies. Bei den Investitionsarten liegen die Ersatzinvestitionen mit 40,1 Prozent vor den Erweiterungsinvestitionen mit 34,4 Prozent. Rationalisierungsinvestitionen werden nach der Planung bei 15,8 Prozent liegen.
Als Haupthemmnisse der Wirtschaftsentwicklung sieht der Mittelstand zu 56,7 Prozent die Bürokratie vor den Kosten (51%) und höheren Steuern und Abgaben (34,8%). Die Sorge um eine zu geringe Nachfrage spielt mit nur noch 21,5 Prozent ebenso wie die um außenwirtschaftliche Risiken (6,9%) eine eher nachrangige Rolle.
"Wie man hier sieht, gibt es in Deutschland erheblichen Reformbedarf. Wenn nahezu 60 Prozent der Unternehmer die Bürokratie als Haupthemmnis der Wirtschaftsentwicklung ansehen, dann muss endlich mehr passieren als ein paar Formulare abzuschaffen, wie das bisher immer mal wieder geschehen ist", erklärte der UMU-Präsident.
Der Koalitionsvertrag enthalte zwar mehr als drei Seiten zum Thema Steuervereinfachung, aber große Lösungen seien nicht in Sicht. "Vorausgefüllte Steuererklärungen für alle Steuerpflichtigen bis zum Veranlagungszeitraum 2017, wie es im Koalitionsvertrag steht, sind keine Reform! Die große Koalition verfügt über eine große parlamentarische Mehrheit. Damit kann man Großes bewegen, man muss es nur wollen", sagte Sturm.
Positiv wie die Grundstimmung sind auch die Erwartungen an die gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsentwicklung. 19,4 Prozent rechnen gesamtwirtschaftlich mit einer weiter steigenden Beschäftigung, 63,2 Prozent erwarten, dass diese gleich bleibt und nur noch 17,4 Prozent rechnen mit einem Rückgang. Mit nahezu den gleichen Zahlen wartet die Umfrage für die Beschäftigung von Mitarbeitern in den mittelständischen Unternehmen auf (steigend 19,4%, gleich bleibend 68,8 Prozent und fallend 10,6%).
Nach den geplanten Neueinstellungen im eigenen Betrieb befragt, sagten 27,1 Prozent der mittelständischen Unternehmer, sie wollten neue Mitarbeiter einstellen, 14,6 Prozent wollen reduzieren und 56,3 Prozent planen keine Änderungen.
Etwa die Hälfte der Unternehmer (43,8%) gab an genügend qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen, die andere Hälfte (52,6%) beklagt sich darüber, nicht genügend solche Arbeitskräfte zu finden. Auch der vollständigen Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU steht der Mittelstand überwiegend positiv gegenüber. Sie wird von 44,9 Prozent begrüßt, 34,5 Prozent sehen das noch eher kritisch und 18,2 Prozent haben dazu noch keine eigene Meinung.
Politik und Wirtschaft: Üblicherweise führt die UMU ihre Mittelstandsumfrage zur Jahreswende durch. Da dort immer über Wirtschaftsentwicklung und aktuelle Themen der Politik gefragt wird, wurde die Umfrage wegen der schleppenden Regierungsbildung ins neue Jahr verschoben. Innenpolitisch wurden in der vorherigen Wahlperiode viele angekündigte Maßnahmen nicht, oder nur teilweise realisiert und Versprechungen nicht eingehalten.
Den vollmundigen Bekenntnissen der Kanzlerin zur Regulierung der Finanzmärkte sind zaghafte Schritte und das meist nur auf europäischer Ebene gefolgt. "Während Merkel bei der Energiepolitik den Mut zum Alleingang zeigte und nun sicher das Eine oder Andere übertreibt, fehlt ihr für den gleichen Schritt zur Regulierung der Finanzmärkte der Mut eine deutsche Vorreiterrolle zu übernehmen", sagte Sturm.
Das Thema schaffte es aber immerhin auf zwei feuilletonistische Seiten im Koalitionsvertrag. Die notwendige Politik der Bundesregierung werde dort jedoch wieder nach Europa verschoben.
Selbst die SPD habe es nicht geschafft, ihr Wahlkampfthema "verbindliche Regelungen zur Festsetzung der Kontokorrentkredite", im Koalitionsvertrag unterzubringen, so der UMU-Präsident. Der Mittelstand fordert genau das in der Umfrage zu 72,1 Prozent.
Beim Handlungsbedarf der Politik steht die Steuerpolitik in der Rangreihe von Finanz-, Steuer-, Sozial- und Beschäftigungspolitik auf Rang 1, gefolgt von der Finanzpolitik und der Sozialpolitik. "Vor allem in der Steuerpolitik gibt es einen erheblichen Reformstau. Obwohl vernünftige Reformmodelle vorliegen, wie z.B. das Steuermodell von Prof. Paul Kirchhof und führenden deutschen Steuerexperten, geht nichts voran", bemängelte der UMU-Präsident. Das gelte auch für die Sozialpolitik, wo außer Reparaturarbeiten am krankenden System in Sachen umfassende Reform nichts vorangeht. Für ein nachhaltiges Sozialversicherungssystem, das auch künftigen Rentnergenerationen noch ein Auskommen ermöglicht, fehlt aber der GroKo der Mut. "160 Milliarden Belastung bis 2030 durch die geplanten Änderungen im Rentensystem sind eine Bedrohung für unsere Kinder", so Sturm.
