Pressemitteilung | Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) - Bundesvorstand

IT-Beschäftigte brauchen Betriebsräte

(Berlin) - „Wer auf Schwankungen des Aktienmarktes seine Lebensbasis bauen will, dem wird bald der Boden unter den Füßen weggezogen,“ erklärte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer am Dienstag Abend vor Journalisten in Berlin. Teuer bezahlten Mitarbeiter von IT Unternehmen die Erfahrungen auf dem Neuen Markt, der weiterhin mit täglichen Negativmeldungen Schlagzeilen mache. Denn zur Praxis in der New Economy gehöre, einen Teil der Gehälter in Aktienoptionen oder Gewinnanteilen zu gewähren.

Bald würden in Deutschland mehr Menschen in der Internet-Wirtschaft arbeiten als anderswo in Europa. Die Bundesregierung rechne derzeit damit, dass bis 2010 im IT-Bereich 750.000 neue Arbeitsplätze entstehen. „Wie hier die Arbeitsbeziehungen ausgestaltet werden und mit welchen Formen des Interessenausgleichs – das alles wird sich nachhaltig auf das System der industriellen Beziehungen in Deutschlands auswirken“, prognostizierte die DGB-Vize. „Doch noch gibt es in der New Economy wenig oder keine Kultur der tarifvertraglichen Regelungen, Betriebsräte werden als steinzeitliche und damit überflüssige Einrichtungen angesehen.“

Da IT-Beschäftigte nicht mehr den klassischen Fall des schutzbedürftigen Akkordarbeiters darstellen würden, müsse Betriebsratsarbeit den Wandlungen in der modernen Arbeitswelt folgen. Mehrere Vorschläge des DGB innerhalb der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes zielten in diese Richtung. „Gerade die New Economy mit flacheren Hierarchien und neuen Formen der Unternehmensbeteiligung macht deutlich, dass die Zeit reif ist für stärkere Mitwirkungsrechte und verbesserte Individualrechte für Arbeitnehmer,“ sagte Engelen-Kefer. „Die aktuellen Entwicklungen auf den Aktienmärkten zeigen auch, dass wir mit unseren Forderungen richtig liegen, Grundgehälter nicht von Aktienentwicklungen und Gewinnerwartungen eines Betriebes abhängig zu machen, sondern sie aus dem gesamten Unternehmen zu speisen.“ Unabdingbar sei in der Zukunft, in Unternehmen der New Economy zu Regelungen für Überstunden und betriebliche Alterssicherung zu kommen.

In vielen Firmen würde eine Philosophie des „Alle sitzen im selben Boot“ proklamiert: 12-Stunden-Arbeitstage seien dabei keine Seltenheit, mentale Hingabe bis zur Aufopferung; Verzicht auf Freizeit würde als selbstverständlich vorausgesetzt. All das stieße zunehmend auf körperliche, geistige und seelische Grenzen bei IT-Arbeitnehmern und brächte sie in existenzielle Gefahren. In derartig zugespitzten Situationen würden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beginnen, nach Interessenvertretungen zu fragen. „Damit,“ so Engelen-Kefer, „wird die Behauptung mehr als fraglich, dass in aufstrebenden IT-Unternehmen und den Start-ups Betriebsräte ihre Daseinsberechtigung verloren haben. Nur mit einem Gremium der kollektiven Interessenvertretung haben Beschäftigte eine Chance, dass Ungleichgewichte ausgebügelt werden.“

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) Burgstr. 29-30 10178 Berlin Telefon: 030/24060-0 Telefax: 030/24060-324

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