Jahresbilanz der Wellpappenindustrie: neue Kostenrekorde und drohende Benachteiligung von Wellpappe / Branchenverband kritisiert Verordnungsentwurf der EU-Kommission
(Darmstadt) - "2022 war geprägt von Marktverwerfungen infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine, der Energiekrise und einem sich zunehmend verschlechternden Konsumklima. Entsprechend hart wurde die Wellpappenindustrie von der Entwicklung getroffen, denn über zwei Drittel aller in Deutschland transportierten Waren werden in Wellpappe verpackt", erklärt der VDW-Vorsitzende Dr. Steffen P. Würth im Rahmen der Jahrespressekonferenz des Verbandes.
Beim mengenmäßigen Absatz verzeichneten die im VDW organisierten Unternehmen 2022 mit 8.029 Millionen Quadratmetern gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang um 635 Millionen Quadratmeter. Dies entspricht einem Minus von 7,3 Prozent. "Zu berücksichtigen ist bei diesem Vergleich sicherlich, dass wir 2021 beim mengenmäßigen Absatz ein umso kräftigeres Plus erzielt hatten. Dennoch bedeutet es, dass im Jahr 2022 vorhandene Kapazitäten in unserer leistungsstarken Branche ungenutzt blieben", ergänzt Würth.
Gleichzeitig wurde die Wellpappenindustrie 2022 mit neuen Rekordwerten bei den Papierpreisen konfrontiert. Nachdem die Kosten für den wichtigsten Rohstoff der Branche schon 2021 dramatisch in die Höhe geklettert waren, verteuerte sich Wellpappenrohpapier von Januar bis Juni 2022 um weitere 11,2 Prozent. Dann folgte eine extrem hoch angesiedelte Plateauphase, die bis in den Oktober anhielt. Erst danach begann das Preisniveau zu sinken - lag aber im Dezember 2022 immer noch 40,8 Prozent über dem letzten Tiefpunkt im September 2020. "Damit blieb der Kostendruck beim Wellpappenrohpapier in der Gesamtbetrachtung 2022 weiter auf einem Level, das man nur als massive Belastung für unsere Industrie werten kann", betont der VDW-Vorsitzende. Hinzu kamen die preislichen Auswirkungen der Energiekrise. Der Erzeugerpreisindex des Statistischen Bundesamtes für Gas bei Abgabe an die Industrie kletterte allein von März bis September um 104 Prozent in die Höhe und verschärfte damit die Lage der Wellpappenindustrie.
Bei den Durchschnittserlösen konnte die Branche 2022 gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg um 17,9 Cent pro Quadratmeter auf durchschnittlich 75,7 Cent pro Quadratmeter verbuchen, was einem Plus von 31 Prozent entspricht. Beim Umsatz erzielte die Wellpappenindustrie 2022 bedingt durch die höheren Erlöse ein Plus von 21,3 Prozent. "Diese positiven Entwicklungen bei den Durchschnittserlösen und beim Umsatz konnten den extremen Kostendruck beim Wellpappenrohpapier und in der Energieversorgung jedoch bei Weitem nicht ausgleichen", fasst Würth zusammen.
Kritisch bewertet der Verband außerdem für Wellpappe relevante Regelungen im Entwurf der europäischen Verpackungsverordnung, der derzeit auf EU-Ebene beraten wird. Die Branche unterstütze zwar ausdrücklich wichtige übergeordnete Ziele des Vorhabens, wie der der VDW-Vorsitzende betont: "Wellpappenverpackungen sind Kreislaufverpackungen. Unsere Industrie ist mit einem durchschnittlichen Recyclinganteil von über 80 Prozent in unseren Produkten sogar maßgeblich auf einen erfolgreich funktionierenden Wertstoffkreislauf angewiesen. Und auch die Strategie eines immer sparsameren Materialeinsatzes mit immer exakter auf die Waren abgestimmten Verpackungen verfolgen die VDW-Mitglieder schon lange." Die im Entwurf vorgesehenen verpflichtenden Mehrwegquoten - 90 Prozent bei Transportverpackungen für Haushaltsgroßgeräte ab 2030 und 50 Prozent bei E-Commerce-Verpackungen ab 2040 - lehne der VDW jedoch ab. "Die Studienlage zeigt für uns ganz klar, dass blinde Quotenvorgaben nicht die Lösung sein können. Sie könnten verpackende Industrien in der Praxis sogar zwingen, eine weniger nachhaltige Option nutzen zu müssen. Denn in zwei aktuellen Studien zu E-Commerce- sowie zu Transportverpackungen konnte sich Wellpappe in konkreten Vergleichsfällen durchaus gegen Mehrweg durchsetzen. Die immer wieder vorkommende Behauptung, dass Mehrweg in jedem Fall die ökologisch bessere Wahl sei, halten wir vor diesem Hintergrund für einen Mythos", erklärt Würth.
Zusätzlich zu den genannten Quotierungen strebt die EU-Kommission ein generelles Verbot für Obst und Gemüseverpackungen bis 1,5 Kilogramm an, von dem auch Wellpappe betroffen wäre. "Hier werden kreislauffähige Wellpappenverpackungen völlig undifferenziert mit Einwegplastik auf fossiler Rohstoffbasis über einen Kamm geschoren. Wellpappe hebt sich davon jedoch durch entscheidende Vorteile ab, nämlich durch eine pflanzliche Rohstoffbasis, einen durchschnittlichen Recyclinganteil von über 80 Prozent und mehr als 20 Recyclingzyklen. Der gesamte Bereich Papier, Pappe und Karton kann eine Rücklaufquote von rund 80 Prozent vorweisen. Wir sehen daher den dringenden Bedarf, Wellpappe von dieser geplanten Regelung auszunehmen", fordert der VDW-Vorsitzende.
Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Wellpappen-Industrie e.V. (VDW)
Sabine Egidius, Managerin Presse und Marketing
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