Pressemitteilung | k.A.

In Vorbereitung der eigenen Niederlassung ist der Rat erfahrener Kollegen nicht unbedingt gefragt / Pilotstudie zeigt bemerkenswerte Ergebnisse

(Berlin) - Die Zeiten ändern sich! Eine Feststellung, die nicht nur Gegenstand des berühmten Dylan Songs ist sondern auch für die niedergelassenen Ärzte zutrifft. Es ist noch nicht lange her, da war unter der Kollegenschaft die „Bus ist voll“ – Mentalität nicht selten anzutreffen. Diese Mentalität artikulierte die Angst, dass es zu viele Vertragsärzte im System geben könnte und sich dadurch die eigenen Einkunftsmöglichkeiten verschlechtern würden. Hilfreich und solidarisch war dies Mentalität nicht. „Der Bus“ steht, aufgrund der demographischen Entwicklung, vor einem akuten Fahrgästemangel.

Bereits heute gibt es deutliche Warnsignale, die auf eine Unterversorgung in großen Bereichen der neuen Bundesländer hinweisen. Obwohl der „Bus“ nie wirklich überbesetzt war, haben sich durch die ungünstige wirtschaftliche Entwicklung und einer rigiden Gesetzgebung die Einkunftsverhältnisse der Vertragsärzte deutlich verschlechtert. Die Gesellschaft steht heute vor dem Dilemma, dass der Arztberuf viel an Attraktivität für junge Menschen verloren hat. Das ist nicht nur den sinkenden Einkommenschancen geschuldet, hier tragen eine überbordende Bürokratie und unausgegorene gesundheitspolitische Vorstellungen der Politik einiges zusätzlich bei. Ist es vor solch einem gesamtgesellschaftlichen Hintergrund verwunderlich, dass sich immer weniger Kolleginnen und Kollegen für die Niederlassung als Vertragsarzt entscheiden? Zumal dieser Schritt mit einem nicht unbeträchtlichen finanziellen Risiko verbunden ist.

Diese Ausgangssituation war für die „Jungen Ärzte im NAV – Virchow-Bund“ der Anlass einmal zu ergründen, was jungen Ärzten, die den Weg in die Niederlassung gewagt haben, so auf den Nägeln brennt. Die Ergebnisse dieser Pilotstudie sind nicht vollständig, sie reflektieren nur einen kleinen Sektor in dieser Problematik, sind aber doch durchaus bemerkenswert.

In den Monaten Oktober und November 2004 haben wir versucht, mittels eines standardisierten Fragebogens alle 87 Ärzte, die sich im Verlaufe dieses Jahres in Südwürttemberg niedergelassen haben, telefonisch zu befragen. Von den 87 haben wir 52 (59,78 Prozent) erreicht und 51 (58,62 Prozent) waren bereit, unsere Fragen zu beantworten. Die Gesprächsdauer am Telefon betrug zwischen zwei und fünf Minuten. Die befragten Ärzte repräsentieren ein Durchschnittsalter von 40,64 Jahre, wobei die Streuung zwischen 34 Jahre (der jüngste Proband) und 55 Jahre (der älteste Proband) liegt. Die Ärzte sind mit einem Anteil von 78,43 Prozent deutlich stärker in der Untersuchungspopulation vertreten als die Ärztinnen (21,57 Prozent). Das Verhältnis zwischen Fach- und Hausärzten liegt mit 39,22 Prozent Hausärzten und 60,78 Prozent Fachärzten im Rahmen des für die gesamte Bundesrepublik gültigen Verhältnisses. Es lassen sich folgende Kernaussagen treffen:

Mit dem bisherigen eigenen Berufsleben sind die befragten Ärzte zufrieden. Im Rahmen der vorgegebenen sechsstufigen Skala(1=sehr gut; 6=ganz schlecht) bewerten sie im Durchschnitt ihr bisheriges Berufsleben mit 2,0.

