Internationale Automobilausstellung 2003: Wo bleibt die Verbrauchskennzeichnung für Autos? / Deutschland droht Millionbuße aus Brüssel
(Berlin) - Anlässlich der 60. Internationalen Automobilausstellung hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) die Bundesregierung aufgefordert, endlich eine klare Kennzeichnung des Kraftstoffverbrauchs von Autos einzuführen. Das schuldet die Bundesregierung nicht nur den Verbrauchern und der Umwelt, sondern auch dem EU-Recht, sagte vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. An die Adresse der Automobilindustrie richtete Müller die Aufforderung, ihre Blockadehaltung gegen die Verbrauchskennzeichnung aufzugeben.
Die Bundesregierung verschleppt seit mehr als zwei Jahren die Umsetzung einer EU-Richtlinie zur obligatorischen Kennzeichnung des Kraftstoffverbrauchs. Dies gehe doppelt zu Lasten der Verbraucher, so Edda Müller: Den Verbrauchern werden die nötigen Informationen verweigert, damit sie beim Autokauf auf die Verbrauchskosten achten können. Und dazu mutet die Bundesregierung den Verbrauchern noch zu, dass sie als Steuerzahler am Ende für millionenschwere Bußgeldzahlungen an Brüssel herhalten müssen.
Weil in Deutschland noch immer eine Kennzeichnungspflicht fehlt, die den Energiebedarf von Autos klar und eindeutig erkennbar macht, läuft inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Es ist schon lange alles gesagt und getan, was für die Einführung der Verbrauchskennzeichnung nötig ist, sagte Edda Müller. Jetzt liegt es an der Bundesregierung zu handeln.
Auf der Grundlage der vom ADAC, vom VCD und vom Umweltbundesamt entwickelten Vorschläge fordert der vzbv eine Kennzeichnung, bei der Fahrzeuge in Energieeffizienzklassen von A bis G eingeteilt werden (s. Grafik zu Beispielen für die Verbrauchskennzeichnung (im Dokumenten-Download). Durch diese Klassifizierung sollen die Unterschiede im Kraftstoffverbrauch bei vergleichbaren Modellen transparent werden. Was für Kühlschränke und Waschmaschinen längst selbstverständlich ist, muss auch für das Auto gelten, sagte vzbv-Vorstand Müller. Der Strom für alle kennzeichnungspflichtigen Haushaltsgeräte zusammen kostet 100 bis 300 pro Jahr und Haushalt, die Spritkosten für den PKW betragen dagegen mit rund 1300 ein Vielfaches dessen. Von der PKW-Verbrauchskennzeichnung erwartet der vzbv eine deutliche Veränderung der Nachfrage beim Neuwagenkauf und einen Innovationsschub bei kraftstoffsparenden Technologien. So hat eine österreichische Untersuchung im Auftrag der EU-Kommission ergeben, dass ein vergleichendes Label bei Pkw bis 2010 zu einem Verbrauchsrückgang von bis zu fünf Prozent führen kann.
Wenn die Veranstalter der IAA die diesjährige Messe als ein ,noch nie dagewesenes Innovationsfeuerwerk preisen, sollte das nicht nur für neues Design und neue Modelle gelten. Die Automobilindustrie trägt auch eine Verantwortung für die Auswirkungen des PKW-Verkehrs auf den Klimawandel und dafür, dass Autofahren in Zeiten steigender Energiepreise erschwinglich bleibt, meinte vzbv-Vorstand Müller. Es hat lange genug gedauert, bis der Widerstand der Branche gegen den Dieselrußfilter bröckelig geworden ist. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Automobilindustrie ihre Blockadehaltung gegen die Energieverbrauchskennzeichnung aufgibt. Schließlich habe sich die deutsche Automobilindustrie bereits 1990 dazu verpflichtet, ihren Teil dazu beizutragen, dass die CO2-Emissionen des Straßenverkehrs bis zum Jahr 2005 um 25 Prozent reduziert werden hiervon sei die Realität aber weit entfernt (vgl. Grafik zur Entwicklung der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs im Dokumenten-Download).
Die Selbstverpflichtung der deutschen Automobilindustrie:
"Die Automobilindustrie bekennt sich zu ihrer Verantwortung, wichtige Voraussetzungen für einen leistungsfähigen, umweltfreundlichen, sparsamen und sicheren Verkehr zu schaffen. Sie hat sich 1990 der Bundesregierung gegenüber verpflichtet, ihren Teil dazu beizutragen, daß die CO2-Emissionen des Straßenverkehrs, ungeachtet der weiteren Zunahme des Fahrzeugbestandes, bis zum Jahr 2005 um mindestens 25 Prozent verringert werden können..."
(u.a. veröffentlicht in der VDA-Schrift "Mobilität sichern - Umwelt bewahren", September 1993)
Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin
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