Energiewende: Bei der Energiewende ist inzwischen der Alltag eingekehrt. Vieles, was in der Hektik des Umbruchs sinnvoll schien, hat sich als längerfristig nicht tragfähig und/oder finanzierbar erwiesen. Der Koalitionsvertrag sieht deshalb vor, die Förderung von Windkraft und Fotovoltaik zurückzufahren. Das halten 64,4 Prozent der mittelständischen Unternehmer für richtig, 29,9 Prozent lehnen es ab. Nur 27,1 Prozent gaben an davon betroffen zu sein.
Kritisiert wird weiter, dass energieintensive Betriebe nach wie vor von Umlagen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) befreit sind. 55,9 Prozent der antwortenden Unternehmer halten das für nicht richtig. 32,4 Prozent sind anderer Meinung.
Obwohl der Mittelstand der Energiewende grundsätzlich positiv gegenüber steht, wird davor gewarnt deren Kosten auf die Strompreise umzulegen. Steigende Strompreise könnten Arbeitsplätze gefährden. Deshalb fordert der Mittelstand zu 57,1 Prozent die Energiewende ggf. bis 2026 zu strecken, um die Maßnahme weicher abzufedern. Eine gelingende Energiewende ist nur im Europäischen Konsens sinnvoll und möglich.
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik: Mindestlöhne sind kein Thema mehr, sie stehen im Koalitionsvertrag und werden kommen. 72,1 Prozent der Unternehmer sind davon nicht betroffen, 19,4 Prozent sind das sehr wohl. Aus diesem Kreis meinen 25 Prozent, sie seien u.U. gezwungen Arbeitsplätze abzubauen. 52,1 Prozent erwarten das jedoch nicht.
Nachdem die große Koalition die Rente mit 67 wieder in Frage gestellt hat und nach 45 Beitragsjahren die volle Altersrente mit 63 gewähren will, sind Fragen zum Rentenalter aufgetaucht.
Die mittelständischen Unternehmen treten für folgende Altersrente ein:
Rente mit 67: 49,8%, Rente mit 63 bis 65: 42,9 Prozent und Rente mit 70: 7,3%.
Weil die Rentenkasse voll ist, soll die Mütterrente aus Rentenversicherungsbeiträgen bezahlt werden, obwohl das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die alle Bürger betrifft.
Dadurch können die Rentenversicherungsbeiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht wie vorgesehen zum 01.01.14 gesenkt werden. 51,8 Prozent der mittelständischen Unternehmer halten das für falsch. 42,5 Prozent befürworten jedoch diese Lösung der Koalition.
Der Kurs der Parteien: Die Karten sind neu gemischt - es gibt andere Regierungsparteien. Auf die Frage "Wie beurteilen Sie den Kurs von CDU/CSU und SPD?", hat die CDU ihr Ergebnis bei der Note "gut" um rund 10 Prozentpunkte auf 43,7 Prozent (i.V. 53,1%) verschlechtert. Auch die CSU musste mit 31,2 Prozent gegenüber 34,6 Prozent i.V. Einbußen hinnehmen. Die SPD, nunmehr nicht Opposition, wird zum Einstieg zu 12,1 Prozent als "gut" bewertet. In der Oppositionszeit kam sie zuletzt auf 15,8 Prozent "gut", es war aber auch schon deutlich weniger.
Trösten kann sich die FDP, nun nicht mehr im Bundestag, denn auf die Frage "Brauchen wir die FDP im Bundestag?" antworteten 62,7 Prozent der Unternehmer mit "ja".
"Opposition ist Mist", sagte einst Franz Müntefering von der SPD. Dem kann zugestimmt werden, vor allem, wenn die Opposition einer solchen Übermacht gegenüber steht wie der großen Koalition. Dennoch, die Linke profitiert von ihrer neuen Rolle als Oppositionsführerin im Bundestag. Heute bewerten immerhin 6,1 Prozent der mittelständischen Unternehmer die Linke als "gut". Früher waren das bestenfalls 2,7 Prozent. "Die Grünen" kommen dagegen auf 16,2 Prozent "gut", etwas weniger als im Vorjahr (21%).
Für den Fall, dass die GroKo schief geht, bieten sich inzwischen weitere politische Konstellationen an. Die vorstellbare Alternative rot-rot-grün wird von 83,8 Prozent der Unternehmer abgelehnt, aber auch einer schwarz-grünen Koalition gehört nicht die Liebe des Mittelstandes. Nur 31,2 Prozent könnten sich dafür erwärmen, 53,4 Prozent lehnen sie ab.
Quelle und Kontaktadresse:
Union mittelständischer Unternehmen e.V. (UMU)
Pressestelle
Edelsbergstr. 8, 80686 München
Telefon: (089) 570070, Fax: (089) 57007260
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