IHK legt Konjunkturbericht vor: Allmähliche Erholung ist möglich
(Siegen) - Im Vergleich zum Jahresanfang fällt am Ende des Sommers das Konjunkturbild im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) freundlicher aus. Erstmals seit drei Jahren ist der Konjunkturklimaindex gegenüber der vorhergehenden Umfrage wieder angestiegen. Nach minus 34 Punkten am Jahresanfang steht der Index jetzt bei minus 12 Punkten. Ob darin die Wende zu einem stabilen Aufschwung liegt, ist aber noch sehr ungewiss. Immer noch beurteilen viel zu viele Firmen ihre Lage schlecht und viel zu wenige ihre Lage gut. Zu diesem Ergebnis kommt die IHK Siegen nach der Auswertung ihrer jüngsten Konjunkturumfrage.
Viele Anzeichen deuten nach Auffassung der IHK Siegen aber darauf hin, dass die Talsohle erreicht und eine allmähliche Erholung möglich ist. Dafür sprechen die auf breiter Basis wieder besser gewordenen Erwartungen der Unternehmen. Grund dafür sind bei den Industriebetrieben deutlich bessere Auftragseingänge aus dem Inland. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt der Export sowohl bei den Umsätzen wie beim Auftragseingang. Insgesamt setzen die Unternehmen auf eine langsame wirtschaftliche Erholung. Es fehlt aber noch am Vertrauen in die Stabilität dieser Entwicklung. Deshalb, so IHK-Hauptgeschäftsführer Franz J. Mockenhaupt, "kommt den wirtschaftspolitischen Entscheidungen der kommenden Woche große Bedeutung zu. Die Bundesregierung muss Ernst machen mit ihren Reformabsichten. Das gilt für die Arbeitsmarktreformen ebenso wie für die Reform der Sozialsysteme und für die Reduzierung von Steuern und Abgaben. Das ist Voraussetzung, um die notwendige Vertrauensbasis in die künftige wirtschaftliche Entwicklung zu stärken."
Auf welch dünnem Eis die deutlich verbesserten Erwartungen stehen, zeigt eine Analyse der Lagebeurteilung der Unternehmen. In allen Wirtschaftsbereichen ist die Zahl der Unternehmen, die ihre Geschäftslage schlecht einstufen, größer als die Zahl jener Betriebe, die von einer guten Geschäftslage reden.
Der Umsatz der Industrieunternehmen hat sich im letzten Halbjahr wieder leicht erholt. Er stieg in den Betrieben mit 20 und mehr Mitarbeitern gegenüber dem Vorjahr um 3 Prozent. Das Niveau des Jahres 2000 ist damit aber bei weitem noch nicht wieder erreicht. Dazu fehlen immer noch fast 300 Mio. Euro. Getragen wird die bessere Umsatzentwicklung von einem Plus beim Inlandsgeschäft von 5,7 Prozent. Mit einem Minus von 2,1 Prozent bleibt der Export dahinter zurück. Vor allem im Maschinenbau war das Exportgeschäft enttäuschend. Nach Angaben der Unternehmen zum Auftragseingang setzt sich diese Entwicklung fort. 20 Prozent berichten über steigende Tendenzen bei den Inlandsaufträgen. Beim Auslandsgeschäft können die Industrieunternehmen dagegen noch keine großen Impulse erkennen. Insgesamt hoffen 30 Prozent der Unternehmen mittelfristig auf einen Anstieg der Exporte. Im Vergleich zu der Umfrage am Jahresbeginn sind die Unternehmen für die nächsten Monate deutlich zuversichtlicher. Immerhin erwarten 27 Prozent eine günstigere Entwicklung. Nur 17 Prozent sind weiterhin pessimistisch. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Investitionsabsichten. Hier ist die Zurückhaltung der Unternehmen nicht mehr so groß wie zu Jahresbeginn.
Schwierig bleibt die wirtschaftliche Situation in der Bauindustrie. Der Umsatz der Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten im ersten Halbjahr liegt um 2,5 Prozent unter dem Vorjahreswert. Gleichwohl fällt die Beurteilung der aktuellen Lage in dieser Branche deutlich besser aus als zu Jahresbeginn. Immerhin beurteilen 14 Prozent ihre Geschäftslage als gut. Die Mehrheit von 48 Prozent schätzt die eigene Lage als befriedigend ein. Neben den üblichen saisonalen Einflüssen des Sommerhalbjahres spüren die Betriebe, dass viele Privatpersonen ihre Pläne zum Bau oder Kauf von Wohneigentum vorziehen, um noch in den Genuss der Eigenheimzulage zu kommen, bevor diese gestrichen oder gekürzt wird. Die Nachfrage im gewerblichen und industriellen Hochbau scheint sich etwas zu stabilisieren. Hingegen gehen vom öffentlichen Bau wegen der anhaltend katastrophalen Finanzlage der Kommunen weder aktuell noch mittelfristig positive Impulse aus. Die Erwartungen der Unternehmen bleiben deshalb eher verhalten. Noch 28 Prozent der Betriebe blicken pessimistisch in die Zukunft.
