"Jahresrückblick und Ausblick der Pflanzenzüchter - was beschäftigt die Branche? / / Gesellschaftliche Relevanz der Pflanzenzüchtung muss sich stärker in Engagement der Politik widerspiegeln
(Bonn) - Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e. V. blickt auf ein arbeitsintensives Jahr zurück. Die Anforderungen an die Branche sind hoch. Lösungsstrategien für die großen gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen wie Welternährung, Klimawandel und Ressourcenschonung sind gefragt. Die Pflanzenzüchtung kann einen Teil dazu beitragen, doch müssen hierfür auch die Rahmenbedingungen stimmen.
Zugang und Nutzen pflanzengenetischer Ressourcen
"Der Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen war für die Pflanzenzüchtung eines der Hauptthemen 2014 und bleibt auch 2015 ein Kernanliegen. Die Pflanzenzüchter unterstützen den mit dem Nagoya-Protokoll angestrebten fairen Vorteilsausgleich zwischen Gebern und Nutzern genetischer Ressourcen ausdrücklich. Wir sehen jedoch durch die überbordende europäische Umsetzung des Nagoya-Protokolls die Züchtungsausnahme sowie die Sortenentwicklung gefährdet - und damit perspektivisch die landwirtschaftliche Erzeugung. Der BDP sieht dem Fortgang der Klage von 17 deutschen Unternehmen vor dem Europäischen Gericht für eine Korrektur dieser EU-Rechtsetzung mit Spannung entgegen", erklärt Dr. Carl-Stephan Schäfer, Geschäftsführer des BDP e. V.
Die Pflanzenzüchter aus Deutschland und Europa unterstützen den Global Crop Diversity Trust - eine Initiative zur Stärkung des International Treaty on Plant Genetic Resources for Food and Agriculture (IT) über einen freiwilligen finanziellen Beitrag. Dieser schafft im Gegensatz zu dem Nagoya-Verordnungsentwurf standardisierten Zugang zu genetischen Ressourcen. Sein Anwendungsbereich ist allerdings auf bestimmte landwirtschaftliche Arten für die Verwendung als Lebens- und Futtermittel beschränkt. Der BDP setzt sich daher einerseits für die Verbesserung des Verordnungsentwurfs zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls und andererseits für den Erhalt und die Stärkung des IT ein.
Sortenschutz geistiges Eigentum in der Pflanzenzüchtung
Der BDP fordert eine Stärkung des Sortenschutzes als primäres Schutzrecht in der Züchtung durch eine praxisnahe und praktikable Nachbauregelung. Die Züchtungsunternehmen müssen weiter in Forschung und Entwicklung investieren können. Aktuelle Erhebungen belegen, dass Unternehmen aus der Kartoffel- und Getreidezüchtung schon jetzt dem Gesamttrend der Pflanzenzüchtung in Deutschland nicht mehr folgen können und sich die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung hier reduziert haben. Ein zentraler Grund dafür sind die fehlenden Einnahmen aus Nachbaugebühren.
Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen?
Der Patentschutz muss sich nach Ansicht des BDP auf technische Erfindungen beschränken. Im Oktober fand vor der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes eine Anhörung über die Frage statt, ob Pflanzen, die mit konventionellen Züchtungsmethoden hergestellt worden sind, patentierbar sind. Eine Entscheidung wird in den nächsten Monaten erwartet.
Neufassung der europäischen Saatgutgesetzgebung
Zwar haben die EU-Kommission und das Europäische Parlament noch mit den Nachwehen der Europawahl Mitte Mai zu kämpfen - doch schon heute ist abzusehen, dass die Neufassung der europäischen Saatgutgesetzgebung einen besonderen Arbeitsschwerpunkt bilden wird. Offen ist, inwieweit die EU-Kommission den bisherigen Entwurf, der vom Parlament zurückgewiesen wurde, als Arbeitsgrundlage verwenden wird. Die Vorzeichen gehen in Richtung einer grundlegenden Überarbeitung der Gesetzesvorlage. Die Politik muss einer Schwächung des Saatgutrechts durch z. B. zu weitreichende Ausnahmen entgegenwirken. Mengenbeschränkungen für Erhaltungssorten sind aufrechtzuerhalten.
Nationalisierung von GVO-Anbauentscheidungen
Die Pflanzenzüchter kritisieren die Initiative der EU-Mitgliedstaaten, immer mehr Spielraum für Anbaugenehmigungen für GVO-Pflanzen auf eigenem Hoheitsgebiet zu fordern. Der im Juni vom EU-Ministerrat abgesegnete Entwurf ging dem Umweltausschuss des EU-Parlamentes nicht weit genug. Im Dezember kam es zu einer vorläufigen Einigung zwischen Parlament und Ministerrat, bei der die vom Umweltausschuss eingebrachten Änderungsanträge zum größten Teil unberücksichtigt blieben. Die Sicherheitsbewertung durch die EFSA soll weiterhin unangetastet bleiben und auch generelle Anbauverbote für ganze GVO-Gruppen sollen zukünftig nicht möglich sein. Der BDP bewertet dies als wichtiges Signal für den Stellenwert der Wissenschaftlichkeit bei europäischen Genehmigungsverfahren.
Rechtssicherheit beim Umgang mit GVO-Spuren im Saatgut schaffen
Pflanzenzüchter, Händler, Anbauer und Landwirte leben in ständiger Unsicherheit, dass geringste Spuren von unbeabsichtigten und biologisch unvermeidbaren gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in ihren Produkten nachgewiesen werden. Trotz intensiver Anstrengungen können in einer Umwelt, in der gv-Pflanzen eine immer bedeutendere Rolle spielen, geringste, biologisch unvermeidbare Vermischungen jedoch nie ausgeschlossen werden. Um die anhaltende Rechtsunsicherheit für landwirtschaftliche Akteure zu beenden, setzt sich der BDP für die Etablierung einer "technischen Lösung" bei Saatgut sowie einer B-Probe ein.
Beizung: politische Entscheidungen müssen aufgrund transparenter, nachvollziehbarer, wissenschaftlicher Ergebnisse getroffen werden
Die Anwendung von Neonikotinoiden in der Beizung ist in der Europäischen Union seit nunmehr einem Jahr weitgehend verboten. Die Landwirtschaft erfährt zurzeit, was es heißt, auf Neonikotinoide verzichten zu müssen. Der Befall durch verschiedene Schadinsekten ist so hoch wie nie. Die Nichtanwendung von Neonikotinoiden zieht erhebliche Konsequenzen für die gesamte europäische Landwirtschaft nach sich. Eine adäquate Pflanzenschutzmittelalternative ist in vielen Fällen nicht gegeben. Der BDP fordert die politischen Entscheidungsträger auf, sich mit Hochdruck für die Überprüfung des Verbots nach zwei Jahren und die Ableitung von Konsequenzen einzusetzen.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V.
Ulrike Amoruso-Eickhorn, Referentin, Öffentlichkeitsarbeit
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