Karlsruhe fällt Urteil über Zulässigkeit von Schock-Werbung
(Karlsruhe) - Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) hat das heute vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gefällte Urteil im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Schock-Werbung des italienischen Bekleidungsunternehmens Benetton als "richtungsweisend in vielen Teilen der Begründung" begrüßt.
Vor allem sieht sich die deutsche Werbebranche in ihrer Auffassung bestätigt, dass Werbung durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt sei, wie es jetzt sinngemäß aus der Karlsruher Entscheidung hervorgehe. Befürworter von Werbeverboten hätten es künftig noch schwerer, dieses Recht auf Meinungsfreiheit zu torpedieren, so ein ZAW-Sprecher heute in Karlsruhe.
Die deutschen Verfassungsrichter seien einer Richtung gefolgt, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits in mehreren Urteilen in den vergangenen Jahren eingeschlagen hatte. Danach müsse der lebenskompetente, umworbene Bürger bei der rechtlichen Beurteilung einer Werbemaßnahme zu Grunde gelegt werden und nicht die Minderheit von unbedarften Konsumenten. "Das deutsche Werberecht steht damit auf europäischem Niveau."
Indem Karlsruhe den Spielraum für das Zumutbare in Werbebildern weiter auseinander gezogen habe, wachse die Bedeutung der Konsumenten als Werbekritiker und die Rolle des vom ZAW bereits 1972 gegründeten Deutschen Werberats als Konfliktregler zwischen werbenden Firmen und Umworbenen.
Wenn kommerzielle Interessen beispielsweise unter Umweltschutz, Rettung der Welt und Sozialarbeit verkleidet würden, dann müssten werbende Firmen mit dem aufgeklärten und selbstbewussten Konsumenten rechnen. Das Unternehmen Benetton hatte dies in Deutschland durch Verlust von Marktanteilen und infolge dessen mit Geschäftsaufgaben zu spüren bekommen.
"Der Spielraum der Werbung endet nicht an der rechtlichen Grenze, sondern vorher", so ein Sprecher des Werberats in Bonn. Für die Arbeit des Gremiums sei auch künftig nicht entscheidend, was rechtlich erlaubt und was verboten ist, sondern worauf man als Werbender aus Mitverantwortung für die Gefühle der Umworbenen freiwillig verzichte.
"Schamloser Realismus kann Missbrauch der Werbefreiheit sein." Überrumpelungsversuche seitens der Werbung mit dem Psychotrick der Provokation zahlten sich nicht aus. Die Abwehrmechanismen bei den Konsumenten bis hin zur Ablehnung des umworbenen Produkts dürften nicht unterschätzt werden. Die Grundlage aller Kommunikation sei Sympathie. Es sei betriebswirtschaftlich kurzsichtig, die Käufergruppen in zwei Lager zu spalten: in Befürworter und Gegner von Werbung.
Der ZAW geht davon aus, dass einige werbende Firmen den erweiterten rechtlichen Spielraum austesten werden. Dies könnte zu verstärkter Kritik aus der Bevölkerung und damit zu mehr Beschwerden beim Deutschen Werberat führen. Ähnlich wie nach der Freigabe der vergleichenden Werbung durch eine Europäische Richtlinie sei aber lediglich mit einem Strohfeuer von provokanter Werbung zu rechnen: "Wer mit dem Werbehammer um sich schlägt, trifft meist sich selbst", so der ZAW-Sprecher.
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