Innovative Geschäftsmodelle und große Produktivitätssprünge gelingen am ehesten durch interdisziplinäre Zusammenarbeit und Fehlertoleranz
(Frankfurt am Main) - Das 32. HESSENFORUM bot 230 Gästen mit einer Business- und einer Wissenschafts-Talkrunde Lösungsansätze und Best-Practice-Beispiele für einige der größten Herausforderungen, vor der die Metall- und Elektro-Industrie aktuell steht. "Innovative Geschäftsmodelle und große Produktivitätssprünge gelingen uns vielfach durch die Kooperationen mit IT-Unternehmen und Hochschulen, am ehesten durch interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie eine fehlertolerante Kultur. Das ermöglicht Kurs zu halten, wenn man ständig neu priorisieren muss, wie man mit den vielfältigen Herausforderungen von Krieg, Pandemie, Lieferkettenproblemen und der digitalen Transformation umgehen muss", eröffnete Wolf Matthias Mang, Geschäftsführer der Arno Arnold GmbH, Aufsichtsratsvorsitzender der Oechsler AG und Vorstandsvorsitzender von HESSENMETALL den Business-Talk. Mang weiter: "Auch wenn wir uns auf unsere unternehmerischen Fähigkeiten verlassen können, wir brauchen jetzt mehr denn je eine Wende hin zu einer aktiven Wirtschaftspolitik, die Weichen für mehr Wachstum und Flexibilität stellt und ein Belastungsmoratorium für die Wirtschaft beinhaltet." Die Talkrunden beschäftigten sich mit beschleunigten und erfolgreichen Innovationen. Die Unternehmer Julia Reichert und Uwe Bartmann sowie Ralph Wangemann sprachen über die KI-Affinität von Gießereien, New Leadership und die Zukunft der industriellen Beschäftigung im Strukturwandel und stellten mit HESSENMETALL kooperieren, sprachen mit Hauptgeschäftsführer Dirk Pollert über anwendungsbezogenen Technologietransfer und was in Hessen noch für den erfolgreicheren Austausch zwischen Unternehmen und Hochschulen verbessert werden kann.
Business-Talk
"Technologie plus Innovation - die intelligente Kombination macht's!", sagte Julia Reichert, Geschäftsführende Gesellschafterin der ROEMHELD Gruppe. "Leider wird der Mensch bequem, wenn alles läuft. Man muss die Dinge immer wieder komplett hinterfragen und auch die Kunden mit der Nase draufstoßen, an gravierenden Veränderungen intensiver zu arbeiten. Man darf nicht dem hinterhertrauern, was man jetzt etwa bei der klassischen Automobilindustrie verliert, sondern man sollte den Mut haben, neue Wege zu gehen. Auch in Zukunft ist das, was die Autoindustrie benötigt, reichlich. Man muss das Potenzial jetzt für sich entdecken und die richtigen Ansätze dafür finden. Egal welcher Antrieb: Es müssen ja trotzdem die verschiedensten Bauteile gefertigt werden - warum nicht mit Unterstützung unserer Lösungen."
Dem schloss sich Uwe Bartmann, CEO Siemens Deutschland und Mitglied des Vorstands von HESSENMETALL an. "Wir müssen unsere Technologieführerschaft fortlaufend weiter tapfer verteidigen und dürfen uns keinesfalls auf unseren Lorbeeren ausruhen. Technologie allein reicht nicht aus. Will man dauerhaft an der Spitze sein, geht es auch um einen höheren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zweck und Business Cases. Der Kunde betrachtet seine Investition in eine Technologie unter strategischen, betriebswirtschaftlichen und vielen weiteren Aspekten, wie zum Beispiel Nachhaltigkeit. Der Kunde und will über die reine Technologie hinaus einen Mehrwert haben." Er verwies auf den im Frankfurter Stadtteil Gateway Gardens neu entstehenden neuen Siemens-Standort mit modernster Siemens-Gebäudetechnik. "Auf rund 35.000 Quadratmetern nutzen wir wirklich alles, was Siemens beim Thema smart Building zu bieten hat. Das neue Büro-Ensemble "The Move" ist unsere Antwort auf die Arbeitswelt von morgen, in der man dank modernster Technologien am Arbeitsplatz die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten berücksichtigen kann."
Zu den Faktoren für eine erfolgreiche Arbeitsorganisation sagte Ralph Wangemann, Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor Opel Automobile GmbH: "Die Zukunft der industriellen Beschäftigung im Strukturwandel erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit: Die Bereitschaft zum Wandel liegt uns Opelanern wohl im Blut. Die Transformation kostet Arbeitsplätze, die am Verbrennungsmotor hängen, schafft aber auch neue in bestimmten Chancenfeldern. Deshalb arbeiten wir am Umbau und Aufbau von Arbeitsplätzen, die dazu passen, dass Autos immer mehr zu rollenden Computern werden. Dreh- und Angelpunkt ist unsere strategische Aus- und Weiterbildung, zu der auch eine eigene Software-Akademie gehört, die wir auf Konzernebene gerade aufbauen."
Wissenschafts-Talk
Die Spitzen der vier HESSENMETALL-Hochschulkooperationspartner tauschten sich gemeinsam mit Dirk Pollert, Hautgeschäftsführer HESSENMETALL, über Best-Practice von anwendungsbezogenem Technologietransfer aus. Dirk Pollert: "Jede Branche und jedes Unternehmen verfügt über eigene Expertise, gleiches gilt für die Hochschulen. Wenn es uns gelingt, universitäre Forschung und Unternehmenspraxis zu einem Innovationsaustausch mit am Ende marktreifen Ergebnissen zusammenzubringen, dann haben wir als Arbeitgeberverband etwas richtig gemacht. Gerade durch den Strukturwandel wird es immer wichtiger in stetem Kontakt zu den Hochschulen zu stehen, um neue Ideen und Technologien in die unternehmerische Praxis umsetzen und so bessere Prozesse und Produkte entwickeln zu können."
