Industriekunden fordern Energiekostenentlastung durch Laufzeitverlängerung und EEG-Förderung mit Augenmaß
(Berlin) - Die Festlegung im Koalitionsvertrag, die zukünftige Energiepolitik solle ideologiefrei, technologieoffen und marktorientiert sein, macht aus Sicht des VIK, der Interessenvertretung industrieller und gewerblicher Energiekunden, Hoffnung. Ebenso wie die Ankündigung eines neuen Energiekonzeptes für Deutschland. "Das neue Energiekonzept wird hoffentlich die Realitätslücke zwischen der Ausrichtung der Energiepolitik der letzten Jahre und den Notwendigkeiten eines Industriestaates schließen", so der VIK-Vorsitzende Dr. Volker Schwich bei der VIK-Jahrespressekonferenz 2009.
Hierzu gehört, die Laufzeiten der Kernkraftwerke planungssicher zu verlängern. Es ist richtig und notwendig, den überstürzten Ausstieg aus einer Technologie aufzugeben, auf die aus Gründen einer wettbewerbsfähigen und CO2-armen Stromerzeugung absehbar nicht verzichtet werden kann. Aus Sicht des VIK soll der Staat die so zusätzlich entstehenden Gewinne von den Kraftwerksbetreibern abschöpfen und damit vor allem die Kunden entlasten. Die Chance zum Ausgleich der hohen Wettbewerbsnachteile industrieller Verbraucher muss genutzt werden!
Erneuerbare Energien erhalten bereits durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine mehr als auskömmliche Vergütung. Zusätzliche Zahlungen aus dem "Laufzeitverlängerungstopf" wären aus Sicht des VIK unangemessen. Die jetzigen EEG-Regelungen seien vielmehr dringend auf den Prüfstand zu stellen und endlich um Kosteneffizienzaspekte zu bereichern. Die EEG-Zahlungen der Stromkunden für Erneuerbare in Höhe von 12 Mrd. Euro im Jahr 2010 (plus 77 Prozent gegenüber 2009) sind hier ein deutliches Warnsignal.
Der VIK fordert die neue Bundesregierung zudem dringend auf, sich bei der Ausgestaltung des zukünftigen CO2-Emissionshandels eindeutig zugunsten des Industriestandortes Deutschland zu positionieren. Der Emissionshandel muss industrieverträglich sein, denn gerade für das größte Industrieland der EU - Deutschland - steht viel auf dem Spiel. Die festgelegten Regelungen, die eine Abwanderung hocheffizienter Anlagen aus Deutschland und der EU in Gebiete außerhalb des Emissionshandels (Carbon Leakage) verhindern sollen, drohen von der Kommission ausgehöhlt zu werden. So dürfen die Benchmarks als Maßstab für die freie Zuteilung von CO2-Zertifikaten an die Industrie nicht viel zu niedrig angesetzt und weiter gekürzt werden. Mit solchen Plänen konterkariert die Kommission die ursprünglichen Ziele dieser Regelung, die eine wirtschaftlich nicht zu verkraftende Belastung der gefährdeten Branchen in der EU verhindern soll. Eine Kompensation der Strompreiseffekte des Emissionshandels - nichts anderes als ein Ausgleich für die unvermeidbare "Ersteigerung" der Zertifikate von den Stromerzeugern - muss zudem in die Realität umgesetzt werden. Mehr als 2,4 Mio. Arbeitsplätze der energieintensiven Branchen und der vor- und nachgelagerten Sektoren benötigen diese Regelung.
Die Dringlichkeit dieser Botschaft wird deutlich angesichts der höchsten Strompreise der Unternehmen im Krisenjahr 2009 (Bild VIK-Strompreisvergleich). Zusätzliche Ausgleichszahlungen für weniger abgenommene Strommengen steigern diese Kosten noch, ebenso wie der starke Anstieg der Netzentgelte. Für das nächste Jahr droht zudem noch die um 77 Prozent -steigende EEG-Abgabe. Für die vielen Industrieunternehmen, die nicht von einem verringerten EEG-Satz profitieren können, heißt das: im Jahr 2010 werden mehr als 20 Euro/MWh oder etwa 20 Prozent ihrer Strompreise vom EEG bestimmt.
Mit großer Sorge weist der VIK auch auf die Benachteiligung der energieeffizienten und vergleichsweise kostengünstigen Klimaschutztechnologie Kraft-Wärme-Kopplung hin. Obwohl von der Politik gewünscht - Ausbauziel bis 2020 plus 25 Prozent - muss die KWK gegen politisch aufgebaute Widerstände kämpfen. So erhalten EEG-Anlagen kostenlosen Netzzugang und konstante Fördersätze, auch wenn gar kein Strom benötigt wird. Dagegen ist es bei der Einspeisung von KWK-Strom zunehmend der Fall, dass die Einspeisung ins Netz sogar noch Geld kostet. Ebenso unverständlich wäre für den VIK die vorgesehene Notwendigkeit für KWK-Anlagenbetreiber, CO2-Zertifikate ersteigern zu müssen. Einerseits aus Klimagründen hoch gelobt und erwünscht, würde ihnen andererseits mit der gleichen Begründung so die wirtschaftliche Existenz entzogen.
Die Öffnung des deutschen Erdgasmarktes für den Wettbewerb läuft nach wie vor zäh. Das Ausgleichs- und Regelsystem GABiGas führt z.B. dazu, dass die Industriekunden die Belieferung von Standardlastprofilkunden subventionieren. Eine aus Sicht des VIK nicht hinnehmbare, rechtswidrige Benachteiligung mit Segen der Bundesnetzagentur. In diesem Zusammenhang wird die notwendige Regelenergie, die für die Stabilität des Netzes benötigt wird, trotz "Wettbewerbs" immer teurer: enorme Preissteigerungen bis zu 700 Prozent müssen alle Industriekunden hier verkraften. Spitzenreiter ist dabei das Marktgebiet NetConnect Germany. Der lang überfällige Zugriff der Regulierung auf die deutschen Ferngasnetze ist zwar endlich gelungen, aber die Verluste für die Kunden bleiben groß. VIK schätzt, dass rund 250 Mio. Euro zu viel gezahlte Netzentgelte (2006 - 2008) für immer verloren bleiben. Nur rund 90 Mio. Euro (überhöhte Entgelte seit 10/2008) sollen wirklich an die Kunden zurückfließen. Aber auch dagegen wird von den Netzbetreibern noch vor Gericht gerungen.
Mehr Details und Grafiken zu den o.g. Angaben finden Sie unter www.vik.de bei den Pressemitteilungen zur VIK-Jahrespressekonferenz 2009.
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VIK Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft
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