"Impfbewusstsein in Deutschland unzureichend!" / Auftakt der Europäischen Impfwoche: Ärztekammer Niedersachsen appelliert an alle Bürger, den Impfschutz ernster zu nehmen / Viele Infektionskrankheiten wären mit größerer Durchimpfungsrate vermeidbar
(Hannover) - "Wir beobachten in Deutschland und auch in Niedersachsen ein mangelndes Impfbewusstsein. Viele Erwachsene vernachlässigen Auffrischimpfungen und manche Eltern nehmen sich nicht einmal die Zeit dafür, die Grundimmunisierung ihrer Kinder abzuschließen", erklärt Dr. med. Gisbert Voigt, Vizepräsident der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) und niedergelassener Kinderarzt in Melle. Die diesjährige Europäische Impfwoche (20. bis 26. April) soll daher europaweit das Bewusstsein für die Bedeutung der Schutzimpfungen schärfen. "Während bei Kleinkindern bis zum Einschulungsalter die Durchimpfungsraten in den vergangenen Jahren durch verstärkte Aufklärung gesteigert werden konnten und insbesondere in den östlichen Bundesländern ausreichende Werte erreichen, nimmt die Impfbereitschaft bei den Jugendlichen und Erwachsenen bedauerlicherweise sogar ab", klagt Dr. Voigt.
Nachholbedarf sehen die niedersächsischen Ärztinnen und Ärzte unter anderem bei der Masernimpfung. Die oft als harmlose Kinderkrankheit verkannte Infektion kann schwere bis tödliche Verläufe nehmen und verursacht nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich weltweit immer noch über 340 000 Todesfälle bei Kindern. Seit vielen Jahren ist daher die Masernelimination ein erklärtes Ziel der WHO. Das erfordert eine sehr hohe Durchimpfungsrate: mindestens 95 Prozent der Bevölkerung sollten einen Impfschutz haben. Dass dies möglich ist, haben die bereits als masernfrei erklärten Länder Skandinaviens vorgemacht.
Deutschland zählt zu den Ländern Europas, die noch keine ausreichend hohe Durchimpfungsquote erreicht haben. Dies zeigt sich in immer wieder auftretenden, zumeist regional begrenzten Masernausbrüchen.
"Impfungen zählen zu den wirksamsten Präventivmaßnahmen in der Medizin. Mit ihrer Hilfe konnten in der Vergangenheit gefürchtete Infektionskrankheiten, wie Kinderlähmung oder Diphtherie, zurückgedrängt werden", sagt Dr. Voigt. Auch weitere komplikationsreiche Erkrankungen wie Keuchhusten bei Säuglingen oder Virus-Grippe (Influenza) bei Senioren könnten durch hohe Impfraten in der Bevölkerung vermieden werden.
Für die bevorstehende Reisesaison empfiehlt die Ärztekammer Niedersachsen allen Urlaubern, ihren Impfschutz zu überprüfen und sich an den jeweiligen Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) für das Zielgebiet zu orientieren. Wegen zunehmender Infektionen mit dem Erreger der Frühsommerenzephalomeningitis (FSME) ist sogar bei Reisen nach Süddeutschland und Österreich eine FSME-Schutzimpfung sinnvoll, vor allem wenn der Urlaub in die Natur führt (Wanderungen, Radfahren). Für Mittelmeerurlauber empfiehlt sich in der heißen Hochsaison auch ein Impfschutz gegen Hepatitis A und B - zumal dann, wenn vor Ort auch Muscheln gegessen werden.
Die Europäische Impfwoche ist eine Initiative des Regionalbüros Europa der WHO. Immer mehr europäische Staaten haben sich in den vergangenen Jahren daran beteiligt. In Deutschland sind die meisten Schutzimpfungen Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Viele Kassen tragen inzwischen auch die Kosten für Reiseschutzimpfungen. Bei einer Impfung wird keine Praxisgebühr fällig.
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