Journalismus in China: Der große Sprung zurück
(Berlin) - "Verlegen Sie den Schwerpunkt der Berichterstattung über die schweren Regenfälle in Henan und anderen Orten auf den Wiederaufbau nach der Katastrophe. Veröffentlichen Sie ohne vorherige Genehmigung keine unerlaubten Bilder, die Leichen zeigen, schlagen Sie keinen übertrieben traurigen Ton an, und stellen Sie keine Verbindungen zu vergangenen Ereignissen her. Halten Sie sich bei Statistiken über Todesopfer oder Sachschäden strikt an offizielle Informationen."
Diese Mitteilung haben die chinesischen Behörden am 23. Juli 2021 an chinesische Medien verschickt. Das in Kalifornien ansässige Online-Medium China Digital Times, das regelmäßig geleakte Anweisungen veröffentlicht, teilte auch die Nachricht auf seiner Webseite. Journalist*innen sollten demnach die Auswirkungen der tödlichen Überschwemmungen, die Zentralchina in dem Monat heimsuchten, herunterspielen und die offiziellen Zahlen nicht hinterfragen.
Es ist nur ein kleines Beispiel von unzähligen, die zeigen, wie das chinesische Regime die Berichterstattung lenken möchte und damit die Pressefreiheit einschränkt. In einem heute veröffentlichten, ausführlichen Bericht beschreiben wir das beispiellose Ausmaß der Unterdrückung von Journalismus und Informationsfreiheit in China und untersuchen die verschiedenen Instrumente, mit denen das Regime in Peking arbeitet: ideologische Kontrolle, strikte Zensur, lange Gefängnisstrafen unter lebensgefährlichen Haftbedingungen. Seit Präsident Xi Jinping an die Macht kam, hat die Kommunistische Partei Chinas ihre Kontrolle über Journalist*innen drastisch verschärft. Ob Naturkatastrophen, die Covid-19-Pandemie, die MeToo-Bewegung oder die Verfolgung der Uiguren in Xinjiang - kaum ein Thema entgeht noch der Zensur. Das bekommen auch Auslandskorrespondent*innen in China zu spüren, die in den Augen des Regimes inzwischen unerwünschte Zeugen sind.
Der Bericht blickt auch in die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong. Einst eine Bastion der Pressefreiheit, ist diese inzwischen so bedroht wie nie zuvor. Ein von Peking verabschiedetes "Sicherheitsgesetz" gefährdet dort insbesondere Medienschaffende. Es diente der Hongkonger Regierung bereits als Vorwand, um gegen mindestens 12 Journalist*innen und Verfechter der Pressefreiheit vorzugehen und die größte chinesischsprachige oppositionelle Zeitung vor Ort, Apple Daily, zu schließen.
In dem Bericht zeichnen wir ein düsteres Bild der Pressefreiheit in China und Hongkong. Gleichzeitig möchten wir aber auch die Resilienz einiger Medien und Internetnutzer*innen betonen. Sie leisten mutig Widerstand und versuchen mit kritischen Recherchen und kreativen Mitteln, der Zensur zu trotzen. Ihnen möchten wir den Rücken stärken und sie in ihrem Einsatz für Pressefreiheit unterstützen.
Quelle und Kontaktadresse:
Reporter ohne Grenzen e.V. (RSF)
Anne Renzenbrink, Pressestelle
Friedrichstr. 231, 10969 Berlin
Telefon: (030) 609 895 33 - 0, Fax: (030) 202 15 10 - 29