Immobilienerben sollen stärker zur Kasse gebeten werden / Experten raten zur vorzeitigen Übertragung
(Bonn) - Immobilienerben sollen in Zukunft erheblich stärker zur Kasse gebeten werden als bisher. Dies sehen entsprechende Bestrebungen in einigen SPD-regierten Bundesländern vor, die sich angesichts klammer Kassen von den gesetzlichen Änderungen Mehreinnahmen von rd. 3,5 Milliarden Euro versprachen. Zur Hilfe kommt den Ländern dabei, daß der Bundesfinanzhof die derzeitige Besteuerungspraxis für Immobilien und Betriebsvermögen für verfassungswidrig hält und deswegen bereits im August das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angerufen hat.
Nach derzeit geltender Rechtslage werden bebaute Grundstücke (Häuser, Eigentumswohnungen u. ä.) für Besteuerungszwecke im Erbschaftsverfahren mit der 12,5fachen Jahresnettokaltmiete mit Zu- und Abschlägen je nach Alter und Nutzung bewertet, mindestens jedoch mit dem 80-prozentigen Wert des unbebauten Grundstücks nach dem jeweiligen Bodenrichtwert. Dies, so Wolfgang Kastner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde e.V., hat insbesondere in ländlichen Gegenden, Klein- und Mittelstädten, aber auch in strukturschwächeren Großstädten mit niedrigen Bodenrichtwerten dazu geführt, daß Häuser für erbschaftssteuerliche Zwecke häufig nur mit 30 Prozent bis 50 Prozent des tatsächlichen (Verkehrs-)Wertes in Ansatz gebracht werden. Eben genau darin hat der Bundesfinanzhof auch die verfassungswidrige, nicht dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende, Besteuerung gesehen, da z. B. Erben von Barvermögen, Wertpapieren u. ä. das ererbte Vermögen zum Nominalwert, also zu 100%, zu versteuern haben. Zahlreiche Experten gehen daher davon aus, daß sich das Bundesverfassungsgericht den Bedenken des Bundesfinanzhofs anschließt, so daß es für Erben von Immobilienvermögen auf jeden Fall teurer werden dürfte.
Auch die bisher bekannt gewordenen Gesetzesinitiativen der Bundesländer zielen in diese Richtung. Durch Anhebung der Wertansätze für Immobilien in Nähe des tatsächlichen Verkehrswertes soll einerseits die steuerliche Ungleichbehandlung schon im Vorfeld des erwarteten Urteilsspruchs behoben sowie gleichzeitig die erhoffte Einnahmesteigerung herbeigeführt werden. Betroffen von derartigen Plänen, so Kastner, wäre in erster Linie der gutsituierte Mittelstand, der neben dem selbst bewohnten Einfamilienhaus noch über weiteres Immobilieneigentum, z. B. Eigentumswohnungen, Mietshäuser u. ä. verfügt.
Während normale Einfamilienhausbesitzer aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1995 noch weitgehend von steuerlichen Erhöhungen verschont bleiben dürften, es sei denn, daß daneben noch ein gewisses Barvermögen vererbt wird, würde eine Bewertungsänderung insbesondere alle Mehrfach-Immobilienbesitzer häufig gleich doppelt treffen, da die Erbschaftsteuer dann in Zukunft nicht nur von einem etwa doppelten Wert berechnet wird, sondern die Immobilienerben dadurch auch häufig noch in die nächst höhere Progressionsstufe rutschen, was im schlimmsten Fall sogar zu einer Verfünffachung der Steuerlast führen kann. Vererbt der Vater z. B. seinem einzigen Sohn neben dem selbst bewohnten Einfamilienhaus (Verkehrswert 250.000 Euro) noch ein vermietetes Dreifamilienhaus im Wert von 500.000 Euro sowie eine kleine Eigentumswohnung im Wert von 150.000 Euro, so entsteht bisher bei einem tatsächlichen Verkehrswert von hier 900.000 Euro bei einer nur etwa hälftigen Erbschaftssteuerbewertung, also 450.000 Euro, nach Abzug des Freibetrages des Sohnes von 205.000 Euro noch eine Erbschaftsteuer von 11 Prozent auf 245.000 Euro = 26.950 Euro. Wird für die Besteuerung dagegen demnächst der tatsächliche Verkehrswert von 900.000 Euro herangezogen, so versteuert der Sohn dann nach Abzug seines Freibetrages noch 695.000 Euro mit jetzt 19 Prozent = 132.050 Euro!
Vor diesem Hintergrund kann Mehrfach-Immobilienbesitzern sowie Immobilienbesitzern, die neben dem normalen Einfamilienhaus noch über nennenswertes weiteres Vermögen verfügen, nur dringend geraten werden, die derzeit noch bestehende günstige Besteuerungslage zu nutzen und ggf. noch vor einem Urteilsspruch oder einer gesetzlichen Änderung Vermögen auf die Nachkommen zu übertragen.
Rechts- und Steuertips zur derzeitigen Rechtslage enthalten die Ratgeber Sterben macht Erben sowie Sterben und Steuern, je 8,00 Euro zzgl. je 1,10 Euro Versand, c/o DGE-Geschäftsstelle, Simrockallee 27, 53173 Bonn.
Quelle und Kontaktadresse:
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