Der Beratungsbedarf vor der Niederlassung durch erfahrene Fachkollegen wird nicht eindeutig artikuliert. So hätten sich von den Probanden nahezu gleichermaßen eine solche Beratung gewünscht, wie nicht gewünscht (49,02 Prozent für eine Beratung; 50,98 Prozent gegen eine Beratung).

Die Bereitschaft sich berufspolitisch zu engagieren ist eher gering. Lediglich 13,73 Prozent der Befragten können sich ein solches Engagement vorstellen. Für die übergroße Mehrheit (86,27 Prozent) ist dies nicht vorstellbar. Mit diesen Ergebnissen unterscheiden sich die frisch niedergelassenen Kollegen nicht von ihren langfristig tätigen Kollegen. Wie eine Untersuchung der Brendan-Schmittmann-Stiftung zum Burnout bei Vertragsärzten aus dem Jahr 2002 zeigt, sind lediglich 15,5 Prozent der befragten Vertragsärzte noch berufspolitisch tätig; deutlich über 80 Prozent üben sich diesbezüglich in Enthaltsamkeit.

Die Mitgliedschaft in einer ärztlichen Standesorganisation fällt ebenfalls eher gering aus. Sind knapp die Hälfte der Probanden (47,06 Prozent) noch Mitglied in Ihrem Berufsverband, so ist die Mitgliedschaft in berufspolitischen Verbänden wesentlich geringer (Marburger Bund: 19,61 Prozent; NAV – Virchow-Bund: 11,76 Prozent; Hartmannbund: 7,84 Prozent).

In den Niederlassungsformen bestehen dagegen gravierende Unterschiede zu den alteingesessenen Ärzten. Bei ihnen ist die Einzelpraxis mit 65 Prozent noch dominierendes Element (24 Prozent Gemeinschaftspraxis; 11 Prozent Praxisgemeinschaft). Die von uns befragten „Jungvertragsärzte“ praktizieren lediglich zu 45 Prozent in einer Einzelpraxis. Während 55 Prozent in einer Gemeinschaftspraxis bzw. Praxisgemeinschaft arbeitet.

Die Erwartungen gegenüber dem neuen EBM 2000plus, von dessen Gestaltung ja wesentlich die Höhe des eigenen Einkommens abhängt, sind nur für eine kleine Minderheit der Befragten positiv (5,88 Prozent), für 41,18 Prozent sind sie negativ und für mehr als die Hälfte (52,94 Prozent) eher indifferent.

Hinsichtlich der Änderungswünsche an die bestehende GOÄ spricht sich nur eine Minderheit von 19,61 Prozent für mehr „Komplexleistungen“ aus. Gut vier Fünftel der Probanden (80,39 Prozent) ist dagegen „nur für Einzelleistungen“, während sich etwa die Hälfte (50,98 Prozent) „nur für Einzelleistungen und Ausschlüsse/Faktoren entfallen“ ausspricht.

Wie das so ist bei solchen Untersuchungen, nach der Auswertung der empirischen Daten stehen mehr unbeantwortete Fragen im Raum als vorher. Deshalb bitten wir alle Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, die sich in den letzten 18 Monaten niedergelassen, haben uns ihre Erfahrungen, Wünsche und Erwartungen mitzuteilen, um sie einer breiten Leserschaft zugänglich zu machen. Ihre Äußerungen erwarten wir unter:

Junge Ärzte im NAV – Virchow-Bund
Chausseestraße 119b, 10115 Berlin
Telefon: 030/2887740 Telefax: 030/28877415

Quelle und Kontaktadresse:
NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V., Bundesgeschäftsstelle Belfortstr. 9, 50668 Köln Telefon: 0221/9730050, Telefax: 0221/7391239 Pressekontakt: Klaus Greppmeir, Leiter der Pressestelle Chausseestraße 119b, 10115 Berlin Telefon: 030/288774-22, Telefax: 030288774-22

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