Irak: UN-Expertenkommission muss Programm für Justizreform entwickeln / Menschenrechts- und mögliche Kriegsverbrechen aufarbeiten
(London/Berlin) - amnesty international (ai) fordert die sofortige Einrichtung einer UN-Expertenkommission, die bestehende Verwaltungsstrukturen auswerten und ein umfassendes Reformprogramm für das irakische Justizsystem entwickeln sollte. Menschenrechtsverletzungen müssen systematisch und unabhängig aufgearbeitet werden.
In einem heute veröffentlichten Papier führt ai auf, welche grundlegenden Prinzipien bei der Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen gelten müssen. Unter anderem dürfen Zivilisten oder Soldaten, die gegen internationales Recht verstoßen haben, nicht vor ein Militärtribunal gestellt werden. Keinem Angeklagten darf die Todesstrafe drohen. Alle Verbrechen müssen in fairen Verfahren untersucht, die Opfer umfassend entschädigt werden. Das Papier enthält außerdem eine Übersicht über verschiedene Aufarbeitungs-Modelle und zeigt deren jeweiligen Vor- und Nachteile auf.
"Die Vereinten Nationen verfügen über die notwendige Expertise, um Vorschläge für eine umfassende Reform des Justizwesens zu erarbeiten. Die Einbindung von Vertretern der irakischen Zivilgesellschaft sollte hierbei eine zentrale Rolle spielen", sagte Ruth Jüttner, Irak-Expertin von amnesty international.
Eine weitere Aufgabe der UN-Expertenkommission sollte es sein, Empfehlungen für die strafrechtliche Verfolgung der Täter in der Übergangszeit zu geben. Zu den möglichen Modellen zählen internationale ad-hoc-Tribunale und gemischte Tribunale unter Einbeziehung irakischer Juristen. "Vorschläge über die Einrichtung von Tribunalen der Alliierten bergen das Risiko, als 'Siegerjustiz' wahrgenommen zu werden", warnte Ruth Jüttner. "Weiterhin ist entscheidend, dass die Einrichtung solcher ad-hoc-Tribunale oder anderer Übergangsinstitutionen eng mit einem umfassenden Reformkonzept für das irakische Justizsystems verknüpft ist."
Das ai-Papier mit dem Titel "Iraq - Ensuring justice for human rights abuses" ist unter http://web.amnesty.org/library/Index/ENGMDE140802003. zu finden.
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