Kassen fordern Honorare von ausgestiegenen Kieferorthopäden zurück / Absurdistan in Niedersachsen
(Berlin) - Die Bundesvorsitzende des Berufsverbandes der deutschen Kieferorthopäden (BDK), Dr. Gundi Mindermann, bezeichnet die Honorarrückforderungen der Krankenkassen als `Absurdistan in Niedersachen´, der Anspruch sei unzulässig.
Zum Hintergrund: Ein Drittel der niedersächsischen Kieferorthopädinnen und Kieferorthopäden hatte in den vergangenen Jahren einen schweren Konflikt mit der Politik um die Entwicklung im Gesundheitswesen. Die Kieferorthopäden sahen einen Ausstieg aus dem GKV-System als einzig qualitätssichernde Lösung an. Daraus entwickelte sich ein lang anhaltender Rechtsstreit mit den Krankenkassen.
Im Verlauf der Auseinandersetzung versuchten die Krankenkassen intensiv, die Patienten der Aussteiger-Kieferorthopäden zu einem Praxiswechsel hin zu Nicht-Aussteigern zu überreden. Dies war auch deshalb erfolglos, weil es an einer ausreichenden Anzahl solcher Praxen mangelte. Um die Versorgung der Patienten sicherzustellen, standen die Aussteiger ihren Patienten jedoch in der ganzen Zeit der Auseinandersetzung als Behandler zur Verfügung und behandelten die Patienten zu einem gesetzlich festgelegten Nothonorar, welches weit unter dem normalen Kassenhonorar lag. Dr. Gundi Mindermann: Die Kieferorthopäden legten ihre fachlichen Auswertungen zur Behandlung ihrer Patienten den Kassen vor, in den meisten Fällen wurden diese Behandlungspläne vom medizinischen Dienst der Krankenkassen geprüft und befürwortet. Fachlich bestand dringendster Behandlungsbedarf, und die Behandlung duldete meist keinen Aufschub. Die betroffenen Kieferorthopäden behandelten zu einem sog. Strafhonorar, weit unter dem Kassenhonorar. Jetzt wollen die Krankenkassen auch noch dieses Strafhonorar zurückfordern. Die Krankenkassen haben die Mitgliedsbeiträge voll vereinnahmt - wollen aber jetzt für die notwendigen und bereits auch zur Zufriedenheit durchgeführten Behandlungen der Mitglieds-Kinder rein gar nichts bezahlen.
Behandlung genehmigt Bezahlung verweigert
Die Krankenkassen berufen sich bei Ihrer aktuellen Aufforderung nach Rückzahlung von Behandlungshonoraren aus den Jahren 2004 bis 2007 an 17 niedersächsische Kieferorthopäden auf ein Urteil des Bundessozialgerichtes. Der dort verneinte Zahlungsanspruch der ausgestiegenen Kieferorthopäden gegen die Krankenkassen stellt jedoch keine Grundlage für Rückforderungsansprüche für bereits geleistete und bezahlte Behandlungen dar. Das BSG stellte darüberhinaus klar, dass Behandlungen in unaufschiebbaren Fällen bei Fehlen gleich qualifizierter fachärztlicher Behandlungsmöglichkeiten zu honorieren sind.
Dr. Mindermann: Das bedeutet: In allen Fällen, in denen ein fachgerechter Behandlungsplan erstellt wurde, war auch die medizinische Notwendigkeit der Behandlung festgestellt worden. In vielen Fällen hatte das sogar der krankenkasseneigene medizinische Dienst bestätigt. Jetzt wollen die Kassen sogar in diesen ganz eindeutigen Fällen noch das Honorar zurück haben.
Zeitpunkt der Pressekampagne als Warnung an die bayerischen Hausärzte
Die Kieferorthopäden hätten, so Dr. Mindermann, ohne Murren die Kinder zu einem weit abgesenkten Honorar behandelt, um ihren Konflikt mit den Kassen nicht auf dem Rücken der Kinder auszutragen. Das Honorarrückforderungs-Ansinnen sei eindeutig ein erneuter unsachlicher Angriff auf die Kieferorthopäden und stehe offensichtlich in Zusammenhang mit den Ausstiegsdrohungen und Ärzteprotesten der bayerischen Hausärzte. Man wolle an die dortigen Ärzte wohl das Signal übermitteln, dass sie bei ihrem geplanten Ausstieg mit Schwierigkeiten rechnen müssen.
Politik zum Einschreiten aufgerufen
Die Bundesvorsitzende des BDK weist die Honorar-Rückforderungen der Krankenkassen zurück. Das Ansinnen der Krankenkassen gefährde die weitere Versorgung der Versicherten. Noch im vergangenen November hatte Dr. Mindermann in einem Gespräch mit der niedersächsischen Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann auf ungerechtfertigte Ansprüche der Krankenkassen hingewiesen und die Botschaft aus dem Ministerium mitgenommen, dies seien bedauerliche Einzelfälle. Dr. Mindermann: Von Einzelfällen kann nun nicht mehr die Rede sein. Wir erwarten, dass die Politik die unzulässigen Forderungen der Krankenkassen in die Schranken weist.
Quelle und Kontaktadresse:
Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden (BDK)
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