Kabeldiebstähle in der Gesteinsindustrie / Betroffenheit in Millionenhöhe
(Köln) - Mit steigender Tendenz werden Betriebe der mineralischen Rohstoffindustrie von Kabeldieben heimgesucht. Ihre häufig einsame Lage, die schwer zu überwachende Großflächigkeit und die Länge der erforderlichen Stromversorgungsleitungen machen sie zu einem idealen Ziel für ungebetene Besucher, die auf illegale Art an den attraktiven Preisen für Buntmetalle partizipieren wollen. So sind Kabeldiebstähle heute kaum noch zu erträglichen Preisen versicherbar. Auch der Diebstahlschutz ist kompliziert. Fast jedes Werk braucht eine individuelle Anpassung. Das jedenfalls ergab eine Umfrage des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe (MIRO) in diesem Jahr.
Auf die Umfrage zum Thema Kabelklau antworteten 28 Unternehmen. Drei davon meldeten, nicht von Kabeldiebstahl betroffen zu sein, bei den übrigen 25 wurden von 2009 bis Juni 2012 insgesamt 76 Kabeldiebstahlereignisse registriert. Dabei schlugen die Diebe in den unterschiedlichsten Größenordnungen zu.
Eine Unternehmensgruppe wurde zehnmal von Kabeldieben heimgesucht und gab eine Sammelmeldung für mehrere Betriebe ab, wobei sich der Gesamtschaden gemessen an der Häufigkeit mit 20.000 Euro pro Ereignis fast noch in verkraftbaren Grenzen hielt. Hart getroffen hat es einen Mittelständler in Sachsen-Anhalt, der im Zeitraum acht Kabeldiebstähle zur Anzeige bringen und eine Schadenssumme im bereits sechsstelligen Bereich bewältigen musste. Sechs Diebstahlereignisse mit einem Gesamtschaden von 270.000 Euro und einen Kabelwiederbeschaffungs- und Installationswert von 180.000 Euro verzeichnete ein größeres mittelständisches Rohstoff-Unternehmen aus Bayern und erreichte damit einen traurigen Schadensrekord. Neben dem monetären Schaden schlugen bei ihm rund 80 Ausfalltage für Wiederbeschaffung und Reparaturen zu Buche.
Dass die Anzahl der Ereignisse höchst frustrierend ist und viele Verantwortliche nur schwer in den Schlaf finden lässt, bestätigt ein Geschäftsführer aus Thüringen, der ebenfalls achtmal Kabeldiebe "zu Besuch" hatte. Andererseits zeigt ein Beispiel, dass es die Diebe schaffen, auch mit nur zwei Übergriffen bereits 60 Ausfalltage und eine Schadenssumme von 200.000 Euro zu generieren. Nicht selten verschwindet pro Aktion gleich ein ganzer Kilometer Kabel. In Einzelfällen geben sich die Diebe auch schon mal mit zehn Metern Kabel zufrieden, doch das scheint eher die Ausnahme zu sein.
Alles in allem addierte sich der gemeldete Gesamtschaden allein bei diesen 25 Unternehmen auf über 1,6 Mio. Euro in nur zweieinhalb Jahren. Entwendet wurden dabei mehr als 24 km Kabel. Heruntergebrochen auf einzelne Unternehmen entspricht das einem Diebstahlereignis pro Jahr mit knapp sieben Ausfalltagen für Neubeschaffung und Installation sowie 14 Ausfalltagen für das Werk insgesamt. Pro Werk wurden im Durchschnitt 980 m Kabel zu Diebesgut, wobei sich die Kosten für Wiederbeschaffung und Installation auf etwa 42.000 Euro und der Gesamtschaden pro Werk auf 64.000 Euro addierte.
Wessen Freund und wessen Helfer?
Jedes der Unternehmen hatte die Diebstähle zur Anzeige gebracht. Nur sechs sind der Meinung, dass die Polizei diese Anzeigen mit angemessenem Einsatz verfolgte. In einigen Fällen wurden die Täter tatsächlich gefasst. Kein einziger aber muss sich einer harten Bestrafung stellen. Selbst in einem Fall, wo die Indizienkette von Anfang bis Ende lückenlos schien, entschied das Gericht mangels Beweis auf Freispruch. Eine Geldstrafe von 1000 Euro scheint noch die härteste Strafe zu sein, die ein überführter Kabeldieb zu befürchten hat. Dabei überschlägt er bei der Urteilsverkündung sicher schon in Gedanken, dass die nächsten vier Meter Kabel genügen werden, um diesen "Schaden" wieder wett zu machen.
