Indien will Berufsbildung aus Deutschland importieren / Indische Wirtschaftsexperten informieren sich bei der Handwerkskammer Koblenz über Qualifizierungssysteme für Jugendliche bis zum Meister
(Koblenz) Der wirtschaftliche Aufschwung in unserem Land ist unübersehbar, doch was wir ganz dringend brauchen, sind gut ausgebildete junge Menschen gerade im mittelständischen Bereich, im Handwerk, bringt es Ramesh Datla, Leiter der hochkarätigen indischen Wirtschaftsdelegation auf den Punkt. Bei einer Visite in den Berufsbildungszentren der Handwerkskammer Koblenz zeigten sich die 60 Gäste tief beeindruckt von dem hohen Niveau der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Ab heute definieren wir den Begriff Handwerk neu, schwärmten die Inder nach ihrem Rundgang durch die Kfz-Ausbildungswerkstätten und die CNC-Fertigung bis hin zu den Werkstätten für Maurer, Straßenbauer oder Schweißfachleute.
Die Werkstätten, das Gespräch mit den Lehrlingen, der Austausch mit angehenden Meistern für die indische Delegation, die sich aus Vertretern großer Unternehmen ihres Heimatlandes zusammen setzte, in denen sie für die Bildung verantwortlich zeichnen, gab es aus erster Hand ungefilterte Informationen. Darüber hinaus informierte die Handwerkskammer Koblenz über ihr Aufgabengebiet und konnte auch über die internationalen Partnerschaften rund um den Globus berichten. Berufliche Bildung und deutsche Standards sind längst ein Exportgut, machten HwK-Präsident Karl-Heinz Scherhag und Hauptgeschäftsführer Dr. h.c. mult. Karl-Jürgen Wilbert deutlich, die auch im Ausland immer stärker gefragt sind. Das deutsche duale Ausbildungssystem gilt vielen Nationen als mustergültig und schließt eine erstklassige Ausbildung in Theorie und Praxis ein. Ein Haben, um das man uns im Ausland beneidet, das in angepasster Form auch dort eingeführt wird. Warum nicht auch in Indien, macht die Handwerkskammer Koblenz deutlich. Die Gespräche über eine künftige Zusammenarbeit haben mit dem aktuellen Besuch eine neue Qualität erhalten. Es ist ein interessanter Markt, auch und gerade für das Handwerk. Den gilt es zu nutzen, um von künftigen Entwicklungen zu profitieren. Einige Handwerksbetriebe aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz können dabei bereits auf gute Erfahrungen zurückgreifen.
Nach dem Besuch der Berufsbildungszentren der Handwerkskammer stand der direkte Dialog in den Handwerksbetrieben auf dem Programm. Zehn Betriebe gaben Einblicke hinter die Kulissen, luden in die Produktion ein, antworteten auf alle Fragen. Im Mittelpunkt auch hier: Berufliche Bildung, Qualifikation, Finanzierung der Ausbildung, der Einsatz von Hightech. Das Spektrum handwerklicher Vielfalt reichte von der Tischlerei, die weltweit u.a. Luxusyachten ausbaut, einen Fahrradentwickler, der den weltweit leichtesten Fahrradrahmen baut, bis hin zum Orthopädietechniker, zwei Elektrounternehmen, einem international aufgestellten Metallbauer, der durch einen gebürtigen Türken geführt wird all das nahmen die indischen Gäste als Eindrücke aus dem regionalen Handwerk mit.
Über konkrete Vorstellungen zur beruflichen Bildung, über die Umsetzung deutscher Werte in diesem Bereich für den indischen Wirtschaftsraum wurde bei den Vorplanungen für ein Berufsbildungszentrum gesprochen, das möglichst schnell in Pune, südlich von Mumbai entstehen soll. Wir werden in den kommenden Jahren Hunderte neuer Zentren aufbauen, verrät Delegationsleiter Ramesh Datla, und macht auch deutlich, wie ernst den Vertretern indischer Spitzenunternehmen und der Regierung das Thema Ausbildung ist. Bisher galt Ausbildung als gesellschaftlicher Luxus. Wir denken um und verstehen es als gesellschaftliche Verantwortung, als Pflicht, wollen wir den wirtschaftlichen Aufschwung fortsetzen. Das wird nur mit einer soliden beruflichen Ausbildung zu schaffen sein. Dabei verkennen wir nicht die Realitäten. Das deutsche Niveau kann nur mit hohem Aufwand im finanziellen und persönlichen Bereich erreicht werden und auch nicht von heute auf morgen.
Für Bernhard Steinrücke, Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Indischen Handelskammer mit Sitz im indischen Mumbai, der den Besuch der Delegation auch in Abstimmung mit dem rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium organisierte, ist die Deutschland-Tour am Tag der Koblenz-Visite ein voller Erfolg. Die Einblicke in die Praxis der Berufsbildung sind durch nichts zu ersetzen. Das rege Interesse ist auch durch die zahlreichen Fragen deutlich geworden. Die indische Wirtschaft sucht den Austausch, nicht nur im Handel. Sie wollen das eigene System der beruflichen Bildung verändern und das im Einklang zwischen Staat und Unternehmen. Steinrücke ist als Kenner der indischen Wirtschaft überzeugt, dass große Veränderungen in diesem Bereich anstehen nicht irgendwann, sondern sehr schnell.
Chancen für Rheinland-Pfalz erkennt aus dieser Entwicklung in einem der größten Märkte der Welt auch das Wirtschaftsministerium des Landes. Abteilungsleiter Hans-Georg Schneider: Der Austausch mit Indien ist bereits sehr intensiv und Besuche wie dieser zeigen das ungeheure Potential, das es zu erschließen gilt. Gehen die Wirtschaftskontakte sogar in Bereiche wie Ausbildung und Qualifikation, ergeben sich auch vor Ort ganz neue Perspektiven für die Menschen. Das trägt wiederum zur Stärkung der Wirtschaftskraft bei und kurbelt die Binnenkonjunktur an. Es wird aus Indien eine starke Nachfrage nach Leistungen und Produkten geben, auch in unsere Richtung. Insofern unternimmt die Politik große Anstrengungen, die heimische Wirtschaft und die Indiens zusammenzubringen. Mit Erfolg, wie der aktuelle Besuch zeigt. Und auch die Gespräche in den Handwerksbetrieben dienten nicht nur der reinen Information: Auch hier wurde über Möglichkeiten der Zusammenarbeit gesprochen, sammelte das Spitzenhandwerk made in germany als Exportschlager kräftig Pluspunkte. Wir haben gesehen, was das Handwerk kann, so abschließend Delegationsleiter Ramesh Datla, und waren tief beeindruckt. Mit der Ausbildung junger Menschen in neuen Zentren, die sich an dem orientieren, was wir bei der HwK Koblenz gesehen haben, gehen wir einen ersten Schritt in diese Richtung handwerklicher Leistungsfähigkeit, was auch Beschäftigung und Ausbildung in den Unternehmen einschließt.
Quelle und Kontaktadresse:
Handwerkskammer Koblenz
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Friedrich-Ebert-Ring 33, 56068 Koblenz
Telefon: (0261) 3980, Telefax: (0261) 398398
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