Pressemitteilung | k.A.

Jüngste Pflegeversicherungsurteile werden keine Auswirkungen auf die Rentenversicherung haben

(Frankfurt) - Zu den Pflegeversicherungsurteilen des Bundesverfassungsgerichts erklären der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR), Prof. Dr. Franz Ruland, sowie der Vorsitzende des Sozialbeirats, Prof. Dr. Bert Rürup:

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat es für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, dass Kindererziehende in der Pflegeversicherung gleich hohe Beiträge zahlen müssen wie Kinderlose. Es hat den Gesetzgeber deshalb verpflichtet, ab 2005 kindererziehende Versicherte bei der Bemessung der Beiträge zu entlasten. Im Urteil wird auch gefordert, seine Auswirkungen auf andere Sozialversicherungszweige zu prüfen. Diese Prüfung wird nach Auffassung von Ruland und Rürup in der Rentenversicherung nicht zu größeren Korrekturen führen und auch die anstehende Rentenreform nicht gefährden.

In dem "Trümmerfrauenurteil" von 1992 hat das BVerfG festgestellt, dass in der Rentenversicherung die Berücksichtigung der Kindererziehung auch bei der Ausgestaltung der Leistungen möglich sei. Diesen Weg hat der Gesetzgeber 1986 mit der Anrechnung von Erziehungszeiten bei der Rente eingeschlagen und vor allem mit der Ausweitung der Anrechnung auf drei Jahre und ihrer Anhebung auf einen Entgeltpunkt je Jahr der Kindererziehung weiterbeschritten. In der Pflegeversicherung ist ein solcher Familienlastenausgleich bei den Leistungen nicht möglich. Deshalb bietet sich bei ihr eine Differenzierung der Beitragslast entsprechend der finanziellen Leistungsfähigkeit der Versichten an.

In der Rentenversicherung findet jedoch bereits ein effektiver Familienlastenausgleich statt. Für die Erziehung eines Kindes können insgesamt bis zu sechs Entgeltpunkte gutgeschrieben werden. Dies entspricht einer monatlichen Rente von knapp 300,- DM. Bei zehn Kindern - wie im Fall des Beschwerdeführers - würden sich die Rentenansprüche insgesamt um fast 2.300,- DM im Monat erhöhen, wenn man unterstellt, dass die Kinder nach 1991 geboren sind. Das ist mehr als ein Durchschnittsverdiener mit 45 Beitragsjahren an Rente erhält. Der Kindererziehende muss für diese Rente keine eigenen Beiträge leisten. Für eine Rente von 2.300,- DM wären Beiträge in Höhe von rund 350.000,- DM zu zahlen gewesen. Im Fall der Kindererziehung werden diese Beiträge von den Steuerzahlern finanziert. Dies ist der ordnungspolitisch richtige Weg, weil der Familienlastenausgleich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Ein beitragsfinanzierter Familienlastenausgleich entlastet die höheren Einkommen und belastet die niedrigeren Einkommen. Begünstigt würden auch Personen, die keine Beiträge zahlen, wie z.B. Selbstständige, Beamte und Richter. Die Finanzierung über Steuern erfasst alle Einkommen und stellt wegen des progressiven Tarifs sicher, dass auch die höheren Einkommen stärker zur Finanzierung herangezogen werden.

Außerdem würde eine Entlastung von Versicherten mit Kindern bei der Bemessung der Beiträge zur Rentenversicherung zu nicht hinnehmbaren Ungerechtigkeiten führen. Eine Staffelung der Rentenversicherungsbeiträge nach der Kinderzahl würde nicht rentenversicherte Eltern benachteiligen. Sie erhielten keinen Ausgleich für ihre erziehungsbedingten Lasten, obwohl ihre Kinder mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie die Kinder von Rentenversicherten später Beitragszahler werden. Davon betroffen wären nicht nur kindererziehende Beamte, Selbständige und Hausfrauen, sondern auch Rentner, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Vor allem den oftmals auf Sozialhilfe angewiesenen alleinerziehenden Müttern wäre mit einer Ermäßigung des Beitragssatzes in der Rentenversicherung nicht geholfen. Die Entlastung müsste zurückgefordert werden, wenn die Kinder später keine Beiträge zur Rentenversicherung zahlen, weil sie selbstständig oder Beamte geworden oder ins Ausland verzogen sind. Darüber hinaus würde eine Beitragssatzstaffelung nach der Kinderzahl in der Rentenversicherung besserverdienende Familien stärker entlasten als Familien mit durchschnittlichen oder geringen Verdiensten, weil der Beitragssatz unabhängig von der Einkommenshöhe für alle gleich ist. Eine Doppelverdienerfamilie mit einem monatlichen Einkommen von 10.000,- DM würde fünfmal so stark entlastet wie eine Einverdienerfamilie mit einem Einkommen von 2.000,- DM. Unter Bedarfsgesichtspunkten müsste die Entlastungswirkung aber mit sinkendem Haushaltseinkommen zunehmen bzw. mit steigendem Einkommen abnehmen.

Frühere Berechnungen haben gezeigt, dass je nach Ausgestaltung der Entlastung von Familien mit Kindern der Arbeitnehmeranteil der Kinderlosen um bis zu 6 Prozentpunkte ansteigen müsste. Für sie kann von einer beitragsbezogenen Rente dann nicht mehr die Rede sein. In diesen Fällen würde die Rendite negativ, der geforderte Beitrag zur Enteignung. Daher würden die Kinderlosen alle Möglichkeiten nutzen, sich der Rentenversicherungspflicht zu entziehen. Um dies zu verhindern, tendiert eine Beitragssatzstaffelung nach der Kinderzahl zu einem universellen Rentensystem, das ausnahmslos alle Bürger erfasst und dessen Leistungen nicht mehr wie bisher von den gezahlten Beiträgen abhängen.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Rentenversicherungsträger e.V. Eysseneckstr. 55 60322 Frankfurt Telefon: 069/15220 Telefax: 069/1522320

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