Die TU Darmstadt setzt auf Vernetzung und Austausch mit ihren Partnerinnen und Partnern in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft, die stärkere Vernetzung von Forschung und Unternehmen. "An der TU Darmstadt denken, lehren und agieren wir in allen Bereichen von Beginn an interdisziplinär. Diese Stärke wird auch in Zukunft für die Entwicklung echter Innovationen weiter an Bedeutung gewinnen. Wir werden unser Innovations-Ökosystem kontinuierlich weiter ausbauen. Durch unsere partnerzentrierte Vorgehensweise nehmen wir Impulse auf und können produktive Partnerschaften zwischen inner- und außeruniversitärer Welt initiieren. Wir denken sehr stark interdisziplinär, das ist eine Stärke, die in Zukunft noch wichtiger sein wird und dem German Engineering Auftrieb geben wird. Damit auch Unternehmen von dieser Stärke profitieren, möchten wir ein Transfer-Informationssystem aufbauen. Die Idee: per Knopfdruck sehen, wer was in den Unternehmen braucht. So lassen sich Forscher und Entwickler mit den Anwendern viel leichter zusammenbringen", erklärte Prof.'in Dr. Tanja Brühl, Präsidentin der Technischen Universität Darmstadt. Die TU Darmstadt wolle durch wissenschaftliche Impulse einen Beitrag zu Veränderungsprozessen leisten - sei es bei der Nachhaltigkeitswende oder der Digitalisierung aller Lebensbereiche. "Uns zeichnet eine lange und gelebte Tradition problemzentrierter Interdisziplinarität aus. Wir denken sehr lösungsorientiert und bringen die Expertisen zusammen, die es braucht, um drängende Fragen zu lösen. Beispielhaft ist hier unsere Forschung im Bereich der Künstlichen Intelligenz, z.B. im Hessischen Zentrum für künstliche Intelligenz (hessian.AI), oder unsere Projekte im Bereich der Energieforschung."
Den Anspruch der Frankfurt University of Applied Sciences erklärte ihr Präsident Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich: "Der "Ideen-, Wissens- und Technologietransfer sind unsere Kern-Mission. Deshalb gründeten wir im Frankfurter Nordend das House of Science and Transfer, kurz HoST. Dort wollen wir Ideen, Wissen und Technologien aus der Frankfurt UAS leichter in die Praxis bringen und gleichzeitig Ideen, Wissen und Impulse aus der Praxis aufnehmen. Wir adressieren das HoST als einen Ort partizipativen Transfers, denn Transfer geht nur gemeinsam. Wir sind führend, wenn es um Logistik und Mobilität geht, aber auch z. B. um die Zukunft des Alterns. In diesem Zusammenhang geht es auch um die Zukunft des Wohnens. Wenn es etwa um den Einsatz von Robotern in der Pflege geht, brauchen wir technische Lösungen und müssen natürlich auch ethische Fragen klären. Wir haben eine Musterwohnung aufgebaut, die immer wieder aktualisiert wird über die Implementierung neu entwickelter Technologien. Vieles funktioniert dort schon per Knopfdruck, um das Leben leichter zu machen."
Auch Dr. Oliver Fromm, Kanzler der Universität Kassel unterstreicht: "Wissenstransfer ist keine Einbahnstraße. Dauerhafte Kooperationen, in denen Wissen und Erfahrung in beide Richtungen geteilt wird, stärken die Unternehmen und die Universitäten. Wenn Praxis und Theorie aufeinandertreffen, können sich phantastische Symbiosen und Möglichkeiten entwickeln, wenn man es zulässt. Gemeinsam trägt man so zu wirtschaftlichem Erfolg bei." Als ein besonders gelungenes Beispiel verwies er auf das Fachgebiet Gießereitechnik. Es zählt zu den führenden Forschungs- und Bildungseinrichtungen für Gießereitechnik international, dank sowohl grundlagenorientierten als auch industriell ausgerichteten Forschungsprojekte. Die dienen vor allem der zielgerichteten Entwicklung und Charakterisierung neuer Leichtbau-Werkstoffe und -Anwendungen auf Aluminium- und Magnesiumbasis sowie innovativer Technologien und Verfahren zu deren gießtechnischen Herstellung und Verarbeitung. Gemeinsam trägt man so zu wirtschaftlichem und wissenschaftlichem Erfolg bei."
Den Schlüssel zum Erfolg sieht Prof. Dr. Matthias Willems, Präsident der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM), bei der Übertragung der in den Unternehmen vorhandenen Kompetenz auf neue Anwendungsgebiete. "Die vorhandene technische Expertise ist extrem wichtig, um sich etwa mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz neue Geschäftsfelder zu erschließen. Neuerungen gelingen vor allem dann, wenn man Köpfen aus verschiedenen Disziplinen Raum gibt, gemeinsam kreativ zu werden. Allein über das Duale Studium haben wir ein Ökosystem - von knapp 1000 Unternehmen, die mit ihren Fragestellungen zu uns kommen. Manchmal sind wir dann der Ideengeber, manchmal setzen wir die Ideen aber auch einfach nur um oder entwickeln sie weiter. Bei allem denken wir sehr interdisziplinär. Dafür arbeiten wir auch mit der Justus-Liebig-Universität und der Uniklinik Gießen zusammen. In Kooperation mit Medizinern entwickelt zum Beispiel das Team CardioIQ eine KI, die zur Früherkennung von Krankheiten EKG-Daten auswertet."
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(HESSENMETALL) Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V.
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