Industrie: Zukunftstechnologie nicht als Risikotechnologie stigmatisieren / Verbände-Anhörung zum Gentechnik-Gesetz
(Frankfurt/Main) - "Der Regierungsentwurf zum Gentechnikgesetz ist in der vorgelegten Fassung für die Hersteller und Anwender von gentechnisch veränderten Pflanzensorten nicht akzeptabel." Darauf hat bei der heutigen (02. Februar) Anhörung in Bonn Regina Fischer vom Industrieverband Agrar hingewiesen. Für die Unternehmen der Pflanzenbiotechnologie mahnte sie eine 1:1-Umsetzung der europäischen Freisetzungsrichtlinie an. Diese Richtlinie sichere bereits ein außerordentlich hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt und lege klare wissenschaftliche Bewertungsmaßstäbe fest.
Im Entwurf der Bundesregierung wird dagegen die Koexistenz von Anbauformen mit und ohne Gentechnik in den Zweck des Gesetzes einbezogen. Fragen der Sicherheit werden dadurch mit rein wirtschaftlichen Interessen verknüpft. Dabei gehen alle Verschärfungen ausschließlich und einseitig zu Lasten der Züchter und der Landwirte, die gentechnisch veränderte Sorten anbauen. "Die Bundesregierung verfolgt hier ganz offensichtlich das Ziel, die Gentechnik ausschließlich als Risikotechnologie zu stigmatisieren", kritisierte Fischer. "Dabei ist diese Zukunftstechnologie ein wesentliches Element einer Innovationsoffensive, wie sie der Bundeskanzler ausgerufen hat."
Paradebeispiele für die Verquickung von Sicherheits- und Koexistenzaspekten sind die Regelungen zum Standortregister oder zum Schutz ökologisch sensibler Gebiete. Für das Standortregister müssen die genaue Lage und Größe eines Feldes gemeldet, auf dem gentechnisch veränderte Sorten ausgesät werden. "Das ist unpraktikabel und für die betroffenen Landwirte unzumutbar" so Fischer. "Vor allem in Anbetracht drohender Feldzerstörungen lehnen wir ein Standortregister ab." Die im Gesetzentwurf geplanten Maßnahmen zum Schutz ökologisch sensibler Gebiete führen aus Sicht der Industrie zu einer unnötigen Doppelregulierung. Sicherheitsrelevante Aspekte werden bereits im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das Saatgut bewertet und sind in anderen Gesetzen geregelt. Die Industrie kritisiert außerdem, dass eine Rechtsverordnung zur "guten fachlichen Praxis" umfangreiche Vorsorgepflichten und Koexistenzregelungen für Landwirte und Anwender von Grüner Gentechnik zementieren soll. "Die Koexistenzleitlinien der EU-Kommission bieten für die Anbaupraxis eine klare Orientierungslinie, die den regionalen Gegebenheiten Rechnung trägt, sie lassen aber auch den Landwirten die nötige Handlungsfreiheit" betonte Fischer. "Eine gesetzliche Fixierung widerspricht dem Ziel, immer auf dem neuesten Stand zu sein." Die Forderung nach einem Monitoring, einer Beobachtungspflicht beim Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen, wird von der Industrie grundsätzlich unterstützt; die im Gesetzentwurf dafür vorgesehenen Regelungen bergen jedoch, so Fischer, die Gefahr, dass kostspielige Datenfriedhöfe ohne wesentlichen Erkenntnisgewinn entstehen.
"Insbesondere im Sinne einer Trennung von Schutzzweck einerseits und Gewährleistung der Koexistenz andererseits muss der Gesetzentwurf dringend nachgebessert werden", erklärte Fischer."
Der Industrieverband Agrar e. V. mit Sitz in Frankfurt am Main ist der Zusammenschluss von Unternehmen der agrarchemischen und agrarbiologischen Industrie in Deutschland. Zu den Geschäftsfeldern der 50 Mitgliedsunternehmen gehören Pflanzenschutz, Pflanzenernährung, Schädlingsbekämpfung und Biotechnologie.
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