Pressemitteilung | DIHK - Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.

Jahresgutachten: Reformen statt Aktionismus

(Berlin) - Die Politik muss die sträflich lange aufgeschobenen Strukturreformen anpacken: Das ist nach Ansicht von Ludwig Georg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), die richtige Kernforderung des am 14. November vorgelegten Jahresgutachtens des Sachverständigenrates.

Die aktuelle konjunkturelle Situation dürfe kein "Vorwand" sein, Reformen am Arbeitsmarkt, im Gesundheitswesen und in der Bildungspolitik aufzuschieben. Das Gutachten überzeuge mit seinem Plädoyer gegen konjunkturpolitischen Aktionismus.

Der Rat gebe der Bundesregierung den notwendigen wissenschaftlichen Rückhalt, trotz der schwierigen konjunkturellen Situation die Nerven zu behalten. Nur durch den "ernsthaften Beginn" von Reformen lasse sich das Vertrauen bei den Unternehmern wieder herstellen und die wirtschaftliche Situation stabilisieren.

Ohne gleichzeitige Ausgabenkürzungen mache ein Vorziehen der nächsten Schritte der Steuerreform konjunkturpolitisch keinen Sinn, so Braun weiter. Zu groß wäre mit Blick auf die Maastricht-Kriterien der nachhaltige Vertrauensverlust in die Konsolidierungsfähigkeit der deutschen Finanzpolitik. Der Rat bestätige damit die Auffassung des DIHK, dass die Konsolidierung der Haushalte oberste Priorität hat.

Vor allem in punkto Arbeitsmarktpolitik sei das Gutachten eine schallende Ohrfeige für die Politik der Bundesregierung. Den Regulierungskurs des vergangenen Jahres - vom Teilzeit- und Befristungsgesetz über die Ausweitung der Mitbestimmung bis hin zur Stärkung des zweiten Arbeitsmarktes und des angestrebten Tarifzwangs bei öffentlichen Aufträgen - unterziehe der zu Recht "enttäuschte" Rat einer schonungslosen Kritik.

Das Gutachten enthalte viele richtungsweisende Vorschläge für Reformen - von der Erleichterung betrieblicher Standortsicherungsverträge über die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe bis zur Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters. Der Rat zeige die Notwendigkeit einer zurückhaltenden und stärker differenzierten Lohnpolitik überzeugend auf - verbunden mit dem ebenfalls richtigen Vorschlag, mehr leistungs- und ertragsbezogene Elemente in der Entlohnung einzuführen.

Die Konjunktureinschätzung des Rates erscheint nach Auffassung des DIHK realistisch. Sie gehe völlig richtig von einer nur verzögerten und eher langsamen Erholung der deutschen Konjunktur im nächsten Jahr aus. Der DIHK folge der Diagnose des Rates, dass die aktuelle Situation durch eine tiefe Verunsicherung von Konsumenten und Investoren geprägt sei. Die schrecklichen Terrorereignisse hätten diese Verunsicherung empfindlich verstärkt, sie sei aber auch bereits vor dem 11. September erkennbar gewesen.

Die vernichtende Kritik des Rates an der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs teilt der DIHK ebenfalls uneingeschränkt. In der öffentlichen Debatte wäre bis jetzt nicht deutlich geworden, wie kläglich das Ergebnis sei. Der DIHK unterstützt die Forderung nach einer grundlegenden Reform der Gewerbesteuer, welche die Bundesregierung erst für die nächste Legislaturperiode in Aussicht gestellt hat. Deshalb fordert der DIHK, auf die aktuell geplanten, unsystematischen Verschärfungen der Gewerbesteuer zu verzichten. Gleichfalls ausdrücklich begrüßt wird die Feststellung des Gutachtens, dass die Steuerreform besser sei als ihr Ruf. Insbesondere der Vorwurf, dass die Reform Kapitalgesellschaften einseitig bevorzuge, lasse sich bei genauer Betrachtung nicht halten.

Die durch Stetigkeit geprägte Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bewertet auch der DIHK als sachgerecht. Die EZB habe sich nicht dem öffentlichen Druck gebeugt, die Zinsen schneller und in stärkerem Maße zu senken, um die schwächelnde Konjunktur im Euro-Raum zu stützen. Vorrang für die Geldpolitik habe die Geldwertstabilität, sie erfordere Langfristorientierung und Geduld. In Übereinstimmung mit dem Rat erkennt der DIHK die Notwendigkeit, die geldpolitischen Entscheidungen der EZB besser gegenüber der Öffentlichkeit darzustellen. Der DIHK halte vor allem die Überlegungen bezüglich der ersten Säule des geldpolitischen Konzepts der EZB für bedenkenswert.

Wie der Rat hält der DIHK eine stärkere Risikoorientierung der Eigenkapitalregeln für Kreditinstitute für erforderlich. Die weiteren Verhandlungen im Rahmen von "Basel II" müssten jedoch unbedingt Verbesserungen bringen, um unangemessene Nachteile für die Finanzierungskonditionen des Mittelstandes zu vermeiden.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) Breite Str. 29 10178 Berlin Telefon: 030/203080 Telefax: 030/203081000

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