Israel/ Palästinensische Gebiete / Gezielte Angriffe auf Medien sind Kriegsverbrechen
(Berlin) - Reporter ohne Grenzen (RSF) ruft Fatou Bensouda, die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs, dazu auf, die israelischen Luftangriffe auf Medien im Gazastreifen zu untersuchen. In den vergangenen Tagen hat die israelische Armee mit gezielten Luftangriffen die Räumlichkeiten von 23 palästinensischen und internationalen Medien zerstört. Die Medienschaffenden wurden vor den Angriffen gewarnt und konnten das Gebäude verlassen, nicht jedoch ihre Technik sichern.
"Gezielte Angriffe auf Medien sind ein Kriegsverbrechen", sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. "Wenn die israelische Armee Medienunternehmen bewusst ins Ziel nimmt, behindert sie die Berichterstattung über den Konflikt und schneidet die zivile Bevölkerung von wichtigen Informationen ab. Wir rufen deshalb die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs dazu auf, Ermittlungen aufzunehmen."
Drei Angriffe auf Mediengebäude in fünf Tagen
Am Samstag, 15. Mai, hatten israelische Luftangriffe die Büros der US-amerikanischen Nachrichtenagentur Associated Press (AP) und des katarischen Fernsehsenders al-Dschasira zerstört. Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) gaben an, dass sich in dem Gebäude "militärgeheimdienstliche" Ausrüstung der im Gazastreifen regierenden Hamas befunden habe. Die AP weist das zurück: Das Büro der Agentur sei seit 15 Jahren in diesem Gebäude untergebracht. In dieser Zeit habe es keine Hinweise auf Hamas-Tätigkeiten gegeben. AP habe dies aus Gründen der Sicherheit für ihre Journalistinnen und Journalisten selbst und aktiv überprüft.
Am 13. Mai traf ein israelischer Luftangriff den al-Shorouk-Turm in Gaza-Stadt. In dem 14-stöckigen Gebäude hatten sieben Medienunternehmen ihre Büros, darunter der Fernseh- und Radiosender al-Aqsa. Einen Tag zuvor hatte die israelische Armee den al-Jawhara-Turm zerstört, ebenfalls in Gaza-Stadt. In dem zehnstöckigen Gebäude befanden sich die Büros von 14 Medienhäusern, darunter die Tageszeitung Palestine News und der panarabische Fernsehsender al-Araby. Laut der israelischen Armee sind diese Angriffe gerechtfertigt, weil die Hamas militärische und geheimdienstliche Infrastruktur in den Gebäuden versteckt habe. Das humanitäre Völkerrecht rechtfertigt jedoch in keinem Fall Angriffe auf zivile Einrichtungen wie Medienunternehmen.
Strafgerichtshof ermittelt zu Kriegsverbrechen
Anfang März dieses Jahres hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen in den palästinensischen Gebieten eingeleitet. Palästina ist seit 2015 Vertragsstaat des Internationalen Strafgerichtshofs, Israel erkennt ihn nicht an.
Bereits im Mai 2018 hatte Reporter ohne Grenzen den IStGH aufgefordert, Ermittlungen aufzunehmen. Damals hatten israelische Scharfschützen bei Zusammenstößen an der Grenze des Gazastreifens auf insgesamt 20 palästinensische Journalistinnen und Journalisten geschossen. Reporter ohne Grenzen betrachtet dies als Kriegsverbrechen gemäß dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Israel auf Platz 86 von 180 Ländern, die Palästinensischen Gebiete stehen auf Platz 132. Mehr zur Situation von Journalistinnen und Journalisten in der Region finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/israel und www.reporter-ohne-grenzen.de/palaestinensergebiete.
Quelle und Kontaktadresse:
Reporter ohne Grenzen e.V. (ROG)
Pressestelle
Friedrichstr. 231, 10969 Berlin
Telefon: (030) 609 895 33 - 0, Fax: (030) 202 15 10 - 29