IMK-Direktor: "Hauptproblem ist fundamentales Misstrauen" / Horn: Griechen und Gläubiger sollten einen Schlichter suchen
(Düsseldorf) - Europa braucht dringend einen Schlichter, um mit dessen Hilfe aus der Sackgasse in den Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern herauszukommen. Ein von beiden Seiten anerkannter Vermittler biete vielleicht die letzte Chance, um einen Bankrott von Staat und Banken in Griechenland zu verhindern, der den kompletten Euroraum destabilisieren und auch die deutsche Wirtschaft schwer schädigen kann. Als Schlichter geeignet ist beispielsweise der Generalsekretär der Industrieländerorganisation OECD, Angel Gurria, oder die Führung der Internationalen Arbeitsorganisation ILO. Darauf weist Prof. Dr. Gustav Horn hin, der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung. Für die Dauer der Schlichtungsgespräche sollte das laufende zweite Hilfspaket für Griechenland verlängert werden und der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Krisenstaat einen Zahlungsaufschub gewähren.
"Die Positionen der griechischen Regierung und der Gläubiger liegen in zentralen Fragen nicht so weit auseinander - zumindest, wenn das deutsch-französische Angebot vom Freitag belastbar wäre, das allerdings bislang nirgendwo schriftlich dokumentiert wurde", sagt Horn. "Das Hauptproblem ist aus meiner Sicht ein fundamentales Misstrauen, das mittlerweile zwischen den maßgeblichen Akteuren herrscht. In dieser Situation kann ein Schlichter oder Vermittler entscheidend weiterhelfen."
Die Anstrengung lohne sich in jedem Fall, betont der Wirtschaftsforscher. "Eine Währungsunion mit einem bankrotten Mitglied hat mehr als nur eine Sollbruchstelle. Wer das vernachlässigt, handelt fahrlässig" Die Gefahr einer Ansteckung anderer Länder bestehe nach wie vor. "Bis Freitagabend", so Horn, habe Deutschland gute Aussichten auf einen nachhaltigen Aufschwung gehabt. Auch dem Euroraum als Ganzes prognostiziert das IMK zum ersten Mal seit Jahren ein spürbares Wirtschaftswachstum - sofern es gelingt, die Zahlungsfähigkeit und den Verbleib Griechenlands in der Währungsunion zu sichern.* Anderenfalls seien diese Aussichten massiv in Frage gestellt. "Bei einem Grexit drohen nicht nur Griechenland, sondern auch dem Rest Europas weitere verlorene Jahre", sagt Horn.
Quelle und Kontaktadresse:
Hans-Böckler-Stiftung
Rainer Jung, Leiter, Pressestelle
Hans-Böckler-Str. 39, 40476 Düsseldorf
Telefon: (0211) 77780, Fax: (0211) 7778120
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Im Job an Weihnachten und zur Jahreswende: Wer arbeiten muss und wie das bezahlt wird - Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung
- Tariflöhne steigen 2024 nominal um durchschnittlich 5,5 Prozent – Reallohnzuwachs von 3,2 Prozent gibt erstmals wieder einen kräftigen Kaufkraftschub
- Stärkere Rechtsposition für Europäische Betriebsräte: Reformkonzepte von Parlament und Kommission jetzt umsetzen - Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung