Jahreshauptversammlung 2000 des Verbandes der Bauindustrie für Niedersachsen
(Hannover) Im Jahresrückblick sei festzustellen, dass die Bauwirtschaft nicht zu den Gewinnern des Jahres 1999 gehört habe. Dies erklärte Verbandspräsident Michael Munte im Rahmen eines Pressegesprächs anlässlich der Jahreshauptversammlung 2000 des Verbandes der Bauindustrie für Niedersachsen am 15. März 2000 in Hannover. Die Branche habe sich vielmehr weiterhin von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt, wenn auch nicht mehr so deutlich wie in den davor liegenden Jahren. Nach wie vor belasteten Konjunktur- und Strukturprobleme den Wirtschaftszweig. Bundesweit seien die Bauinvestitionen gegenüber 1998 noch einmal um real 0,2 Prozent zurückgegangen, bei gleichzeitigem Wachstum der gesamten Wirtschaft um 1,4 Prozent.
Des Weiteren wies der Verbandspräsident darauf hin, dass das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage den Baumarkt belaste, den Wettbewerb verschärfe und zu ruinösem Preisverhalten führe. Die gesamten technischen Produktivitätsfortschritte würden über die Preisbildung an die Bauherren weitergegeben. Dadurch sei die Umsatzrendite deutlich unter die Ein-Prozent-Marke gesunken. Dieses Ergebnis liege weit hinter dem europäischen Standard zurück.
Mit Blick auf die zukünftige Entwicklung der Baukonjunktur erklärte Munte, dass es nach den vorliegenden Prognosen der Bauwirtschaft auch im laufenden Jahr nicht gelingen werde, den Anschluss an die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung zu finden. Die Bauinvestitionen sollen nach den Vorhersagen der Sachverständigen aber erstmals wieder seit Jahren von den allgemeinen Wachstumsimpulsen profitieren. Allerdings werde sich die gespaltene Entwicklung zwischen West- und Ostdeutschland weiter fortsetzen. Insgesamt gingen die Schätzungen für das Jahr 2000 von einer Zunahme der Bauinvestitionen um etwa 0,5 Prozent aus.
Auch in Niedersachsen wiesen die baustatistischen Daten bislang nicht auf einen durchgreifenden Aufwärtstrend hin. Beschäftigung und Auftragseingänge seien gegenüber 1998 weiter gesunken. Die Bauproduktion verharre - trotz der regionalen EXPO-Sonderkonjunktur, die allerdings eher durch Umsatz- als durch Ertragssteigerung zu definieren sei -in etwa auf dem Vorjahresstand. Einen kleinen Hoffnungsschimmer für die Belebung der niedersächsischen Baukonjunktur in diesem Jahr stellt nach Einschätzung Muntes lediglich die Nachfrageentwicklung im Nichtwohnbau dar. Bei der Nachfrage nach Wirtschaftsbauten sei gemessen an den erteilten Baugenehmigungen ein Anstieg von 20 Prozent festzustellen. Es sei aber noch unbestimmt, in welchem Umfang diese Nachfrage marktrelevant werde. Es sei zu hoffen, dass die Planungen der Investoren in den kommenden Monaten zu Aufträgen in den Unternehmen führen würden. Bei der Entwicklung der öffentlichen Bauinvestitionen zeige sich schon seit Jahren ein rückläufiger Trend. Der unstreitig vorhandene öffentliche Baubedarf werde bei weitem nicht mehr in Nachfrage umgesetzt. In diesem Zusammenhang wies Munte insbesondere auf die Dotation des Straßenbaues hin, die im Hinblick auf die zu erwartende Zunahme der Verkehrsströme in Deutschland nicht ausreichend sei. Nach der Einschätzung des Verbandspräsidenten sei der erforderliche bedarfsgerechte Ausbau der Straßenverkehrsinfrastruktur in einem überschaubaren Zeitraum ohne additive private Finanzmittel nicht zu bewältigen.
Munte wies darauf hin, dass eine erfolgreiche wirtschaftliche Betätigung auch in hohem Maße durch das Vorhandensein geeigneter wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen bestimmt sei. Die Politik sei aufgerufen, durch positive Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, insbesondere durch eine vernünftige und systemgerechte Steuerpolitik, ein gutes Investitionsklima zu schaffen. Dies bringe neue Arbeit, auch für die Bauwirtschaft. Die geplante Steuerreform sei angesichts der im internationalen Vergleich bislang viel zu hohen Steuer- und Abgabenquote prinzipiell zu begrüßen; Munte äußerte jedoch Bedenken, ob die Bundesregierung bei ihrem Reformbestreben alle Ansätze hinsichtlich ihrer Erfolgswirksamkeit überprüft habe. Die Wirtschaft erwarte von der Unternehmensteuerreform eine deutliche Netto-Entlastung aller Gewerbetreibenden, unabhängig von der Rechtsform.
Nach den Worten Muntes wirke sich auch die große Differenz der Arbeitskosten im Vergleich mit den ausländischen Wettbewerbern nachteilig für den Standort Deutschland aus. Es seien vor allem die nahezu über 100 Prozent liegenden Lohnzusatzkosten, die die Arbeitskosten nach oben trieben. In immer größerem Ausmaß werde nämlich der Wettbewerb über den Preis und damit vor allem auch über die Lohnkosten ausgetragen.
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