IWF-Forderungen: VÖB sieht eine Gefahr für den Bankenstandort Deutschland
(Berlin) - Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, Karl-Heinz Boos, bedauert, dass die eigentlich positiven Feststellungen des Internationalen Währungsfonds zu Stabilität und Krisenfestigkeit des deutschen Bankensystems von einer Parteinahme des IWF für ein letztlich auf private Großbanken ausgerichtetes Bankensystems getrübt werden. Boos bezieht sich hierbei auf die Äußerungen von Finanzstaatssekretär Koch-Weser in der vergangenen Woche sowie die Presseberichterstattung über den noch nicht veröffentlichten IWF-Bericht vom 4. November.
Sofern diese Darstellungen zutreffend seien, habe der IWF mit seinen Vorschlägen zum grundlegenden Umbau des deutschen Bankensystems sein Mandat im Rahmen des Financial Strength Assessment Program (FSAP) deutlich überschritten. Boos zeigte sich enttäuscht darüber, dass eine so respektierte und renommierte Institution wie der IWF sich einseitig für die Interessen der privaten Geschäftsbanken einsetze. Besonders kritisch sieht der VÖB-Hauptgeschäftsführer das offenbare Bestreben des IWF, das deutsche Bankensystem nach dem vermeintlich idealen Leitbild ausländischer, zum Teil durch Oligopole geprägter Bankensysteme umzubauen.
Dabei werde vergessen, dass die Struktur eines Bankensystems immer der Struktur des jeweiligen Wirtschaftssystems folgen müsse. Deutschland sei kein Land der Großkonzerne. Vielmehr beruhe die deutsche Wirtschaft traditionell auf einer Vielzahl kleiner und mittlerer Betriebe, die in ihrer Region verwurzelt seien und auch dort ihre Finanzgeschäfte tätigen. Es ist doch kein Zufall, dass die öffentlichen Banken bei der Finanzierung kleiner und mittlerer Mittelständler unangefochtene Marktführer sind. Diese von gegenseitigem Vertrauen geprägten Geschäftsbeziehungen sind im Laufe der Jahre gewachsen und haben sich auch und gerade in Krisenzeiten bewährt, sagte Boos. Wer den IWF-Bericht nun beklatsche, müsse sich auch über die Fernwirkungen der hierin angeregten Systemveränderungen für die gesamte deutsche Wirtschaft im Klaren sein, warnte der VÖB-Hauptgeschäftsführer.
Durch die weltweite Verbreitung des Berichts bestehe zudem die Gefahr, dass der deutsche Bankenmarkt insgesamt in ein schiefes Licht gerückt werde. Besonders kritisch bewertet Boos hierbei die unklare Position der Bundesregierung. Während der Bundesfinanzminister vor kurzem noch die innerhalb der Verbünde unternommenen Reformanstrengungen begrüßt habe, plädiere sein Finanzstaatssekretär nun offen für die Privatisierung öffentlicher Banken schlage sich damit auf die Seite des IWF und der privaten Großbanken.
Boos sieht durch diese diffuse Politik die Bemühungen, den Finanzstandort Deutschland im europäischen und internationalen Kontext zu stärken, in akuter Gefahr. In der gegenwärtigen gesamtwirtschaftlichen Lage sei es nicht nachvollziehbar, einen seit Jahrzehnten als Stabilitätsanker des deutschen Bankensystems und der deutschen Wirtschaft bewährten Sektor ohne ökonomische Not zur Disposition zu stellen.
Boos forderte daher die Bundesregierung auf, sich, wie die Deutsche Bundesbank, zum grundsätzlichen Erhalt der derzeitigen Bankenstruktur in Deutschland zu bekennen. Nur hierdurch und nicht durch widersprüchliche Äußerungen werde der ohnehin in vollem Gange befindliche Strategie- und Strukturwandel im Bankengewerbe zielführend unterstützt.
Der IWF-Board hat den Deutschland-Bericht zum Financial Strenght Assessment Program am 3. November 2003 in Washington beraten. Die entsprechenden Dokumente sollen in den nächsten Tagen auf der Website des IWF veröffentlicht werden.
Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, vertritt die Interessen von 59 Mitgliedsinstituten, darunter die Landesbanken, die Förderbanken des Bundes und der Länder sowie die Deutsche Postbank AG. Mit einer Bilanzsumme von 1.989 Mrd. EUR (Ende 2002) beläuft sich der Marktanteil der VÖB-Banken auf 31 Prozent des deutschen Bankenmarktes.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. (VÖB)
Lennéstr. 11, 10785 Berlin
Telefon: 030/81920, Telefax: 030/8192222