Jung und Alt bewegt Demenz
(Berlin) - Die Alzheimer-Krankheit und mit ihr andere Demenzen sind eine Herausforderung nicht nur für die von der Diagnose Demenz betroffenen Menschen und ihre Angehörigen, sondern wegen des hohen und langen Pflegeaufwandes auch für unsere solidarisch finanzierten sozialen Sicherungssysteme. Die Zahl der Erkrankten nimmt zu, und die Zeit drängt. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, mit mehr Erkrankten und immer weniger personellen und finanziellen Ressourcen, werden die Demenzen zu einer der größten Belastungen für das
Gesundheits- und Sozialwesen nicht nur in Deutschland.
"Bislang gibt es kein Medikament, das die Alzheimer-Krankheit heilen kann. Irgendwann wird eine wirksame Therapie zur Verfügung stehen", so Frau Prof. Isabella Heuser, Berlin, vom Vorstand der Hirnliga e. V.
"Die Forschung geht intensiv voran und es gibt vielversprechende Ergebnisse, aber auch Ernüchterungen, so ist etwa die Euphorie über eine baldig verfügbare ursachenbezogene Behandlung verflogen. Als Forscher können wir nur immer wieder dringend empfehlen, alle heute schon vorhandenen Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung zu nutzen. Es ist bekannt, dass beispielsweise die Behandlung von Diabetes und Bluthochdruck das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, senkt.
Neue Untersuchungen zeigen, dass die Zunahme der Erkrankungen in manchen Ländern nicht mehr so groß ist wie erwartet. Grund dafür scheint eine bessere Lebensweise mit besserer Ernährung (z.B. mediterrane Kost) und mehr Bewegung zu sein. Damit wird auch die Forderung nach einer frühzeitigen Diagnose und somit rechtzeitigem Beginn der Demenz-Therapie erhärtet", so Prof. Heuser weiter. Dabei sollen Medikamente, nichtmedikamentöse Therapien und pflegerische Maßnahmen in einem therapeutischen Gesamtkonzept eingesetzt werden. Die Therapien bewirken eine Verlangsamung der Krankheitsentwicklung und ermöglichen den Betroffenen und ihren Angehörigen, über einen längeren Zeitraum in Selbstbestimmung und Würde zu leben.
"Die Konsequenzen des demographischen Wandels fordern kluge und langfristig angelegte Lösungen. Besonders ältere Patienten mit psychischen Erkrankungen wie etwa Depression und die sehr versorgungsintensive Alzheimer-Krankheit stellen große Herausforderungen dar. Die Gerontopsychiatrie verfügt dafür über die notwendige Erfahrung und vielfältige Kompetenzen. Leider findet sie in Deutschland nicht die Anerkennung wie in anderen Ländern. Während in Großbritannien einem Gerontopsychiater etwa 650 ältere Patienten gegenüber stehen, sind es bei uns 13.000, bei konservativer Schätzung." So Prof. Hans Gutzmann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie.
Besser als im Bericht an die Gesundheitsministerkonferenz der Länder 2012 kann diese Notwendigkeit kaum formuliert werden: "Um auch in Zukunft mit den internationalen Entwicklungen Schritt halten zu können, ist fu?r die adäquate und kompetente Versorgung psychisch kranker älterer Menschen in Deutschland der Aufbau eines Schwerpunkts Gerontopsychiatrie im nervenärztlichen Fächerkanon dringend geboten."
Gutzmann betont: "Wir brauchen aber nicht nur in der Psychiatrie eine Spezialisierung , wir brauchen auch eine bessere gerontopsychiatrische Ausbildung aller Ärzte, die ältere Menschen behandeln, denn die meisten gerontopsychiatrischen Patienten werden auch in Zukunft hausärztlich versorgt werden. Stichworte sind hier die Erhöhung der diagnostischen Trefferquote, besonders bei Demenzerkrankungen, eine ausgewogene Therapie angesichts der oft vorhandenen Multimorbidität und die kooperationsfreudige Navigation in Versorgungsnetzwerken."
Großer Bedarf besteht weiterhin auch an individuell passenden Angeboten zur Unterstützung und Versorgung von Menschen mit Demenz und zur Entlastung ihrer Angehörigen. "Wir begrüßen die Neudefinition von Pflegebedürftigkeit, die mit dem Pflegestärkungsgesetz II jetzt eingeführt wird", erklärt Monika Kaus, 1. Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. "Wichtig wird nun sein, dass die Veränderungen sich auch in der Praxis wiederfinden, dass ein deutlicher Qualitätssprung stattfindet in der ambulanten und in der stationären Versorgung von Menschen mit Demenz. Zentral ist es hierbei, die Fähigkeiten und Ressourcen der Betroffenen zu erkennen und sie in geeignetem Umfang und in geeigneter Weise gezielt an den Stellen zu unterstützen, wo dies nötig ist."
"Ein großes Problem, das auch das Pflegestärkungsgesetz II nicht lösen kann, ist der Mangel an Pflegekräften, der in Zukunft weiter zunehmen wird. Hier wird es ohne bessere Bezahlung und mehr Wertschätzung nicht gehen", so Monika Kaus weiter.
"Doch angesichts der immer größeren Zahl von Menschen mit Demenz ist es darüber hinaus wichtig, eine breite Öffentlichkeit für das Thema Demenz zu sensibilisieren. Denn die meisten Menschen möchten trotz Demenz möglichst lange selbstständig sein und zu Hause leben. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die nötig sind, damit sie und ihre Angehörigen es im Alltag leichter haben. Jeder kann dazu beitragen, indem er lernt, was eine Demenz ist und wie man Menschen mit Demenz richtig begegnen kann. Über das Projekt Demenz Partner, das die Deutsche Alzheimer Gesellschaft Anfang September gestartet hat, können sich Interessierte in 90-minütigen Kursen auf den Kontakt mit demenzkranken Menschen vorbereiten."
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V.
Pressestelle
Friedrichstr. 236, 10969 Berlin
Telefon: (030) 2593795-0, Fax: (030) 259379529
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Swen Staack zum neuen Vorsitzenden der Deutschen Alzheimer Gesellschaft gewählt
- Alzheimer Medikament Leqembi nicht zugelassen: Deutsche Alzheimer Gesellschaft zur Entscheidung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA)
- Zum Welttag gegen die Misshandlung älterer Menschen: Deutsche Alzheimer Gesellschaft ruft zu verstärktem Schutz von Menschen mit Demenz auf