Die Situation im Einzelhandel bleibt ernst. Allein 43 Prozent der Befragten bewerten die aktuelle Lage schlecht. Gegenüber dem Frühjahr hat sich allerdings die Einschätzung der Einzelhändler etwas verbessert. Das Kaufverhalten wird immer noch als sehr zurückhaltend, aber nicht mehr so katastrophal schlecht wie zum Jahresanfang eingestuft. Allerdings sind die Hoffnungen der Händler auf eine Trendwende bei der Konsumneigung der Verbraucher nicht sonderlich ausgeprägt. Wie bundesweit geben auch die privaten Haushalte in der Region von ihrem verfügbaren Einkommen immer weniger für Einkäufe im Einzelhandel aus. Im IHK-Bezirk werden nach Schätzung der Gesellschaft für Konsumforschung im Jahre 2003 etwa 90 Millionen Euro weniger im Einzelhandel ausgegeben als vor zwei Jahren. Ziel der Politik muss es daher sein, den Verbrauchern wieder mehr Kaufkraft zu belassen, indem Steuern und insbesondere Abgaben reduziert werden. Das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform ist ein Schritt in die richtige Richtung; aber nur dann, wenn durch Steuern und Abgabenerhöhung dieser Effekt nicht eliminiert wird. Das Prinzip Hoffnung bestimmt den Ausblick des Einzelhandels auf die nächsten Monate. Immerhin erwarten etwas mehr als 21 Prozent eine günstigere Geschäftsentwicklung.
Auf weiterhin äußerst unbefriedigendem Niveau bewegt sich der Großhandel. Bis jetzt spüren die produktionsnahen Händler wenig von einer konjunkturellen Erholung in den Industriebetrieben. Im konsumnahen Großhandel bleibt die Lage wegen der anhaltenden Konsumschwäche angespannt. Gegenüber der Umfrage vom Jahresanfang beurteilen zwar weniger Großhändler ihre aktuelle Lage schlecht, doch sind es immerhin über 42 Prozent. Nur ein ganz geringer Anteil von 6 Prozent beschreibt die eigene Lage als gut.
Verändert hat sich auch das Konjunkturklima im Dienstleistungssektor. Getragen wird dies von einer deutlichen Verbesserung der Erwartungen. Die aktuelle Lage beurteilen die Dienstleister zwar auch besser als zum Jahresbeginn. Allerdings geben immer noch über ein Drittel der Betriebe an, dass sie ihre aktuelle Lage schlecht einstufen. Vor allem die Verkehrsdienstleister sind eher pessimistisch. Über 68 Prozent der Verkehrsbetriebe berichten über eine Verschlechterung. Die anstehende Lkw-Maut, die Unsicherheit über die Ausgleichszahlungen, die technischen Probleme, die mit der Umsetzung der Maut verbunden sind, das alles belastet die Firmen und lässt sie auch recht pessimistisch in die nächsten Monate blicken. Erheblich verbessert hat sich dagegen die Situation bei den unternehmensnahen Dienstleistern, bei denen schon jetzt jeder Vierte die aktuelle Lage wieder gut einstuft. Auch die weitere Entwicklung wird von ihnen recht positiv gesehen. 32 Prozent erwarten eine Verbesserung. Der Anteil der skeptischen und eher pessimistischen Unternehmer ist von 30 Prozent zum Jahresanfang auf jetzt 10 Prozent zurückgegangen.
Belastet von der Konjunkturschwäche ist nach wie vor der regionale Arbeitsmarkt. Im August sind die Arbeitslosenzahlen wieder angestiegen. Die Arbeitslosenquote liegt mit 7,5 Prozent um 0,6 Prozentpunkte über der des Vorjahres. Besonders nachdenklich stimmt, dass der Zugang bei den Arbeitslosmeldungen einer der höchsten in den letzten Jahren war.
Auch vom verarbeitenden Gewerbe kommt für den Arbeitsmarkt derzeit keine Entlastung. Im Juli 2003 beschäftigten die Betriebe des verarbeitenden Gewerbes 1300 Mitarbeiter weniger als im Vorjahr (- 2,1 Prozent). Damit fiel der Beschäftigungsabbau zwar niedriger aus als NRW-weit (-2,7 Prozent). Beruhigen kann diese Entwicklung allerdings nicht. Regional gibt es deutliche Unterschiede. Während die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe des Kreises Siegen-Wittgenstein um 2,7 Prozent zurückging, sank sie im Kreis Olpe nur um 1,2 Prozent. Hier zeigt sich, dass der Kreis Olpe mit den konjunkturellen Problemen besser zurecht kommt, wenngleich im Monat August der Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Kreis Olpe stärker ausfiel, als im Kreis Siegen-Wittgenstein.
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