Wen aber schert der Schaden der Unternehmen? Zehn der Betroffenen verfügten über eine Versicherung, die Kabeldiebstähle einschloss. Von diesen zehn gaben nur zwei an, dass der Schadensausgleich ihren Erwartungen entsprach. Auch spannend ist der Zeitwertausgleich. Wer hätte gedacht, dass ein Kupferkabel de facto mit der Zeit an Wert verliert, wo die Diebe das doch genau andersherum sehen.
Wie aber schützt sich der verantwortungsvolle Unternehmer selbst? Auf der Rangliste der gewählten "Selbstschutzsysteme" steht die Erdverlegung in ordentlicher Tiefe inklusive verschiedener Befestigungssysteme, mit denen die Diebe so nicht rechnen, ganz oben. Meistens wird der mechanische Schutz zusätzlich um Alarmsysteme und visuelle Überwachungseinrichtungen ergänzt. Es gibt einige Spezialisten, die hier Lösungen anbieten, bei vielen kleineren Unternehmen entwickeln die elektrisch geschulten Verantwortlichen auch selbst Systeme nach "Marke Eigenbau". Das ist den meisten Betroffenen lieber und vertrauenswürdiger, als etwas zu kaufen, worüber sich auch ein Dieb ohne große Umstände informieren kann. In vielen Unternehmen sollen Videokameras zusammen mit anderen Schutzmaßnahmen die gröbsten Schäden verhindern. Da Kameras mit Bewegungsmelder beim Absetzen ihrer Warnungen nicht zwischen Dieb und Wildtier unterscheiden, ist dieser Schutz aber weder nervenschonend noch langzeittauglich. Ungewollte Spannungsunterbrechungen als Meldegröße zu benutzen und beispielsweise mit Erdungsrelais plus GSM zu arbeiten, bewährt sich besser. Einige Unternehmen habe es geschafft, mit ihrem Schutzsystem (bisher) weitere Diebstahlereignisse zu vermeiden, geben ihre Lösung aber ungern öffentlich preis. Weit offener gehen Sie mit den Selbstschutzszenarien um, von denen möglichst viele potenzielle Diebe Wind bekommen sollen. Fast alle Betroffenen haben nämlich entweder Wachdienste für nächtliche Kontrollen des Geländes geordert, oder patrollieren im Rotationsverfahren mit ihren Belegschaften selbst. "Vorsorge durch achtsames Personal und Kontrollfahrten sind am besten und bringen mehr, als wir anfangs gedacht haben.", gibt ein Unternehmer in seiner Rückmeldung zu Protokoll. Schwierig wird die Situation bei sehr großen Gewinnungsstätten, die sich einer lückenlosen Überwachung schon durch ihren Umfang entziehen.
Was bleibt zu tun?
Im Grunde müsste der Gesetzgeber konsequenter handeln. Das fordert die Mehrzahl der Betroffenen. Da der Bundesfinanzminister aber neben Dieben und Schrotthändlern, denen von einigen Betroffenen mafiöse Strukturen im erprobten Zusammenspiel unterstellt werden, über eine seltsame Mehrwertsteuerregelung für den Schrotthandel selbst mit am Kabelklau verdient, werden verstärkte Polizeiaufmerksamkeit und höhere Strafen ein frommer Wunsch der Betroffenen bleiben. Von Fall zu Fall lohnt es sich möglicherweise, direkt auf die nächst erreichbaren Schrotthändler zuzugehen und ihnen die Situation zu erklären. Auch schadet es sicher nicht, andere Anrainer für das Problem Kabelklau in Betrieben der mineralischen Rohstoffindustrie zu sensibilisieren. So wird vielleicht das nächste Jahr ohne Kabelklau dank kollektiver Achtsamkeit eines, in dem sich die örtlichen Vereine über großzügigere Spenden der Unternehmen freuen dürfen. Da es für die Unternehmen dennoch schwer bleiben wird, freistehende Anlagenteile vor Kabeldiebstählen zu schützen, stellen betroffene Betriebe, wo immer es technisch machbar ist, bei Neuverkabelungen auf die weniger begehrten und günstigeren Aluminiumkabel um.
Die Ergebnisse der Betroffenheitsbefragung stellen nur die oberste Spitze des Eisberges dar, denn mittlerweile ist bekannt, dass die meisten Unternehmen der mineralischen Rohstoffindustrie im Fokus von Dieben stehen. Bleibt das Kabel verschont, dann sorgt die Dieseltankstelle für Begehrlichkeiten anders spezialisierter Langfinger.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO)
Professor Ulrich Hahn, Hauptgeschäftsführer
Annastr. 67-71, 50968 Köln
Telefon: (0221) 934674-60, Telefax: (0221) 934674-64