IG Metall sucht Dialog / Peters beharrt auf Alternativen zur Agenda 2010
(Frankfurt am Main) - Im ständigen Dialog mit der Bundesregierung, politischen Akteuren und Arbeitgebern will die IG Metall ihre Reformvorschläge zur Wirtschafts- und Sozialpolitik der Bundesregierung durchsetzen. Die Agenda 2010 schaffe neue Ungerechtigkeiten und keinen neuen Arbeitsplatz, sagte der 2. Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Peters, in seinem Geschäftsbericht auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall am 28. Augsut in Frankfurt. Peters betonte, dass die IG Metall Reformen wolle. "Die IG Metall hat den Anspruch, diese Gesellschaft mit zu gestalten, zum Besseren!" Die Reformen müssten jedoch sozial gerecht und ökonomisch sinnvoll sein.
Die IG Metall sei als starke Interessengemeinschaft dem Gemeinwohl verpflichtet, betonte Peters. Sie werde ihre Alternativen wieder und wieder benennen, zum Beispiel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik: "Derzeit sparen wir die Konjunktur kaputt." Gerade einmal 1,6 Prozent der Staatsausgaben würden heute für Investitionen ausgegeben. Als Folge verrotteten die Schulen, Kindergärten würden nicht mehr finanziert, Schwimmbäder und Bibliotheken geschlossen. "So geht es nicht weiter." Die IG Metall schlage deshalb ein öffentliches Investitionsprogramm von 20 Milliarden Euro vor, um der lahmenden Konjunktur einen Schub zu geben, die öffentliche Infrastruktur zu modernisieren und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Selbstverständlich müssten die Schulden runter. Aber man könne nicht sparen, wenn man kein Geld hat, sondern nur, wenn die Einnahmen da sind, sagte Peters. Geld sei in diesem Land genügend vorhanden. Deshalb schlage die IG Metall die Erhebung einer Vermögenssteuer vor. Damit könnten 20 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen fließen und bis zu 400.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.
Auch zur Renten- und Gesundheitsreform habe die IG Metall Alternativen gegen den "simplen Abbau" der Rürup-Kommission vorgeschlagen. Immer wieder habe sich die IG Metall für eine Erwerbstätigenversicherung ausgesprochen. Alle, die Arbeit haben, sollten in die Solidarsysteme einzahlen. Und die höheren Einkommen müssten stärker herangezogen werden. Aus Steuermitteln müsse gezahlt werden, was der ganzen Gesellschaft zugute komme. Alternativ zu den geplanten Einschnitten müsse in der Gesundheitspolitik die Prävention Vorrang erhalten. Viele Krankheiten könnten bereits am Arbeitsplatz verhindert werden, bevor sie im Krankenhaus auftauchten. "Reformen müssen das Übel an der Wurzel packen und dürfen nicht nur die Kosten von den Arbeitgebern auf die Arbeitnehmer verlagern", sagte Peters.
Die Enttäuschung der Menschen und damit auch der Mitglieder in den Gewerkschaften über die Reformpolitik der Bundesregierung hat nach Meinung von Peters bei vielen Bürgern zur "Lähmung oder gar Resignation" geführt. Warum führte das breite Unbehagen nicht zu größerem Druck auf die Regierung? Warum dringen wir mit unseren Alternativen nicht durch? fragte Peters. Offensichtlich müssten auch die gesellschafts- und gewerkschaftspolitischen Leitbilder und Visionen der IG Metall wieder mehr an Überzeugungskraft gewinnen. Die IG Metall habe mit ihrer Zukunftsdebatte einen ersten großen Schritt gemacht, um ihre Programmatik neu zu bestimmen. "Wir brauchen eine Politik, die nicht nur die Köpfe, sondern auch die Herzen der Menschen erreicht."
Zur Aufarbeitung des gescheiterten Streik in Ostdeutschland rief Peters die IG Metall zur Geschlossenheit auf. Die IG Metall habe in Ostdeutschland um die soziale Angleichung gekämpft, um gleiche Arbeits- und Lebensbedingungen, um gleiche Chancen für die Menschen in Ost und West. Dies sei ein unverzichtbares Ziel der IG Metall, auch in Zukunft. In der Stahlindustrie sei der Flächentarifvertrag zur Angleichung durchgesetzt worden. Es sei ohne Zweifel bitter, dass die Angleichung in der Metallindustrie nicht im Flächentarifvertrag gelungen sei.
"Diejenigen, die gekämpft haben, haben gut gekämpft", sagte Peters. Der Streik sei nicht zusammengebrochen. Die IG Metall habe ihn aus eigener Entscheidung beendet. Natürlich habe es auch Defizite und Fehler bei der Durchführung des Streiks gegeben. Auch die Solidarität der gesamten IG Metall sei nicht überall spürbar gewesen. "Ich glaube, dass diese Tarifbewegung in einigen Bereichen des Westens erst angekommen ist, als sie beendet war." Tarifpolitik müsse über die Grenzen der Bezirke hinwegreichen, regional konzipiert, aber bundesweit koordiniert werden. "Es gibt keinen Arbeitskampf, der nicht früher oder später Fernwirkungen auslöst." Ein Arbeitskampf müsse immer steigerungsfähig sein. Darum sei die Tarifpolitik generell auf die Geschlossenheit der gesamten Organisation angewiesen, betonte Peters vor den knapp 600 Delegierten des IG Metall-Gewerkschaftstages.
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