Pressemitteilung | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Jeder fünfte Arbeitslose will nicht mehr arbeiten

(Berlin) - 80 Prozent der registrierten Arbeitslosen stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung - mitunter aber nicht sofort. Jeder fünfte Arbeitslose hingegen will überhaupt keine Erwerbstätigkeit mehr aufnehmen. Zu diesem Ergebnis kommt das DIW Berlin in seinem aktuellen Wochenbericht 22/2002, in dem es aktuelle Befragungsdaten des vom DIW Berlin erhobenen Sozio- ökonomischen Panels (SOEP) vorstellt. 60 Prozent der Arbeitslosen wollen am liebsten sofort wieder arbeiten. Die Bereitschaft zu arbeiten steigt, wenn den Arbeitslosen eine Stelle angeboten wird, die ihren Vorstellungen entspricht. Eine solche Stelle würden 70 Prozent der Arbeitslosen annehmen. Besonders stark ausgeprägt ist die Distanz zum Arbeitsmarkt bei älteren Arbeitslosen. Sie sehen die Arbeitslosigkeit oft als Übergangsstadium zum gesetzlichen Ruhestand an. Ein Viertel der arbeitslos gemeldeten westdeutschen Frauen mit Kindern will erst später wieder erwerbstätig sein - selbst dann, wenn ihnen ein Arbeitsplatz angeboten wird.

Eine gewisse Gewöhnung an Arbeitslosigkeit zeigt eine Analyse der Lebenszufriedenheit der befragten Arbeitslosen. Diejenigen, die keine Erwerbstätigkeit mehr anstreben - meist ältere Arbeitslose -, sind mit ihrem Leben allgemein zufriedener als die übrigen Arbeitslosen. Auch die Einkommenszufriedenheit wurde vom DIW Berlin untersucht. Am höchsten waren die bedarfsgewichteten Haushaltsnettoeinkommen und damit die Einkommenszufriedenheit bei denjenigen Arbeitslosen, die überhaupt nicht mehr arbeiten wollen.

Das DIW Berlin weist darauf hin, dass Arbeitslose über 50 Jahre vom Sozialversicherungssystem bevorzugt werden. Sie können relativ lange Arbeitslosengeld beziehen und müssen ab dem 58. Lebensjahr dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen. Das dürfte Arbeitgeber einladen, durch einen Pakt mit älteren Arbeitnehmern, der auf Kosten aller Beitragszahler in die Sozialversicherung vereinbart wird, ihre Belegschaft zu verjüngen und dabei das Risiko von Kündigungsschutzklagen zu minimieren. Auch Frauen mit Kindern nehmen - durchaus rational - Leistungen der Sozialversicherungen in Anspruch. Nach Ansicht des DIW Berlin besteht hier die Gefahr, dass die Frauen aufgrund steigender monetärer Transfers in der Arbeitslosigkeit verharren. Statt dessen sollte das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen verbessert werden.

Wohnungsbau und Eigentumsbildung

DIW Berlin schlägt einfachere und effizientere Wohneigentumsförderung vor

Der Wohnungsbau in Deutschland befindet sich in einer Umbruchphase. Längerfristigen Prognosen zufolge wird die Bevölkerung nicht mehr zunehmen, und auch die Zahl der Privathaushalte wird nur noch wenig steigen. Das Wohnungsangebot muss sich also an sinkenden Bedarfszahlen orientieren. Wachstumspotential besteht hingegen im Bereich der Sanierung oder Umgestaltung von Teilen des Gebäudebestands.

Im aktuellen Wochenbericht 22/2002 plädiert das DIW Berlin für eine Umgestaltung der staatlichen Wohnungsbauförderung. Die bisher doppelt so hohe Begünstigung des Neubaus (bei der Grundförderung) ist entbehrlich, weil eine Ausweitung des Wohnungsangebots künftig nicht mehr als vorrangig anzusehen ist. Vielmehr muss eine bestandsorientierte Wohnungsbau- und Städtebaupolitik Platz greifen. Die Bundesregierung will besondere Probleme der neuen Bundesländer mit dem "Stadtumbauprogramm Ost" angehen. Dieses Programm wird viele Milliarden Euro verschlingen. Die Kosten könnten mit der Umstellung der Eigenheimzulage deutlich geringer ausfallen, wenn es gelingt, die Eigentumsnachfrage stärker auf den innerstädtischen Bestand zu lenken.

Das DIW Berlin schlägt vor, das Förderniveau beim Neubau mit dem Niveau beim Alterwerb von Eigenheimen/Eigentumswohnungen gleichzustellen. Auch die Beschränkung für Eheleute bei der Realisierung ihres Förderungsanspruchs sollte aufgehoben werden. Dem generellen wohnungs- und vermögenspolitischen Ziel einer Ausweitung der Wohneigentumsquote würde so besser als bisher entsprochen, weil der Ersterwerb für viele Haushalte leichter wird.

Der vorliegende Änderungsvorschlag wird dem Bund wegen des Konsolidierungsversprechens gegenüber der EU entgegenkommen. Auf mittlere und längere Sicht wäre mit einer Verringerung des jährlichen Aufwands für die Wohneigentumsförderung (gegenwärtig rund 10 Mrd. Euro) um ein Viertel zu rechnen - die zur Zeit schwächelnde Neubautätigkeit würde infolge dieses Eingriffs nicht zusätzlich beeinträchtigt .

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Königin-Luise-Str. 5 14195 Berlin Telefon: 030/897890 Telefax: 030/89789200

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